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Der silbergraue, etwa drei Meter lange Körper rollte sich wie ein Seehund durch die Wellen, um sich von Zeit zu Zeit geschmeidig in die Tiefe zu stürzen; nur sein zweigeteilter Schwanz stand dann zackig vor dem hellen Himmel. Hatte sich der seltsame Lotse von seiner Wunde erholt? War er zum Schluß doch zurückgekehrt, um die Inselschoner wieder sicher durch die enge Durchfahrt zu geleiten?

»Stan!« Teds Stimme bebte vor Bewegung. »Ist das wirklich Tahiti Jaques?«

Im grauen Schimmer, der durchs Bullauge in die Kabine fiel, wandte ihm der Freund ein blasses, jedoch freudig erregtes Gesicht zu. »Ja. Ich irre mich nicht. Jaques vom Riff ist zurückgekommen.«

Trotz ihrer gefährlichen Lage erfüllten die Worte den Dritten Offizier mit warmer Freude. Das also war der seltsame Liebling der Tahitier, und er war zum Schauplatz seiner Triumphe zu-

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rückgekommen. Wenn auch der Mischling Pierre ihn für einen Geist halten mochte, so wußte Gorilla Smith es diesmal besser. Jählings rauschte Regen auf das Deck über ihren Häupten nieder.

Ted wachte aus seinem Staunen auf. Noch ein tropischer Sturzguß überholte sie auf seinem Weg vom Meer zum Land. Der junge Offizier sah den Regen wie einen Nebelvorhang so dicht niederfallen, und im gleichen Augenblick waren die Insel und die weißen Schaumkronen auf dem Riff, ja die gewaltigen Brecher selbst ihren Augen entzogen. Und in Sekundenschnelle schwoll das Aufprasseln der Tropfen zu einem Trommelgedröhn an, das ihnen wie das Maschinengewehrfeuer eines feindlichen Angriffs in die Ohren knatterte. Ganz vage nur sah man den grauen Umriß von Tahiti Jaques sich nach backbord hin durch die Dünung pflügen.

Dann kam die durchnäßte Gestalt des Mischlings in ihr Blickfeld.

Er stolperte nach achtern. Das dunkle Haar klebte an der Stirn, Regentropfen fielen ihm vom angstverzerrten Gesicht, die Kleider lagen in nassen Falten dicht am Körper. »Ah, nom de Dieul« stöhnte er. Gerade vor dem Bullauge blieb er stehen. »Wir können die Durchfahrt nicht mehr erkennen!«

»Na schön, und was soll's?« bellte Smith wütend zurück.

»Aber, monsieur, wenn Sie dem tupapau von Tahiti Jaques folgen, so wird er uns geradewegs aufs Riff zuführen. Er will sich rächen, glauben Sie es doch nur!«

»Um so besser!« fauchte Gorilla Smith. »Hast du vielleicht gedacht, ich hätte je vorgehabt, mit den Burschen unter Deck da in den Hafen reinzusegeln? Idiot! Wir würden beide innerhalb der ersten Stunde im Gefängnis landen. Ich steure geradewegs aufs Riff los. Wir werden ein solches Loch in das Unterteil dieses feinen Schiffes schlagen, daß es untergeht, ehe die Stadt aufwacht! Wenn wir gegen die Korallen stoßen, brauchst du bloß loszuspringen, Pierre. Nur du und ich und der Papagei werden am Leben bleiben, um die Geschichte dieses Schiffsunterganges zu erzählen.«

Ted fuhr zurück, als habe ihm jemand einen Stoß versetzt. Nun wußte sie also, welch einen diabolischen Plan Gorilla Smith ausgeheckt hatte. Hätten sie sich nicht etwas Ähnliches selber denken können? Den Schoner mit seiner belastenden Fracht zu versenken,

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diejenigen an Bord, die Smiths wahre Identität kannten, zum Schweigen zu bringen und selbst als die glücklichen Überlebenden in Papeete aufzutauchen — das war der Plan eines verzweifelten Verbrechers, der alles verlieren und nichts gewinnen konnte, wenn er den Windreiter heil in den Hafen brachte. Doch in jenem Sekundenbruchteil, in dem Ted mit Bitterkeit diesen Plan durchschaute, schwoll in ihm ein überwältigender Wunsch nach Kampf und Rache an. Sich ohne Gegenwehr zu ergeben wie eine Ratte in der Falle? Niemals!

