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Ted ging zu ihm hin und legte begütigend die Hand auf die Schulter des Jungen. »Regen Sie sich ab, Ridley. Da drinnen sind Männer, die Sie mit dem kleinen Finger umkippen könnten.«

»So, könnten sie das?« schrie der Junge. »Dann sollen sie's mal versuchen.«

Ted widersprach, um Zeit zu gewinnen. »Was hat sie denn so aufgebracht?« erkundigte er sich beschwichtigend.

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Stan Ridley sprach zornig. »Nur, daß ich mich früh hingelegt habe — das ist alles. Ich war hundemüde vom Säubern der Decks hier. War das nun ein Grund, auf mir rumzuhacken?«

»Sicher nicht. Aber was haben Sie denn gesagt?«

»Gar nichts. Ich habe nicht vor, mich mit diesem Gesindel anzubiedern.«

»Vielleicht«, meinte Ted, sich seiner alten Erfahrungen aus dem Mannschaftslogis erinnernd, »vielleicht haben sie sich über das geärgert, was Sie nicht sagten. Und was haben Sie da an? Doch nicht etwa — blaue Seide « ?«

»Pyjamas, ja«, bestätigte der junge Mann. »Wieso?«

Ted Moran packte ein unbändiges Verlangen, loszulachen. Blaue Seidenpyjamas im Mannschaftslogis der Araby! Himmelherrgott

— kein Wunder, daß es dem Burschen schlecht ergangen war.

Mit Mühe nur gelang es ihm, seinen Spaß zu unterdrücken.

»Ridley«, riet er gutmütig, »Sie sollten Ihre Gewohnheiten besser ein bißchen ändern.«

»Wollen Sie damit sagen«, erwiderte der junge Ridley betont, »daß ich mich der Lebensweise dieser Kerle anpassen soll?«

»Genau das. Ich rate Ihnen, die Dinger, die Sie anhaben, über Bord zu werfen, und zwar je eher, um so besser.«

Stan Ridley wirbelte herum; die Dunkelheit verbarg den Ausdruck seines Gesichtes. »Sie sind der Dritte Offizier, Mr. Moran, gleichwohl sind Sie der einzige Mensch an Bord, der mir bisher ein freundliches Wort gegönnt hat. Der Bootsmann verflucht mich den ganzen Tag schon, und die Männer putzen mich herunter, wo sie nur können, weil ich so wenig von der Seefahrt verstehe.

Oh, ich begreife schon: man kann es ihnen nicht verübeln. Was weiß ich denn auch schon von ihrer kleinen Welt? Nichts — und mehr will ich auch nicht wissen.«

»Dann gehören Sie nicht hierher, Ridley. Als Sie um eine Koje baten, glaubte ich, Sie seien in Ordnung.«

»Das bin ich auch«, versicherte ihm der Junge hastig. »Ich bin dem Skipper für sein Anerbieten ehrlich dankbar. Und ich bin bestimmt bereit, alles zu tun, um herauszufinden, was mit meinem Vater passiert ist. Sie haben recht, Mr. Moran. Ich muß noch viel lernen.« Er hielt inne und senkte die Stimme, bis der Wind die Worte beinahe wegtrug. »Ich werde Ihren Rat befolgen.«

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Der Dritte Offizier Ted Moran machte einen Schritt auf ihn zu.

»Geben Sie mir die Hand darauf«, rief er aus. »Wenn Sie das Ihre tun, Ridley, werde ich Ihnen helfen, soviel ich kann.«

Im Dunkeln wurde seine Hand von einer starken, schlanken Hand ergriffen. Der Wind preßte den dünnen Seidenpyjama um Ridleys zitternden Körper. »Verdammt merkwürdig«, meinte der Junge, sich der Schiffswand nähernd, »wie man sich in zwei kurzen Jahren an die Schlingen der Zivilisation gewöhnen kann.

Daheim auf Taiarea trug ich den ganzen Tag nur ein pareu, ein Lendentuch, wie es die Eingeborenen tragen. Ich bin in der Lagune geschwommen, habe nach einem Tintenfisch getaucht, mein Ausleger-Boot am Riff entlanggepaddelt und nach Fischen ausgeschaut — und jetzt geht mir der Hut hoch, weil die Männer drinnen über meine Pyjamas lachen.«

Er hörte auf zu sprechen und streifte sich den dünnen Schlafanzug schnell vom Körper. Eine Sekunde lang flatterte er ihm in der ausgestreckten Hand über dem Kopf, dann nahm ihn der Wind mit in die Nacht und ins Meer. »Leb wohl, Zivilisation!« rief der Junge. »Ich bin wieder aufgewacht.« Sich dem erstaunten Ted zuwendend, lachte er halblaut auf. »Wo kann ich Hemd und Arbeitshose bekommen?«

