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Endlich sprach Stan Ridley. »Gute Nacht, Sir. Und — vielen Dank für alles.«

Einen Moment später starrte Ted grübelnd durch die offene Tür auf das düster schäumende Meer hinaus, ohne sich des pfeifenden Winds im Takelwerk oder des Prasselns der Regentropfen auf Deck bewußt zu werden.

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Aufgeholt

Falls Ted erwartet hatte, er werde nun unverzüglich mehr über die Geschehnisse jener ersten Nacht vor San Francisco erfahren, mußte er eine Enttäuschung einstecken. Tag um Tag blieb hinter ihnen zurück; auf der Araby spielte sich die monotone Routine eines Schiffs auf See ein, und immer noch blieb sein Verdacht unbestätigt. Gewiß, er war voll und ganz mit seinen neuen Pflichten als Dritter Offizier beschäftigt; doch gab es, vor allem während seiner täglichen zwei Wachperioden auf der Brücke, Zeiten, in denen sich die Gedanken an Stan Ridleys Vater und an Stan Ridleys Rolle bei jenem mysteriösen Vorfall damals in der Nacht mit Gewalt in sein Bewußtsein vorschoben.

Am fünften Tage der Fahrt, als die stürmischen Gewässer des Nordens nur mehr ein? unangenehme Erinnerung waren, stieß der alte Frachter die stumpfe Nase in tropische Gewässer. Die Offiziere legten nun ihre blauen Dienstanzüge ab und erschienen in der weißen Uniform der Tropen an Deck — falls man eine aus weißen Shorts und Schweißhemd zusammengestoppelte Bekleidung Uniform nennen will. Doch das war alles, was auf der Araby gefordert wurde.

Am zehnten Tage wurde »die Linie« überquert. »Fühlense det Bumsen?« erkundigte sich der kleine Quartiermeister hinterm Steuer. »Hat mir fast aus 'n Pantinen gekippt. Sinse jemals über den ollen Strich gegangen, Sir?«

Ted grinste. »Nein, dies ist das erste Mal, Toppy. Ganz schön heiß, daß muß ich sagen.«

»Heiß?« Toppy zuckte verächtlich die Schultern. »Na, wennse det für heiß halten, denn solltense mal det Rote Meer runterdampfen. Det würd ick höllisch heiß nennen!«

Ted starrte auf die back hinaus, wo die Männer sich, getreu dem alten Seemannsbrauch, auf Kosten eines Kameraden, der den Äquator noch niemals überquert hatte, mächtig amüsierten. Ein stämmiger, als Neptun verkleideter Seemann trieb seine Gefolgsleute an, die lärmend einen Mann mit einem langen hölzernen Messer rasierten.

»Wer ist das, der da eingeweiht wird?« fragte Ted.

»Ah, det is Jorilla Smith. Doch so eener, der sich für zäh wie

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Ziegenleder hält. So 'n schräger Heini! Aber clever isser. Sehn Se, wie er nicht det leiseste Theater macht?«

Gorilla Smith war, wie Ted feststellte, der Matrose, der ihm die Botschaft des Kapitäns überbracht hatte, als er und Stan Ridley den seltsamen Lotsenfisch des Hafens von Papeete diskutiert hatten. Smith ließ den rauhen Spaß so gelassen über sich ergehen, daß die Männer enttäuscht von ihm abließen und sich einem gleichfalls unbefahrenen Matrosen namens Chapman zuwandten, der mehr Spaß versprach. Sogleich durchdrang dann auch Chapmans laute, protestierende Stimme die morgendliche Stille. Die Männer strahlten entzückt.

»Det Baby kann eim leid tun«, bemerkte Toppy, breit grinsend.

»Nu werdense als nächsten wohl det gammelige Wrack, den Ridley, vornehmen, denke ick mir.«

»Oh nein, das werden sie nicht«, entgegnete Ted. »Ridley hat den Äquator schon mal überquert. Er stammt aus Tahiti. Wie wird er unter der Back denn fertig, Toppy? Geht's inzwischen besser?«

»Nich det ick wüßte, nee.« In Toppys Stimme klang Verachtung mit. »Det jute Kind is zu verflixt jeheimnisvoll. Schleicht auf Deck rum, als ob er nich mit uns reden mechte. Nee, nich det er jrade populär is, det nich.«

»Es ist ein ganz neues Leben für ihn«, beeilte sich Ted zu versichern. »Ich könnte mir denken, daß er es ziemlich hart findet.«

»Hm — un selber isser 'flaumenweich. Ick mag die janze Sorte nich. Feine Pinkels.«

Ted merkte bald, daß aus Toppy die Ansicht des gesamten Mannschaftslogis sprach. Stan Ridley mischte sich außerhalb des Dienstes nie unter die Leute. Hin und wieder sah Ted ihn mit Gorilla Smith reden; doch weshalb sich Stan ausgerechnet diesen sowenig einnehmenden Menschen aussuchte, konnte Ted nicht ergründen, es sei denn, daß gerade die Unbeliebtheit des streitsüchtigen Burschen den Jungen anzog.

