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»Einen Handschriften-Experten? Einen Graphologen?«

»Genau diese Wort! Ja, deine Vater ist nicht dumm.«

»Können Sie sich irgendwie zusammenreimen, madame«, mischte Ted sich ein, »wo Corkery all sein Geld herbekommen hat?«

Die Frau zuckte die Achseln. »Er handelt mit den Inseln.«

»Dann verdient er sein Geld also mit dem Handel?«

Die dicke Hand der Madame Sonntag schloß sich fester um den Griff des Fächers, als sie nun wieder zu wedeln begann. »Nein, er macht keine Geld mehr diese letzte Monate. Nicht mehr, seit Jacques vom Riff ist erschossen worden.« Sie hob anklagend die Augen. »Ah, diese Schuft — diese Corkery! Er läßt eine amerikani-

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sche Freund erschießen Jacques — dann alle Tahitier sagen, die Windreiter ist eine böse Schiff.«

»Sie kennen den Mann, der Tahiti Jacques erschossen hat?«

»Nein, aber ich höre, es ist eine Monsieur Thatcher, der kurz vor Papeete lebt, in Taunoa.«

Ted überlegte sich sehr gründlich die Frage, die er als nächste stellen wollte. Schließlich sagte e: »Wenn Corkery bei diesen Handelsfahrten kein Geld mehr verdiente, weshalb schickte er dann den Windreiter überhaupt noch los?«

»Weil es die einzige Schoner ist, die er noch besitzt. Die Taiarea, sie verbrennt vollbeladen. Alles ist verloren.«

Stan sah schnell zu ihr hin. »Und die Windblume?«

»Sie versinkt. Ja, Corkery hat viel Pech. Seine Frachten verbrennen; seine Schoner versinken. Ah, er bringt Ruin zu deine Vater.«

Rastlos erhob Ted sich aus seinem Sessel und ging auf der Veranda auf und ab. »Merkwürdig«, murmelte er. »Da scheint doch was nicht zu stimmen.«

»Merkwürdig?« erwiderte die braune Eingeborene. »Monsieur, das ist eine tupapau.«

Ted wirbelte herum. Da war es wieder, dieses Wort — ein tupapau.

Ihm ging auf, daß die Eingeborenen alle solche Verluste einem bösen Geist zur Last legten; darüber hinaus fragten sie weder sich noch das Schicksal oder die Umstände. Ihn jedoch konnte man nicht so leicht befriedigen. Eine Frage auf den Lippen, trat er näher heran. »Ist Corkery oft hiergewesen?«

»Nur hin und wieder mal, monsieur.«

Plötzlich schien auch Stan interessiert. »Weshalb ist er hergekommen?«

»Ich weiß es nicht. Er sagt, um zu sehen, wie alles weitergeht.

Vielleicht auch, um Kopra abzuholen. Doch das tut sonst Pierre.«

»Und wer ist Pierre?« bohrte Stan weiter.

»Ein Halbblut aus Rorotonga, den Corkery hat gemietet, um die Windreiter zu steuern. Ah, diese Pierre ist eine schlechte Mensch, das kann ich sagen.« Jählings hörte sie auf zu sprechen. Sie blickte sich um, als erwarte sie einen Geist im Türrahmen; erst als keine Erscheinung auftauchte, fuhr sie in leisem Tone fort:

»Hört zu. Wann immer Corkery auf die Insel kommt, er geht ins Innere — auf die Berge zu.«

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»Auf die Berge zu«, echote Stan. »Weshalb denn nur? Dort ist nichts als Dschungel.«

Madame Sonntags schwarze Brauen hoben sich. »Ah, das ist es gerade, was ich frage mich selbst! Bringt er zurück wilde Bananen oder Orangen oder feis? Nein. Weshalb also geht er?«

»Irgendeinen Grund muß er doch haben«, überlegte Stan. »Es gibt ja nicht einmal ein Dorf dort.«

Die Frau lehnte sich weit vor. »Hast du vergessen, meine Stan, daß auf dem windgeschützten Hang von die Mount St. Hilaire ist eine marae?«

»Was ist denn das?« fragte Ted, als sein Freund schwieg.

