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— ich wollte unbedingt heim. Und als dieser kurze Brief eintraf, wußte ich, daß etwas nicht stimmte. Ich hatte genügend Geld gespart, um bis nach San Francisco fahren zu können. Wenn Dad in irgendwelchen Schwierigkeiten steckte, wollte ich bei ihm sein.«

Er hielt inne und schaute auf seine ineinandergekrampften Hände.

»Das war ganz natürlich«, bemerkte Jarvis. »Aber er wollte Sie ja ganz offensichtlich nicht zurück haben. Weshalb nicht? Fehlte ihm das Geld?«

Stan sah auf. »Ich glaube kaum. Obwohl er mir von Zeit zu Zeit mal schrieb, daß er mit einigen Handelsunternehmungen Pech habe, glaube ich nicht, daß es ihm wirklich schlecht ging. Wissen Sie, er war immer ziemlich reich. Wenn ihm nun das Bargeld ausgegangen wäre, hätte er dann nicht zuerst meinen Scheck gekürzt, ehe er plötzlich gar nichts mehr schickte?« Der Junge rückte unruhig in seinem Sessel hin und her. »Nein, ich habe mir überlegt, daß er einfach nicht wollte, daß ich Geld genug hatte, um auf alle Fälle heimzukommen.«

»Das ist möglich«, meinte Jarvis. »Und haben Sie auch eine Theorie darüber, weshalb Ihr Vater so merkwürdig handelte?«

»Nein. Nur wurde mir natürlich klar, daß etwas vor sich ging.«

»Wäre es nicht möglich, daß Ihr Vater doch finanzielle Schwierigkeiten gehabt hätte — wie viele andere Leute auch?«

»Meinen Sie nicht, daß er es dann irgendwann erwähnt haben würde?« widersprach Stan. »Hätte er mir nicht geschrieben, ich solle mit meinen Ausgaben vorsichtiger sein?«

»Vielleicht. Wie stand es mit seinen Exportgeschäften?«

»Er führte Kopra und Vanille aus. Kopra verkaufte er allerdings nicht mehr in die Vereinigten Staaten. Die bekommen es billiger

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von den Philippinen. Doch er schickt seine Vorräte immer nach Bordeaux.«

»Hat Ihr Vater nicht auch mit Perlen gehandelt?«

»Ja, aber kürzlich war kaum ein Markt dafür vorhanden. Freilich verschifft er Perlmuscheln tonnenweise nach Frankreich und Amerika — für das Knopf- und Perlmuttergeschäft.«

Jarvis warf ihm die nächste Frage beinahe gleichgültig hin. »Es sieht also so aus, als habe er Geld nötig gehabt, wie?«

»Das ist fast anzunehmen.«

Wenn er Geld gebraucht hätte würde er dann einen Käufer für seine Schoner gefunden haben, falls er sie hätte verkaufen wollen?«

»Das weiß ich nicht. Nachdem der Handel insgesamt hier flau ist, könnte es vielleicht schwierig sein.« Stan schaute rasch auf.

»Aber weshalb sollte er auch verkaufen wollen?«

»Ist Ihnen jemals der Gedanke gekommen, Ridley«, fragte Jarvis langsam, »daß Ihr Vater hier alles verkaufen und zu Ihnen in die Staaten ziehen oder Sie zu sich holen könnte — nach, sagen wir: Paris?«

Stans Augen weiteten sich. »Oh — aber, monsieur, das würde er niemals tun! Er liebt die Inseln ebensosehr wie ich. Wir könnten uns beide nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben.«

Jarvis nickte gedankenvoll. Unvermittelt wandte er sich seinem Dritten Offizier zu und feuerte eine Frage an ihn ab. »Moran, als Sie an Bord des Schoners gingen, fanden Sie da irgendwelche Anzeichen dafür, daß er einen Sturm hinter sich hatte?«

Ted bewegte sich unruhig auf seinem Sitz. »Sie meinen, Sir, ob die Segel zerrissen, Tauwerk gelockert, das Takelwerk gebrochen gewesen seien?« Er überlegte angestrengt. »Nein, ich kann nicht behaupten, etwas Derartiges gefunden zu haben. Alles schien in bester Ordnung. Aber ich kenne mich auf Seglern nicht gut aus.«

»Und Sie, Ridley? Haben Sie an Deck Spuren gefunden, die in Ihren Augen darauf hinweisen, daß das Boot kürzlich in Gefahr geschwebt hat?«

Stans Adamsapfel bewegte sich zuckend. Er warf einen gequälten Blick auf Ted. »Hätte denn das Gut beschädigt sein müssen, Sir?

