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Teds Blicke schweiften nach hinten, wo Möwen über dem Heck des Schiffes kreisten. Niemand wußte besser als er selber, wie es ist, wenn man allein und ohne Geld in einem fremden Hafen herumläuft. Hatte er sich nicht einmal in New York in genau der gleichen Klemme befunden, und dann noch einmal in Südfrankreich? »Na, schön«, entschied er, »wenn der Quartiermeister die Freundlichkeit hat, Sie an Bord zu lassen, werde ich Sie zum Kapitän führen.« Der Dritte Offizier machte eine halbe Wendung.

»Na, wie steht's damit, Toppy?«

»Wenn Sie et sagen, is mir det schon recht«, erwiderte der kleine Cockney. Nichtsdestoweniger knurrte er hörbar, als er sehr widerwillig beiseite trat. »Also denn an Bord, Mensch — Mann!«

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Eifrig klomm Stan Ridley zum Deck hoch. Seine Augen übersahen Toppy so vollständig, als sei der kleine Seemann noch weniger wichtig als die kreischenden Möwen über ihnen.

Der Dritte Offizier führte ihn nach hinten. »Ich kann Ihnen keine Koje versprechen«, erklärte er, »aber ich will dem Skipper Ihren Fall gern vorlegen. Sie werden schon merken, daß Kapitän Jarvis in Ordnung ist.«

In einen Gang auf der Steuerbordseite einbiegend, kamen die beiden jungen Leute bald am stillen und offensichtlich verlassenen Maschinenraum vorüber und erreichten schließlich wieder das offene Deck. Sie schlüpften unter einem Ladebaum durch, der eben Kisten mit Konserven in Raum drei lud, und erreichten den Deckaufbau, der sich auf dem hinteren Teil des Schiffes befand. Hier hob Ted vor einer Tür, auf der Offiziersmesse stand, die Hand zum Klopfen. Jählings fiel ihm ein, daß er ja nun Dritter Offizier war, und so ließ er die Hand wieder sinken und führte den jungen Ridley ohne weitere Formalitäten vor den Herrn der Araby ...

»Oh, Sie sind's, Joe Macaroni«, begann Kapitän Jarvis vom Platz hinter seinem Tisch her; doch als er den wohlgekleideten Jüngling dicht neben Ted bemerkte, schaute er verwundert auf.

»Wer ist denn das?« erkundigte er sich in neckendem Ton. »Einer Ihrer ehemaligen College-Freunde?«

»Nein, Sir. Der Bursche sucht Arbeit.«

»Wir haben doch keine mehr zu vergeben.« Die tiefe und durchdringende Stimme klang nun alles andere als freundlich.

»Das hatte ich auch befürchtet«, gab Ted zu. »Ich war mir nur nicht ganz sicher, ob Sie nicht vielleicht doch irgendwo ein Plätzchen für einen Heimkehrer finden würden, der die Passage abarbeiten möchte. Sehen Sie, der Junge kommt aus der Nähe von Tahiti. Er ist pleite, und drüben ist was passiert, das seine umgehende Rückkehr erforderlich macht.«

Kapitän Jarvis lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück und reckte die langen Arme über den Kopf. Ted sah, als er nun auf Stan Ridley blickte, wie sich die Augen des jungen Mannes beim Anblick des Kapitäns der Araby vor Erstaunen weiteten.

Tom Jarvis, ein alter Freund von Ted, war in den Kreisen der Pazifik-Schiffer eine wohlbekannte Erscheinung. Über einsdrei-

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undachtzig groß, breit und blond, hatte er irgendwann in seiner Vergangenheit einmal einem Tätowierer gestattet, sich an ihm auszutoben. Ted konnte sich vorstellen, wie er nun da in seinem Sessel auf einen Fremden wirken mußte: dunkle, enganliegende Hosen betonten die ungewöhnliche Länge seiner Beine; das blaue vorn offene Hemd gab einen starken Hals und eine Brust frei, auf der Drachenköpfe den Betrachter angrinsten; auf dem rechten Arm befand sich unterhalb der hochgerollten Hemdsärmel ein engmaschiges Netz aus kleinen Sternen, und auf dem linken wand sich eine grüne Schlange auf den schwellenden Muskeln.

»Weshalb haben Sie's gerade jetzt so eilig, nach Tahiti zurückzukehren?« wollte er wissen.

Stan Ridley schluckte im Bemühen, die rechten Worte zu finden.

