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Die dunklen Augen im bärtigen Antlitz flammten in jähem Feuer auf. Die langen und schmutzigen Finger des Mannes kratzten unruhig über den groben Stoff, der ihm bis auf die Knie niederfiel. Doch aus dem Mund im Bartgestrüpp kam keine Antwort mehr.

Ted sprach, ihn durchdringend anschauend, mit großer Entschiedenheit. »Hau schleunigst ab, verstanden? Solange ich in der Gegend bin, wird nicht geklaut.«

Der Strandläufer stand plötzlich stramm; hob sodann die Hand zu einem spöttischen Salut hoch. Jählings drehte die Vogelscheuche sich dann um und schuffelte auf dem Pfad in der Richtung der Straße davon.

Mit einem wachsenden Gefühl der Enttäuschung überquerte Ted den Weg und ließ sich auf der anderen Seite nieder. Hier wollte er warten, bis Stan zurückkam. Die Hände um die Knie geschlungen, saß er da, während seine Gedanken zu jenem Pfahlbau wanderten, unter dessen Terrasse er Stan verlassen hatte. War es dort sicher genug für den Jungen? Der Gedanke beunruhigte ihn. Corkery und seine Kollegen würden, wie er nun ganz genau wußte, vor nichts zurückschrecken, um an ihre Ziele zu gelangen.

Doch Stan war nicht dumm; er konnte sich hier auf der Insel besser helfen als irgend jemand von der Araby. Ted bemühte sich sodann, die Ereignisse des Tages zu einem Muster zusammenzufügen, das einen Sinn ergab — doch gelang es ihm nicht. Würde sich diese letzte Neuigkeit — daß nämlich Thatcher sich auf der Insel befand — als Schlüssel zum ganzen Geheimnis erweisen?

Auf irgendeine unerklärliche Weise war er zurückgekehrt und lebte verborgen auf seiner Plantage, ohne daß die Müßiggänger und Cafebesucher in Papeete etwas davon erfuhren. Tom Jarvis würde überrascht und erfreut sein, wenn er von diesem amerikanischen Freund des Mr. Corkery hörte! Doch würde eine Verbindung zwischen diesem Thatcher und dem schattenhaften Mr. X herzustellen sein? Befanden sich im Safe des Schiffes Dokumen-

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te, die jene Verbindung unzweifelhaft bewiesen? Ted kratzte sich den Schädel. Zum Donner noch mal — wenn Thatcher wirklich Mr.

X war, dann sah es so aus, als ob sie den Dingen bald auf den Grund kommen würden.

Der junge Offizier lächelte vor sich hin. Ja, die Fäden ihres kleinen Musters begannen sich zusammenzufügen; bald würde das Muster erkennbar werden, bald würde der junge Stan den ihm gebührenden Platz auf der Insel wieder einnehmen.

Das Aufbrummen eines Motors aus der Richtung des Bungalows brachte seine Überlegungen zu jähem Ende. Sofort erhob er sich und kroch in das dichte Unterholz am Wege. Minuten später schon stachen die Lichter des Taxis in die Dunkelheit, gleichzeitig fast brummte der Wagen mit einem tiefen Summen vorüber. Ted hörte, wie er auf die Straße einbog und auf die Stadt zu davonfuhr.

Ted kam aus seinem Versteck zum Vorschein und wartete, bis sein Ohr das Geräusch sich nähernder Schritte vernahm, die vom Bungalow zu kommen schienen. Gleich darauf tauchte Stan im Halbschatten auf.

»Hier bin ich«, rief Ted leise.

Als der Junge bei ihm war, fragte Ted, ohne ihm Gelegenheit zu geben, von anderem anzufangen, unverzüglich: »Was hast du noch gehört? Irgendwas Neues?«

»Nein.« Stan schüttelte den Kopf. »Corkery und Thatcher gingen schließlich hinaus und stiegen ins Auto. Ein alter Eingeborener gibt auf Haus und Plantage acht.«

»So? Thatcher ist also mit Corkery zur Stadt gefahren? Sie haben sich also wieder vertragen?«

Stan nickte geistesabwesend. »Aber wer war es, der uns nachgegangen ist, mon ami? Hast du ihn gesehen?«

»Ach, das war nur so ein alter Strandläufer, der sich was zu essen holen wollte, vermute ich.«

»Ein Strandläufer? War er in alte Säcke gekleidet?«

»Ja. Ein Anblick zum Schießen. Kennst du ihn?«

Stan kicherte. »Und ob. Jedermann in Tahiti kennt ihn. Lebt schon seit Jahr und Tag hier — ein bißchen manoli, denke ich. Wir nannten ihn nur Robinson Crusoe.«

Die beiden jungen Männer machten sich auf den Weg zur Straße.

