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„Weißt du“, sagte Jankel, „wir könnten doch aus unserem Kino Nutzen ziehen.“

„Wie meinst du das?“ Ljonka machte ein erstauntes Gesicht. „Sollen wir uns dauernd mit dem popligen Schkidkino rumplagen? Unser Ideal ist doch das Staatskino.“

„Na und?“

„Wir könnten ebenfalls Eintrittsgeld nehmen.“ Ljonka überlegte.

„Quatsch. Die werden protestieren.“

„Nicht die Bohne. Wir nehmen zwei Goldkopeken. Das ist billig.“

„Nabelmann in der Prärie“ wurde bereits mit gewinnsüchtiger Berechnung aufgeführt. Der Eintrittspreis wirkte sich merklich auf die Besucherzahl aus. Am ersten Tage kamen nur zehn Personen, am zweiten noch weniger — sechs oder sieben.

„Ja, das war tatsächlich Quatsch“, gestand Jankel. „Weißt du, wir müssen was Besonderes ausknobeln.“

Und die Blutsbrüder knobelten.

Für gewöhnlich wurde ein neuer Film durch Anzeigen und Plakate in den Klassen bekanntgegeben. Diesmal verteilten die Kinounternehmer kleine Handzetteclass="underline"

Zum erstenmal seit langer Zeit war der Weiße Saal überfüllt. Mit grölendem Gelächter genossen die Schkider den reichlich unanständigen Streifen.

Doch schon am nächsten Tage stand in der Zeitung „Junkom“ folgender Artikeclass="underline"

„Zwei Genossen, die früher Mitglieder des 'Junkom', sogar seines Zentralkomitees, waren und dann wegen Disziplinlosigkeit ausgeschlossen wurden, beschäftigen sich augenblicklich mit Dingen, die sogar ihrer unwürdig sind. Sie haben ein Spielzeugkino angefertigt, in dem sie abscheuliche Filme zeigen — zudem gegen Eintrittsgeld. Wir halten es nicht für notwendig, uns lange über den zersetzenden Einfluß dieses Schkidkinos auf die Schüler der unteren Klassen zu verbreiten. Wir erklären ganz einfach: Schulleitung, schließe den Laden!“

Vikniksor las den Artikel, rief die „Kinounternehmer“ zu sich und erklärte: „Wenn das noch einmal vorkommt, werdet ihr beide ins Kloster versetzt. Vorerst kommt ihr in die fünfte Gruppe. Und nun — linksum kehrt!“

PAPIERSCHIEBUNG

Sara Solomonowna * Papier und „Eier“ * Altpapier für den Reisefonds * Gesetzbuch des Russischen Imperiums * Schiebung * Sklavenkarawane * Eingehandelle Tscherwonzen.

Sara Solomonownas Stand war eigentlich ein regelrechter Konditorladen. Den ganzen Tag stand sie hinter dem Ladentisch, von Büchsen mit Bonbons, Kandiszucker, Pfefferkuchen und Schokolade umgeben.

„Madame!“ pflegte Sara Solomonowna zu rufen. „Madamchen, haben Sie auch nicht vergessen, für Ihren reizenden Knaben Bonbons zu kaufen?“

Sara Solomonowna machte gute Geschäfte. Tag für Tag fuhr ihr Bruder Jascha auf einem kleinen Karren die gefüllten Bonbonbüchsen an, und abends holte er sie fast leer wieder ab. Sara Solomonowna hatte deshalb immer ein zufriedenes Gesicht. Winters und sommers stand sie von früh bis spät hinter dem Ladentisch und rief: „Bürger, warum wollen Sie Ihrer sympathischen Gattin keine Tafel Schokolade mitbringen?“

Ljonka und Jankel machten Sara Solomonownas Bekanntschaft, als sie einmal bei ihr ein Viertelpfund Streuzucker erstanden. „Bringen Sie eigentlich Ihren Stand über Nacht nach Hause?“ fragte Jankel plötzlich.

Sara Solomonowna fuhr unwillkürlich zusammen. Sie fand die Frage seltsam, ja unheimlich. Das sind wahrscheinlich Einbrecher, dachte sie. Ob sie meinen Stand aufs Korn genommen haben? „Nein“, sagte sie laut. „Ein sehr starker und ehrlicher Mann bewahrt mir den Stand auf. Er fährt ihn auf seinem eigenen Karren weg.“ „Und wieviel bezahlen Sie ihm dafür?“ forschte Ljonka. Sara Solomonowna seufzte. „Ach, fragen Sie nicht! Fünfzig Millionen muß ich ihm jeden Monat zahlen.“

„Allerhand!“ entfuhr es Jankel. „So ein Gauner!“ knurrte Ljonka. „Warum wollt ihr das wissen?“ fragte Sara.

„Wir würden Ihnen den Stand für zwanzig Millionen wegbringen“, erklärte Ljonka.

Sara Solomonowna warf den Jungen einen ungläubigen Blick zu, willigte jedoch sofort ein.