»Es — es verhält sich folgendermaßen, Sir«, brachte er schließlich hervor. »Ich bin seit zwei Jahren von zu Hause fort. Mein Vater schickte mich auf eine Schule in Connecticut. Alles ging gut bis vor etwa drei Monaten, als keine Briefe mehr von ihm eintrafen. Vorher hatte er mir jedesmal geschrieben, wenn ein Dampfer nach hier fuhr. Beim ersten fehlenden Brief dachte ich, daß er wahrscheinlich wohl in Taiarea war, wo wir eine Kokosplantage besitzen. Doch auch das nächste Postschiff brachte keine Nachricht — und auch kein Geld, und ich — nun ja, ich bekam einen panischen Schrecken, wie ich gestehen muß.« Er schwieg und blickte zu Boden.

Ted und Kapitän Jarvis hörten schweigend zu, als der junge Mann nun fortfuhr. »Ich schickte ein Telegramm nach Tahiti, bekam aber keine Antwort von meinem Vater. Statt dessen kam die Nachricht, daß er nirgends gefunden werden könne. Dann endlich hörte ich von ihm — und damit beginnt der seltsamste Teil der Geschichte. Mein Vater schrieb, daß ich mir keine Sorgen machen solle, falls ich vorläufig nichts von ihm hörte. Er riet mir, auf der Schule zu bleiben, denn dort sei bis zum Ende des Semesters alles bereits bezahlt. Auf gar keinen Fall aber sollte ich — was immer ich auch hören würde — heimkehren.«

»Hm.« Kapitän Jarvis lehnte sich in seinem Sessel vor. »Und Sie wissen nicht, weshalb er das geschrieben hat?«

»Nein.« Die Antwort war kaum zu verstehen.

»Was tut Ihr Vater? Ist er Pflanzer?«

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»Ja. Er hat eine Pflanzung, auf der wir auch wohnen; mit dem Segelschiff ist es knapp eine Nachtfahrt von Papeete nach dort.

Außerdem besitzt er drei kleine Schoner, die zwischen den Gesellschaftsinseln und der Tuamotu-Gruppe — man nennt sie auch die Perleninseln — Handel treiben. Irgend etwas ist geschehen, etwas Schreckliches, ich fühle es. Aber was nur — was?« Der Junge starrte die beiden an, die Augen dunkel vor Furcht.

»Und Sie können nicht auf den Passagierdampfer im nächsten Monat; warten?«

Stan Ridley schüttelte den Kopf. »Ich habe ja kein Geld mehr.

Was ich hatte, brauchte ich, um nach San Francisco zu kommen.

Ach, vielleicht hätte ich nicht fahren sollen, aber ich konnte es in der Schule nicht mehr aushaken. Tag und Nacht ging mir die Geschichte im Kopf herum, und es war mir unerträglich, einfach nichts zu tun.«

Kapitän Jarvis wandte sich an Ted. »Könnten wir den Jungen irgendwo gebrauchen?«

»Ja, Sir«, antwortete Ted schnell. »Wir könnten ihn als einfachen Matrosen anheuern und der Tagwache zuteilen.«

»Gut.« Der Herr der Araby griff nach einem großen Kontobuch, das auf seinem Tisch lag, und blätterte durch die Seiten. »Schreiben Sie Ihren Namen hierhin«, wies er den jungen Mann an.

»Der Bevollmächtigte der Reederei wird morgen früh kommen, um die Leute anzuheuern.«

Eilig kam der Junge näher, nahm den Federhalter, den Jarvis ihm hinhielt, und schrieb auf der angewiesenen Linie. Ted, der die kleine Zeremonie mit unverhohlener Freude betrachtete, merkte plötzlich, daß sein tätowierter Kapitän wie gebannt auf den Namen starrte, der da quer über die Seite geschrieben wurde.

Die Augen des großen Mannes zogen sich zusammen. Ein seltsam verwirrter Ausdruck zeigte sich auf seinem bronzenen Gesicht.

»Stanhope Ridley!« rief er aus. Mit einer jähen Bewegung stand er auf, wandte den beiden jungen Männern abrupt den Rücken zu und schaute durch das offene Bullauge über dem Tisch nach draußen.

Ted erspürte, daß etwas Geheimnisvolles, Erregendes zwischen sie getreten war. Auf Stan Ridley schauend, begegnete er dem

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erstaunten, fragenden Blick des anderen. Der Junge, der da so schlank und eifrig und gepflegt stand, schien durch die Nähe des wuchtigen, schroffen Kapitäns zusammenzuschrumpfen. Auch seine Stimme schien zum erstenmal den Klang ruhiger Sicherheit zu verlieren.

»Sie — Sie kennen meinen Vater, Sir?« fragte er bebend. »Haben Sie Nachricht von ihm?«