Wenn die Aushilfsmotoren nicht funktionierten, hätte der Schoner leicht auf ein Riff an der Leeseite geblasen werden können.«

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»Sind Sie selbst Segler?« bohrte Jarvis; und Ted sah, wie Stan sich unter dem prüfenden Blick krümmte.

»Ich kann mit einer Schaluppe fertig werden, falls Sie das meinen, Kapitän Jarvis.«

»Würden Sie auf ein Riff getrieben werden, wenn ein guter Wind wehte?«

»Nein.« Stan brachte das Wort nur mit Mühe heraus.

»Was aber, wenn Windstille herrschte, wie es hier unten oft tagelang der Fall ist? Ohne Maschinenkraft könnte der Schoner geradewegs auf das Riff zugetrieben sein. Ich habe es selbst schon gesehen.«

Jarvis schob ihm plötzlich das Logbuch des Windreiters über den grünbespannten Tisch zu. »Lesen Sie die letzte Eintragung«, befahl er. »Ihr Vater selbst hat geschrieben, daß ein Sturm sie direkt auf das Riff zu blies.«

Stans Atem kam kurz. Sein Gesicht war totenbleich. Er war in die Enge getrieben, stand mit dem Rücken zur Wand — und er wußte es. »Wollen Sie etwa behaupten, mein Vater habe den Schiffbruch nur vorgetäuscht?« fragte er aufgebracht.

»Ja«, sagte Jarvis klar und deutlich. Seine Aufrichtigkeit allein ließ kaum noch einen Zweifel zu. »Der Kapitän jenes Schoners wollte sein Fahrzeug versenken. Nur ging mit seinen Plänen etwas schief, so wie es eben manchmal passiert. Der Windreiter wurde abgetrieben. Wir haben ihn gefunden.«

Ted fühlte sein Gesicht glühendheiß und dann kalt werden. Doch die Worte des Protestes erstarben ihm auf den Lippen, als er das unerbittliche Gesicht seines Vorgesetzten sah. Sein Blick fiel auf Stan Ridley, und zu seinem Kummer sah er, wie dem Jungen der Kopf auf die gekreuzten Arme auf dem Tisch gesunken war.

»Sie wollten die Wahrheit wissen, Ridley«, fuhr Jarvis in einem leiseren Ton fort, der eine Spur von Mitleid verriet. »Alles weist darauf hin, daß es sich hier um einen Betrug handelt. Die ganze letzte Woche hat es in dieser Gegend keinen nennenswerten Sturm mehr gegeben — doch die Eintragung im Logbuch des

'Windreiters ist erst vor fünf Tagen gemacht worden. Nicht die leiseste Spur weist darauf hin, daß er in Schlechtwetter geraten ist. Es sieht schlimm aus, schlimm. Versicherungsgelder stecken dahinter.«

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»Ich glaube es nicht.« Stan hob abrupt den Kopf. In seinen Augen glühte es. »Das ist nicht wahr!« Er stand auf und machte abwesend ein paar Schritte auf den surrenden elektrischen Ventilator an der Wand zu.

Jarvis erhob sich gleichfalls. Seine massige Gestalt reichte fast an die Decke. »Haben Sie uns sonst noch was mitzuteilen, Ridley?

Halten Sie mit irgend etwas hinter dem Berg?«

Langsam drehte der Junge sich um und blickte ihn an. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß«, wiederholte er mit zitternder Stimme. »Weshalb fragen Sie mich?«

Unverzüglich feuerte Jarvis die nächste Frage auf ihn ab, zupackend, scharf und geradeheraus: »In der ersten Nacht auf See hat uns jemand durch das Oberlicht dort belauscht. Waren Sie das, Ridley?«

»Nein, Sir.«

»Wo waren Sie an jenem Abend? Sie waren nicht im Logis.

Stundenlang hat keiner der Männer Sie in der Gegend der Back gesehen.«

Stan lachte kurz und bitter auf. »Ich darf wohl annehmen, monsieur, Sie sind nicht darüber unterrichtet worden, daß die Kameraden mich zum Logis hinausgepfeffert hatten?«

»Ich kann es erklären«, warf Ted hastig ein. »Ridley war in meiner Kabine. Wir unterhielten uns über Tahiti Jacques, einen Fisch — «

»Tatsächlich?« Jarvis sah seinen Dritten Offizier erstaunt an.

»Und können Sie schwören, daß der junge Mann auch in Ihrer Kabine geblieben ist, während wir uns hier über seinen Vater unterhielten?«