Zwei Tage nach der Äquatorüberquerung sahen sie zum erstenmal Land. Backbords schwamm eine Südseeinsel ins Blickfeld. Es war zunächst nicht mehr als eine Reihe winziger Punkte fern am Horizont, doch für Ted, der auf der Brücke stand, war es ein Anblick, den er nie vergessen würde.

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»Es ist ein Südsee-Atoll, Joe Macaroni«, erklärte Kapitän Jarvis seinem jungen Dritten Offizier. »Das da gehört zur Marquesas-Gruppe — nichts als ein Sandkreis mit ein paar Palmen darauf,; rund um eine flache Lagune.«

Eifrig sah Ted zu, wie das ferne Atoll langsam Gestalt annahm.

Graziöse, schlanke Palmen hohen sich klar gegen den heißen Himmel ab; das Wasser rundum war von der tiefen Bläue südlicher Meere. »Endlich eine Insel« sagte er tiefatmend, »zum Kuckuck — ich kann's kaum glauben. Ob wir wohl auch Eingeborene sehen werden?«

Tom Jarvis lachte. »Jetzt vermutlich noch nicht. Selbst einem Eingeborenen dürfte es schwerfallen, auf einem dieser Korallenringe am Leben zu bleiben.«

Nun kamen alle paar Minuten weitere Atolle ins Blickfeld, und zwar meist zu zweit oder zu dritt. Nach backbord hin war die See mit diesen seltsamen Korallenkränzen bedeckt. »Gibt's hier Perlen?« wollte Ted wissen.

»Nicht sehr viele. Um Perlen zu finden, muß man schon südlich von Tahiti suchen, bei den Tuamotus.«

Den ganzen höllenheißen Nachmittag lang hoben sich Atolle aus dem Meer und fielen achtern zurück, doch bei vier Glasen dampfte die Araby wieder über eine Meeresfläche, die sich ununterbrochen nach dem vierundzwanzig Stunden entfernten Tahiti hinzog.

An jenem Abend schlenderte Ted nach dem Essen zur Funkbude hinauf, um sich ein Buch aus der Schiffsbibliothek zu holen, die der Funker verwaltete. Als er auf dem Bootsdeck in der Nähe des Schornsteins kurz stehenblieb, sah er gerade über sich, auf dem Steuerbordflügel der offenen Brücke, Kapitän Jarvis stehen, das Fernglas an die Augen gehoben. Ted entdeckte, der Richtung des intensiven Schauens folgend, auf offener See einen winzigen weißen Schoner.

Eine Sekunde später packte er eine Strebe und schwang sich nach oben auf die Brücke, von wo aus er mit steigendem Interesse das Fahrzeug beobachtete. Der Kurs der Araby von San Francisco nach Tahiti lag auf einer der einsamsten Meeresrouten überhaupt und seit sie die kalifornische Küste hinter sich gelassen hatten, war ihnen bis zu diesem Augenblick kein einziges anderes Schiff begegnet. Der kleine Zweimaster nun benahm sich, vielleicht eine

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Meile von ihnen entfernt, überaus merkwürdig. Er drehte und gierte in der Abendbrise, schlingerte jählings, stoppte dann mit träge flappenden Segeln. Ted fragte sich, welch ein Dummkopf dort wohl am Ruder stand.

Kapitän Jarvis ließ das Fernglas sinken und gab schnelle, heftige Befehle.

»Ruder nach backbord! Kurs auf den Schoner!«

Sofort fühlte Ted den alten Frachter nach backbord schwingen; mit halber Kraft zog er einen Bogen in Richtung des seltsamen Fahrzeugs. »Irgendwas nicht in Ordnung drüben, Sir?« fragte Ted.

Der Skipper nickte. »Seit fünfzehn Minuten beobachte ich das Schiff schon. Beim Klabautermann — der Kasten benimmt sich komisch! Der Quartiermeister hat schon rübersignalisiert, ob sie Hilfe brauchen, aber es antwortet niemand.«

Offensichtlich hatte sich die Nachricht von diesem seltsamen Schoner bereits durchs ganze Schiff verbreitet, denn Ted sah nun, wie die Mannschaft der Araby an der Verschanzung stand und intensiv zu dem kleinen Fahrzeug hinüberstarrte, dem sie sich jetzt näherten. Ted lehnte an der Reling, während ihm eine Reihe wilder Vermutungen durch den Kopf raste. War es ein Eingeborenenschiff in Not — vielleicht mit einer ansteckenden Krankheit an Bord? Hatte eine Meuterei stattgefunden, ein Kampf, bei dem nur ein paar Verwundete unter Deck übriggeblieben waren? Donnerwetter, wenn das keine geheimnisvolle Sache war!