Daraufhin überquerte Stan eilig die Veranda. Sich zum Landesinnern kehrend, wies er auf den Berg hin, der seinen Gipfel genau im Mittelpunkt der Insel zum Himmel reckte. »Jener Berg«, erklärte er, »war in längst vergangenen Zeiten ein Vulkan. Eine Legende erzählt davon, daß dort ein alter Feuergott lebte. Die ganze Insel Taiarea war den frühen Tahitiern ein heiliger Ort, eine Stätte der Verehrung. Und am Fuß jenes Berges befindet sich ein uralter Altar, den man marae nennt.«

»Und weshalb sollte Corkery ausgerechnet dorthin gehen?« fragte Ted.

Madame Sonntag mischte sich in feierlichem Tone ein. »Keine Tahitier geht dorthin heutzutage, denn die Götter unserer Väter sind zornig, monsieur, daß wir sie haben vergessen und nun in die Kirche in Papeete beten, bei die Missionare.«

»Aber bist du denn ganz sicher«, drang Stan, neben ihren Sessel tretend, in sie, »daß Corkery zu diesem marae geht?«

Sie nickte mit größter Entschiedenheit. »Ich weiß. Höre. Eines Abends, ich folge diese Corkery. Ich denke: ›Nun, weshalb gehst du immer hierher in die Urwald, wo nur wilde Schwein und Mynah-Vögel leben?‹ So ich folge. Corkery nimmt die Pfad entlang am Ufer, bis er kommt zu die alte Kriegskanal, wo die Krieger einst versteckten ihre Auslegerboote. Von dort wendet sich Corkery landeinwärts nach die marae. Mit meine zwei eigene Augen ich sehe ihn.« Mit schneller Bewegung der Rechten schlug Madame Sonntag ein Kreuz. »Ich rennen heim geschwind. Ich lieben jene Gegend nicht.«

»Stan!« Ted sprach mit jäher Entschiedenheit.

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Der Junge wandte sich ihm verwundert zu, »Ja?«

»Kennst du den Weg zu diesem marael«.

»Natürlich. Aber vom Altar ist nichts übriggeblieben als eine steinerne Plattform. Die Figuren sind alle verschwunden.«

»Ganz gleich«, beschloß Ted, »wir werden hingehen und die Sache näher untersuchen.«

»Nein — nein!« Die Eingeborene riß mit erstaunlicher Fixigkeit ihren üppigen Körper aus der liegenden Haltung hoch. Ihr Gesicht war tief besorgt. »Nein, monsieur. Ich verbiete! Sie müssen nicht gehen dahin. Es ist nicht sicher.«

Ted hob verächtlich eine Hand. »Nicht sicher? Weshalb nicht?«

»Weil Sie nie würden zurückkehren, monsieur.«

»Unsinn!« sagte Stan lächelnd. »Madame Sonntag, wir haben doch von den tahitischen Göttern nichts zu befürchten. Wir haben sie ja nicht im Stich gelassen, um in fremden Kirchen zu beten!

Ja, mon ami, wir müssen gehen.«

Langsam streckte die Frau eine der fetten Hände aus und tätschelte den Arm des Jungen. Die Geste war beinahe zärtlich. »Höre, mon enfant. Du glaubst mir nicht, hein? Ich — meine Worte sind wahr. Letzten Sommer eine von die Kopra-Helfer wurde auch neugierig. Er sagt, er muß gehen und sehen diese marae, er hat gehört soviel von. Ich sage ihm, nicht zu gehen, aber er beharrt.

Voilà! Er nie kommt zurück.«

»Was willst du damit sagen?« Stan schien wie vor den Kopf geschlagen, und Ted betrachtete fasziniert die gespannte Miene der Frau.

»Du glaubst mir jetzt, ja? Diese Mann kommt nie zurück. Dann seine Freund geht sehen, was geschehen ist.« Madame Sonntags Stimme sank zu einem Grabesflüstern herab. »Ah, diable! Er genau das gleiche. Sie beide verschwinden — wie das!« Sie schnippte knallend die Finger. Ted überlief ein Schauder, eine dunkle Ahnung bemächtigte sich seiner. Die Ernsthaftigkeit der Worte war nicht zu bezweifeln. Der geheimnisvolle, verborgene Altar im Urwald war also gefährlich? Auch für Stan und ihn, die nicht an die Götter und Teufel der Tahitier glaubten? Er lachte kurz und spöttisch auf. »Wir werden vorsichtig sein, Madame Sonntag«, beeilte er sich zu versichern. »Schauen Sie — auf dem Windreiter befindet sich eine Pistole. Die werde ich mitnehmen.«

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»Aber der junge Stan, er darf Sie nicht begleiten, monsieur. Er nicht!«