»Der Steward macht seinen Kleiderladen jeden Nachmittag um fünf auf. Da können Sie alles kriegen, was Sie brauchen; die Bezahlung wird Ihnen vom Lohn abgehalten. Bis morgen leihe ich Ihnen ein paar Klamotten. Kommen Sie mit. Wir gehen hinauf in meine Kabine.«

Die Deckoffiziere hatten ihre Kabinen mittschiffs auf der Backbordseite. Die des Dritten Offiziers war klein und makellos sauber. Im Licht der einzigen Birne, die gleich an die Decke geschraubt war, schimmerte die weiße Farbe, und alle Messingteile blitzten, denn die kürzlich neu überholte Araby war noch ein flotter kleiner Kahn, obwohl sie schon ziemlich alt war. Ted zog eine lange, tiefe Lade unter seinem Bett heraus, in der adrett gereiht Stapel weißer Hemden und Shorts lagen. »Ich habe von allem reichlich«, bemerkte er. »Man braucht das Zeug in den Tropen.«

Stan Ridley streifte ein ärmelloses Hemd über das schwarze, zerzauste Haar, fing dann geschickt ein Paar blauer Arbeitshosen

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auf, das Ted ihm zuwarf. Einen Augenblick später stand er auf, barfuß. »Seh ich jetzt nicht wie 'n perfekter Seemann aus?« grinste er.

Neben Teds untersetztem, kräftigem Körper schien der des Jungen dünn und zart; doch seine Arme zeigten wohlgerundete Muskeln. Jahre des Schwimmens und Umherpaddelns mit einem Auslegerboot in den Korallenlagunen der Südsee hatten ihm offensichtlich Kräfte verliehen, die man in einer so schlanken und graziösen Gestalt nicht vermutete. Mit Neid dachte der Dritte Offizier an die Jugend dieses Jungen.

»Erzählen Sie mir mehr von diesen Südsee-Inseln«, drängte er.

»Was ist das Interessanteste, an das Sie sich in diesem Zusammenhang erinnern können?«

Ridley schwieg ein paar Augenblicke lang gedankenversunken.

»Zweierlei kommt mir immer außergewöhnlich vor«, erwiderte er schließlich. »Das eine sind die alten Heiligtümer auf der Insel, auf der wir wohnen. Die Eingeborenen nennen sie denn auch Taiarea, die Heilige. Tief in den Dschungeln liegen gewaltige Steinterrassen, die maraes heißen; dort werden die alten Götter Tahitis verehrt. Einst gab es dort auch steinerne Andachtsbilder.«

»Und das andere? «

»Das ist Tahiti Jaques, ein großer grauer Fisch von der Art der Delphine. Seit Jahren und Jahren schon hat er die Inselschoner durch die Riffs aus dem Hafen von Papeete und wieder hinein, geleitet wie ein Lotse.«

»Das ist nicht leicht zu glauben«, bemerkte Ted trocken.

Stan Ridley fuhr unwillkürlich auf, ohne es zu wollen. »Warten Sie nur, bis Sie ihn gesehen haben«, rief er erregt. »Er wird von den Eingeborenen regelrecht verhätschelt; sie lieben ihn über alles. Ich wüßte nicht, was dem geschähe, der versuchen würde, Tahiti Jaques ein Leid anzutun. Sie werden ihm wahrscheinlich begegnen, wenn wir durch die einzige passierbare Stelle des Riffs fahren. Er wird knapp vor dem Bug des Dampfers schwimmen und wie ein Seehund hin und wieder aus dem Wasser auftauchen. Ich versichere Ihnen ... «

Ridleys eifrige Worte wurden durch ein kurzes Klopfen an der Tür unterbrochen. »Herein«, rief Ted.

Als die Tür aufgestoßen wurde, pfiff ein Windstoß durch die

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Kabine. Ein kleiner, kräftiger Seemann schaute auf sie nieder.

»Der Skipper möchte Sie in seiner Kabine sprechen, Mr. Moran«, verkündete der Bote.

»Komme sofort«, erwiderte Ted.

Die Augen des Mannes, die tief im fetten, groben Gesicht lagen, ruhten einen Augenblick lang auf Stan Ridley, weiteten sich sodann vor Erstaunen darüber, den Dritten Offizier so freundlich mit diesem neuen Mannschaftsmitglied zusammensitzen zu sehen.

»Jawohl, Sir«, entgegnete er mechanisch.

Als er fort war, stand Ted auf. »In ein paar Minuten bin ich zurück, Ridley. Wenn Sie noch nicht zu müde sind, würde ich gern mehr von Tahiti Jaques erfahren.«

Stan Ridley strahlte vor Freude. »Ich schaue mir eins Ihrer Bücher an, solange Sie fort sind. Im Mannschaftslogis steht nur ein einsamer Zane Grey, den ich in der Schule schon gelesen habe.«