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Mit einemmal begann Stan im Ton kaum unterdrückter Erregung zu sprechen. »Du, Ted!«

»Ja?«

»Ich habe Thatchers Stimme schon mal gehört.«

Seinem Freund fest die Hand auf die Schulter legend, zog Ted den Jungen näher heran. »Komisch«, sagte er, »dasselbe habe ich auch schon gedacht. Nur kann ich sie nirgends unterbringen.«

Ein Ausdruck der Verwirrung überflog Stans Miene. »Hast du gehört, wie Thatcher einen Papagei erwähnte?« stieß er schließlich hervor.

»Ja. Du meinst — ?«

»Genau das. Auf dem Windreiter war ein Papagei«, fuhr Stan fort, als versuche er, seine Gedanken langsam in eine bestimmte Reihenfolge zu bringen. »Und ist es dir auch aufgefallen, daß Thatcher erst ganz kürzlich aus San Francisco zurückgekommen sein kann?«

»Ja. Das Mädchen im Cafe wußte zumindest noch nichts davon.«

»Dabei weiß in Papeete jeder alles! Merkwürdig, hein?«

Ted war ein wenig verblüfft. »Was willst du mit alledem sagen?«

»Ich meine ganz einfach, daß seit drei Wochen oder noch länger kein Dampfer aus San Francisco hier angelegt hat. Wenn aber Thatcher überhaupt mit einem Dampfer angekommen wäre, glaubst du nicht, daß dann die ganze Stadt längst davon wüßte?

Ich kann dir versichern, daß sie es wüßte!«

»Wie ist er dann hierhergekommen? Glaubst du, daß er sich die ganze Zeit über hier verborgen gehalten hat?«

Stan schnaubte verächtlich. »Dein Verstand funktioniert heute nacht nicht richtig, mon ami.«

»Ich weiß«, gab Ted zu. »Es ist die tropische Hitze — und die Rennerei hinter diesem Strandläufer her.« Er schritt schneller aus, als nun die Straße erreichten. Ihr kleines Auto war nicht mehr weit von hier entfernt.

»Nur ein Schiff aus den Staaten hat in den letzten drei Wochen den Hafen angelaufen«, fuhr Stan fort. »Heute morgen erst ist es vor Anker gegangen.«

Verblüfft stammelte er : » Du meinst — die Araby?«

»Eben diese. Thatcher hat nicht so laut gesprochen wie Corkery, deshalb habe ich nur hier und da ein Wort aufschnappen können.

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Doch ich bin ganz sicher, daß ich die Stimme kenne. Sie gehört zu jemandem auf unserem Schiff.« Teds Gedanken flogen zur Araby.

Ja, die Stimme hatte einen vertrauten Klang, aber — aber — »Guter Gott, Stan, ist dir klar, was das bedeutet? Wenn Thatcher sich unter anderem Namen auf der Araby befand, dann war er der Schurke, der Sparks niedergeschlagen hat. Er war der Kerl, der eine Botschaft an Corkery sandte!« Ted blieb mitten auf der Straße stehen und sah seinen Freund im Mondlicht an. »Stan, sei ehrlich — hast du die Stimme erkannt? Weißt du, wer es ist?«

Der Junge erwiderte den Blick mit einiger Verwirrung. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine, der Bootsmann!«

Chapmans Geschichte

Als der Dritte Offizier und sein Begleiter am Kai ankamen, wo die Araby vor Anker lag, brannte in der Offiziersmesse immer noch Licht. Begierig darauf, seinem Kapitän schnell Bericht zu erstatten, sprang Ted mit großen Sätzen das Fallreep hoch, Stan dicht auf den Fersen. Der Wachhabende an der Reling trat bei ihrem Kommen beiseite. »Kapitän an Bord?« fragte Ted.

»Ja, Sir. In seinem Salon, glaube ich.«

»Gut. Irgendwelche Nachrichten vom Windreiter?«

»Bis jetzt nicht, Sir.«

Ted warf sich herum und hielt Stan Ridley, der sich ins Mannschaftslogis begeben wollte, am Ärmel zurück. »He — Sie sind noch nicht entlassen. Sie müssen mit mir zum Kapitän Tom kommen!«