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Mit gerunzelter Stirn und verwirrter Miene schaute er auf. Dies war entschieden ein anderer Funker als jene makellos gekleidete Gestalt, die Ted an Deck zu sehen gewohnt war. Es saß ohne Rock da; Hemd und Hose waren zerknautscht und angeschmutzt, als habe er die ganze Nacht darin geschlafen.

»Ich weiß selber nicht, was das alles zu bedeuten hat, Sir«, erwiderte Sparks mit dem etwas kläglichen Versuch eines Lächelns.

»Irgend jemand hat mich vergangene Nacht niedergeschlagen —

hat mir eins mit 'nem Marlspieker oder so was Ähnlichem über den Kopf gegeben. Ich war sofort weg. Mein Angreifer hat mich dann gefesselt und geknebelt. Als ich heute morgen die Männer draußen das Deck schrubben hörte, gelang es mir zu rufen. Ein paar von den Matrosen müssen mich auch wohl gehört haben, denn sie kamen herein.«

Jarvis trat an das Bett und untersuchte die Wunde am Kopf des Funkers. Das Haar klebte rundum, halb feucht noch von geronnenem Blut. »Moran«, befahl er schnell, ihm einen Bund Schlüssel zuwerfend, »holen Sie mir das Jod aus der Krankenstube. Der

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Bootsmann soll für heißes Wasser sorgen — und auch für eine Tasse Kaffee. Wir müssen Sparks erst mal ordentlich versorgen, ehe wir uns seine Geschichte ausführlicher erzählen lassen.«

»Jawohl, Sir.« Ted eilte hinaus.

Etwa eine Viertelstunde verging, bis Jarvis' geschickte Hände die Wunde verbunden und Sparks den dampfenden Kaffee getrunken hatte. »Jetzt fühle ich mich schon besser«, verkündete der Funker schließlich aufatmend.

»Gut.« Kapitän Jarvis nickte kurz. »Bootsmann, Sie warten draußen mit Smith. Ich möchte Sie beide anschließend auch befragen.

Moran, schließen Sie die Tür.« Jarvis ließ sich auf dem Drehstuhl vor dem Instrumententisch fallen und drehte ihn so, daß er aufs Bett blickte. »Also, Sparks«, begann er freundlich, »um welche Zeit etwa ist die Geschichte passiert?«

Ted, der mit dem Rücken an die Tür gelehnt dastand, wandte das Gesicht dem Funker zu. Die Miene des jungen Mannes war nun, als er zu sprechen begann, nachdenklich und gespannt.

»Es muß ganz kurz nach Mitternacht gewesen sein, Sir. Ich hatte Kontakt aufgenommen mit der Makura — sie ist von Rarotonga aus auf dem Weg nach Tahiti. Ich versuchte, Neues über den Kurs des Hurrikans zu erfahren, Sir. Als ich eben den Empfänger von den Ohren nahm und noch drüben am Tisch saß, mit dem Rücken zur Tür, ging plötzlich das Licht aus.« Er unterbrach sich einen Moment, räusperte sich. »Ich erinnere mich, daß ich das Klicken hörte und mich mit dem Stuhl umdrehte, weil ich annahm, einer der Offiziere habe zum Scherz das Licht ausgedreht. Doch ehe ich mich recht bewegen konnte, traf mich ein schwerer Gegenstand seitlich am Kopf. Ich verlor gleich das Bewußtsein. Als nächstes erinnere ich mich nur daran, daß ich wie eine Mumie verschnürt auf meinem Bett lag.«

Jarvis lehnte sich, die Arme auf die Knie gestützt, weit vor.

»Haben Sie schon Ihre Sachen nachgesehen, Sparks? Fehlt was?«

Sparks schüttelte den Kopf. »Es fehlt gar nichts, Sir. Ich habe genau nachgesehen. Das ist ja eben das Merkwürdige an der Sache.« Seine Stimme sank zu kaum vernehmbarem Flüstern herab. »Als ich wieder zu mir kam, war der Mann noch in meiner Kabine.«

»Konnten Sie ihn erkennen?«

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»Nein. Das Licht war noch gelöscht. Aber er muß auf dem Stuhl da gesessen haben, Sir. Er sandte eine Botschaft aus.«

»Eine Botschaft!« Ted sah, wie sich die Hände des Kapitäns in eisernem Griff um die Knie klammerten. »Konnten Sie hören, was er sendete?«

»Sehr vage nur, Sir. Mir schwamm alles vor den Augen, und mir war übel, aber ich versuchte mit aller mir zu Gebote stehenden Kraft, das Klicken des Instruments zu verstehen. Er benutzte den normalen Code, aber sehr langsam, als sei er seiner Sache nicht sicher.« Sparks hob die Stimme wieder. »Nun kommt das Seltsamste, Kapitän Jarvis: die Botschaft hatte mit dem Wind zu tun. Wer hätte vergangene Nacht wohl etwas über den Wind funken können? Es ging ja überhaupt kein Wind. Es herrschte Totenstille draußen.«

»Wind!« Jarvis erhob sich mit einer geschneidigen, leichten Bewegung, und Ted sah, daß in den Augen des großen Mannes plötzliches Begreifen aufzuckte. »Denken Sie gut nach, Sparks, könnte das, was Sie gehört haben, auch Windreiter bedeutet haben?«

Ted zog einmal scharf die Luft ein. Die unerwartete Frage versetzte seine Gedanken in einen wilden Tumult. Gleichzeitig verspürte er ein Gefühl wachsender Angst, das ihm das Herz zusammenkrampfte.