„Gut! Es ist zwar sehr verdächtig, aber ihr macht es billiger, und außerdem ist der Karren in meiner eigenen Wohnung sicherer. Der Rothaarige hat mir neulich das Verdeck zerbrochen.“ Seitdem gingen Ljonka und Jankel täglich um sieben Uhr abends auf den Markt und brachten mit einer einzigen Fuhre sämtliche Teile des verhältnismäßig leichten Verkaufsstandes von Sara Solomonowna weg. Als sie später ihr Vertrauen gewonnen hatten, halfen sie außerdem ihrem Bruder Jascha, die Ware zu holen.

„Oh, wenn ihr wüßtet, Jungens“, sagte Sara Solomonowna eines Tages, „wie schwer es ein Händler heutzutage hat. Alles ist teurer — der Gewerbeschein und die Steuern… selbst das Einwickelpapier. Das kostet mehr als die Ware.“

„Was kostet das Papier jetzt?“ erkundigte sich Jankel aus reiner Höflichkeit.

„Ach, fragt mich nicht!“ Sara seufzte. „Dreißig Millionen kostet das Pud.“

Als die Freunde den Stand in Saras Wohnung am Jekaterina-Kanal geschafft hatten und in die Schule zurückkehrten, sagte Ljonka: „Weißt du was? Ich hab' eine Idee. Wir wollen Papier sammeln.“

„Wie?“ rief Jankel.

„Ja, Papier sammeln. Ein Pud haben wir schnell, wenn wir alle alten Hefte und Zeitungen zusammensuchen. Das Pud bringt zwei Goldrubel, das ist ein netter Zuschuß zu unserem Fonds.“ „Stimmt!“ Jankel machte ein nachdenkliches Gesicht. „Wir können es ja versuchen — vielleicht bringt uns das der Verwirklichung unserer Idee näher…“ Er lächelte. „Baku…“, murmelte Ljonka verträumt.

Von diesem Tage an sammelten sie Papier. Zuerst alte, vollgeschriebene Hefte und Zeitungen. Das ergab nicht viel — je Stück ein Viertelpfund. In einer Woche hatten sie zwölf Pfund beisammen. „Puh, ist das 'ne mühselige Klauberei“, stöhnte Jankel. Trotzdem hatten sie in einem knappen Monat bereits ein Pud und sechs Pfund gesammelt. Dieses Papier verkauften sie Sara Solomonowna für fünfundzwanzig „Eier“. Außerdem bekamen sie von ihr den Monatslohn für den Standtransport. Ihr „Fonds“ enthielt schon ungefähr fünf Goldrubel.

Und dann kam noch etwas hinzu…

Eines Tages wollte sich Jankel aus der Schulbibliothek ein neues Buch holen. Er suchte in den verstaubten Regalen nach Knut Hamsuns „Hunger“. Die Bibliothekarin Maria Fjodorowna saß am Tisch und tauschte anderen Hooliganiern die Bücher ein. Durch die Schränke war Jankel ihren Blicken entzogen. Er kletterte auf der Leiter zum obersten Regal, in der Hoffnung, dort sein Buch zu finden. Statt dessen stieß er auf gänzlich verstaubte Schwarten, die als Lektüre für die heutige Jugend völlig ungeeignet waren.

Es handelte sich um das „Gesetzbuch des Russischen Imperiums“ und den „Regierungsboten“ von 1869. Etwa hundert derartige Bücher standen auf dem Regal.

Jankel zog einen Band des „Gesetzbuches“ hervor. Er war zwar nicht sehr dick, mochte jedoch mindestens zehn Pfund wiegen. Ohne lange zu überlegen, steckte sich Jankel nach einem vorsichtigen Rundblick das „Gesetzbuch“ unter die Jacke in den Gürtel, verließ unbemerkt die Bibliothek und ging in die Klasse.

„Ein Zuschuß zu unserem Fonds!“ sagte er zu Ljonka, der auf seinem Platz saß und mit großem Eifer einen miserablen Cowboy malte.

Ljonka griff nach dem Buch und blätterte darin. „Wo hast du dieses Gerumpel ausgegraben?“ erkundigte er sich. „Ja, Gerumpel ist es, bringt aber allerhand Geld“, entgegnete Jankel. „Ich hab's in der Bibliothek geklaut. Da gibt's 'nen Haufen von solchen Büchern, die kann man alle ohne weiteres mitgehen lassen.“ Ljonka überlegte.

„Eigentlich brauchen wir gar nicht zu klauen. Ich hab' einen Einfall, wie wir auf die allerehrlichste Weise reich werden können.“

„Auf ehrliche Weise?“ wiederholte Jankel verblüfft. „Ja. Das heißt, äußerlich ehrlich. In Wirklichkeit ist es 'ne Schiebung.“ „Schieß los!“ Jankel war ganz Ohr. Ljonka blätterte das Buch noch einmal durch.