Jemand packte ihn beim Arm. Sich herumdrehend, sah er Jorgenson ins eifrige Gesicht. »Sie brauchen's bloß zu sagen, Dritter und ich schlag Ihnen die Tür da ein wie nichts.«

»Nein, Jorgenson.« Ted schüttelte den Kopf. »Smith ist bewaffnet. Er würde ohne Zögern den ersten, der sich blicken läßt, niederknallen.«

Eine kurze Weile stand Ted reglos da, während er mit verzweifelter Hast seine Gedanken zu ordnen versuchte. Keine Sekunde war zu verlieren, denn lauter noch als das Geprassel des Tropenregens kam das Donnern der Brandung an sein Ohr. Er steckte den Kopf zum Bullauge hinaus. »Smith«, rief er, »lassen Sie uns heraus. Geben Sie uns eine Chance!«

Ein rauhes Lachen grüßte seine Worte. »Sie rauslassen? Halten Sie mich für übergeschnappt? Und nennen Sie mich nicht Smith. Sie wissen, wer ich bin. Ich heiße Thatcher.« Die tiefen Töne, rauh und abstoßend für den Hörer, schlugen in schadenfrohes Kreischen um. »Ich — Sie rauslassen? Nie!«

»Hat keinen Zweck, Ted.« Stan redete ihm begütigend zu. »Aber schau her.« Ted drehte sich schnell um, als er sah, wie sein Freund sich auf die Knie niederließ. »Hier ist eine kleine Falltür zum Kielraum.« Augenblicklich kniete Ted neben ihm. »Gibt es noch andere Türen in den Kielraum?«

»Natürlich. Zwei weitere, soviel ich weiß. Eine führt vorn in den Laderaum, die andere achtern in den Verschlag, wo der Hilfsmotor untergebracht ist.«

»Der vordere Laderaum ist bis unter die Decke mit Fracht vollgestapelt«, gab Ted zu bedenken. »Keine Chance, dort rauszukommen. Wie steht's mit achtern?«

Stan zog an einem Ring im Boden und hob eine siebzig Qua-

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dratzentimeter große Hartholzplatte hoch, »Das geht!« flüsterte er aufgeregt. »Der Lukendeckel über dem alten Hilfsmotor ist auf dem Heck hinter dem Ruder.«

Ted drückte ihm heftig den Arm. »Genau das, was wir brauchen.

Geh du voran und zeig uns den Weg. Los, Jorgenson. Es ist unsere letzte Chance. Denkt daran, daß Smith bewaffnet ist.«

Ohne eine Sekunde zu zögern, ließ sich Stan in den dunklen Kielraum des Schoners hinab, wo das Wasser in der Bilge aufspritzte.

Eilig, jedoch mit äußerster Vorsicht, tasteten sie sich in der pechschwarzen Düsternis nach achtern. Der faule Gestank des luftdicht abgeschlossenen, engen Raumes drang ihnen in die Lungen, daß sie zu ersticken glaubten. Ted wischte sich den Schweiß mit einer Hand von der Stirn, von der er wußte, daß sie schwarz war vor Schleim und fauligem Schmutz. Doch tief in ihnen allen brannte der Funke neu erwachter Hoffnung.

»Stan«, wisperte der junge Offizier, »wenn wir es noch rechtzeitig schaffen, dann überlaß Smith Jorgenson und mir. Schnapp du dir gleich das Ruder.«

Sechs Meter weit mußten sie sich auf Händen und Füßen weiterbewegen. Endlich hielt Stan inne. »Wartet. Wir sind da.«

Ted konnte das schwere Atmen seines Freundes in der Dunkelheit hören. »Findest du die Falltür?« flüsterte er.

»Verlaß dich drauf. Folg mir nur. Jetzt!«

Ted hörte das leise Poltern von Holz und wußte, daß sein Freund die schmale Klappe zurückgeschlagen hatte. Eine Minute später standen sie alle drei in der kleinen Kammer, dicht an die Maschine gedrückt, die nicht mehr arbeitete. Von oben kam das dumpfe Aufklatschen des Regens. Oder klatschte schon die Brandung gegen das Riff?

»Fertig!« flüsterte Ted, als sie alle drei die Arme zum Lukendeckel über sie hoben. »Macht keinen Lärm. Hebt an!«

Mit einem leisen Knirschen, das der niedertrommelnde Regen übertönte, flog der hölzerne Deckel zurück. In der grauen Morgendämmerung klatschte der Regen auf sie nieder. Das bleierne Licht enthüllte den breiten Rückendes ahnungslosen Gorilla Smith, der nur wenige Schritt entfernt hinter dem Ruder stand. Unter dem Steuerrad kauerte sich schutzsuchend der tropfnasse und elende Papagei zusammen.

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Ted griff mit fester Hand nach der Lukenkimming und sprang an Deck. Jorgenson und Stan zogen sich hinter ihm hoch. Ohne sich um den Regen zu kümmern, der auf sie niederprasselte, stürzten sie sich vorwärts. In dieser Sekunde warf Gorilla Smith einen überraschten Blick über die Schulter zurück. Zum Ausweichen war es zu spät; so empfing er sie nur mit einem wüsten Fluch. Jorgensons mächtige Arme umschlangen ihn, während sich Ted gegen die Knie des Ringers warf. Gorilla Smith wankte gefährlich dicht zur Steuerbord-Reling hinüber. »Das Riff!« Wie in einem Traum vernahm Ted die furchterfüllte Stimme des Mischlings.