»Ja, ich glaube, Sie haben recht, Sir«, erwiderte Sparks aufblickend. »Sie meinen, es könnte der Name jenes Schoners gewesen sein, den wir gefunden haben? Teufel ja, das muß es gewesen sein — irgendwas über diesen Windreiter.«

»Haben Sie noch weitere Worte verstanden?«

Sparks schüttelte unglücklich den Kopf. »Das war alles, Sir.

Wissen Sie, ich war immer noch ganz benommen von dem Schlag, und als ich mich dann so eingewickelt und unbeweglich fand, war mir außerdem verdammt komisch zumute. Es tut mir leid, Sir.«

»Schon gut, schon gut. Sie haben mir immerhin den einzigen Hinweis geben können, der wirklich zählt. Was passierte weiter?«

»Ich muß mich wohl bewegt haben, denn ich hörte, wie der Unbekannte aufstand, eine Minute wie lauschend stehenblieb, dann zur Tür trat und hinausging. Glauben Sie mir: ich war um eine

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Zentnerlast erleichtert, als die Tür ins Schloß fiel. Im Dunkeln konnte ich leider nicht erkennen, wer es war.«

»Haben Sie Ihre Kabine wirklich gründlich untersucht?«

»Nein, Sir, noch nicht. Ich habe nur oberflächlich nachgesehen, ob etwas fehlte, als mich der Matrose losgebunden hatte. Aber der Bootsmann hat was gefunden. Er kam mit einem Füllhalter zu mir rüber und erkundigte sich, ob ich ihn verloren hätte. Er hatte ihn genau unter dem Tisch auf dem Boden gefunden. Mir gehört er aber nicht, und ganz bestimmt war er gestern noch nicht da, das weiß ich sicher.«

»Ein Füllfederhalter, so so! Wo ist er?«

Sparks erhob sich etwas unsicher und ging an den Funktisch hinüber. »Hier, Sir.« Auf seiner ausgestreckten Hand lag ein knallroter Füller.

Jarvis nahm ihn gedankenvoll entgegen. Einen Augenblick später warf er Ted einen Blick zu. »Moran, haben Sie diesen Füller je zuvor gesehen?«

Ted schaute auf den fraglichen Gegenstand. »Nein, Sir«, erwiderte er.

Ein paar Sekunden drehte ihn Jarvis in der Hand, dann schraubte er den Verschluß ab und betrachtete forschend die Schreibspitze.

»Schwarze Tinte — das bedeutet gar nichts. Dennoch sollte es nicht schwierig sein, den Besitzer festzustellen. Ich kann mir nicht viele Matrosen vorstellen, die einen solch knallroten Füllfederhalter benutzen. Was meinen Sie, Joe Macaroni?«

»Ich auch nicht. Sir.« Ted kam näher herbei. Worauf wollte Jarvis wohl hinaus?

»Setzen Sie sich wieder hin, Sparks. Machen Sie sich's bequem«, forderte der Kapitän den Funker auf. »Wer hat Sie eigentlich entdeckt?«

»Ein Matrose, der genau vor meiner Tür arbeitete. Ich glaube, sein Name ist Smith.«

»Gut. Moran, lassen Sie Smith hereinkommen.«

»Jawohl, Sir.« Ted riß die Tür auf und winkte Gorilla Smith herbei, der mit dem Bootsmann neben dem Backbord-Rettungsboot stand.

Der stämmige Seemann betrat — die Arbeitshosen bis zu den Knien hochgerollt, die nackten Füße immer noch klatschnaß von

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der Arbeit des Deckschrubbens — die Kabine in sehr selbstsicherer Haltung. An der Türschwelle blieb er stehen. »Sie wollten mich; sprechen, Sir?« fragte er mit tiefer, heiserer Stimme.

»Ja.« Jarvis betrachtete ihn mit durchdringendem Blick. »Erzählen Sie uns, wie es kam, daß Sie Sparks heute morgen hier entdeckten.«

Smiths unrasiertes Kinn schob sich vor, als er nun den Munds zum Sprechen öffnete. »Das war so, Sir«, begann er umständlich, während seine kleine schwarzen Augen dem Forschen des Kapitäns standhielten. »Ich habe den Schlauch eben nach Backbord geschleppt und kam dicht hier vorbei, als ich aus der Bude hier ein ganz komisches Geräusch hörte. Als wenn einer schreien möchte und's nicht könnte. Verstehen Sie, was ich meine? Das ist aber komisch, sagte ich also zu mir selbst und hielt sozusagen die Ohren nach der Richtung offen. Dann hörte ich eine Art unterdrückten Schrei. Verstehen Sie?«