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»Ich glaube, womöglich…«, begann er, aber dann verstummte er. Seine Augen wurden wieder groß und nahmen den Ausdruck an, der Ralph nicht gefiel. »Babys!« krächzte er. »Habt ihr mich verstanden? Babys!«

Ralph schubste ihn zum dritten-oder viertenmal gegen das Auto - er hatte nicht mitgezählt. »Wovon redest du, Ed?« Plötzlich kam ihm ein Gedanke. »Ist es wegen Natalie? Machst du dir Sorgen wegen Natalie?«

Ein verhaltenes, listiges Lächeln spielte um Eds Lippen. Er sah an Ralph und dem Vierschrötigen vorbei. »Dünger, hm? Nun, wenn es weiter nichts ist, macht es Ihnen sicher nichts aus, eins aufzumachen, oder?«

Der Vierschrötige sah Ralph unbehaglich an. »Der Mann braucht einen Arzt«, sagte er.

»Schon möglich. Aber er hatte sich schon etwas beruhigt, dachte ich… könnten Sie eines der Fässer öffnen? Dann würde es ihm bestimmt besser gehen.«

»Na klar, warum auch nicht. Wenn schon, denn schon.«

Wieder zuckte ein Blitz, wieder ertönte ein heftiger Donnerschlag - diesmal schien er über den ganzen Himmel zu rollen -, und ein kalter, dicker Regentropfen fiel auf Ralphs verschwitzten Nacken. Er schaute nach links und sah Dorrance Marstellar am Eingang des Picknickplatzes stehen, Buch in der Hand, und ängstlich zu ihnen herübersehen.

»Sieht so aus, als würde es gleich Katzen hageln«, sagte der Vierschrötige, »und ich darf das Zeug nicht naßwerden lassen. Das löst eine chemische Reaktion aus. Also sehen Sie schnell rein.« Er tastete einen Moment zwischen der Seitenwand und einem der Fässer, dann brachte er eine Brechstange zum Vorschein. »Ich muß so verrückt sein wie er, daß ich mich darauf einlasse«, sagte er zu Ralph. »Ich meine, schließlich war ich nur auf dem Weg nach Hause und hab mich um meine Angelegenheiten gekümmert. Er hat mich gerammt.«

»Los«, sagte Ralph. »Es dauert ja nur einen Augenblick.«

»Klar«, entgegnete der Vierschrötige verdrossen, drehte sich um und schob die Brechstange unter den Deckel des ersten Fasses, »aber die Erinnerung wird mich ein Leben lang begleiten.«

Da ließ ein neuerlicher Donnerschlag den Tag erbeben, daher hörte der Vierschrötige nicht, was Ed Deepneau als nächstes sagte. Aber Ralph, und dem lief dabei ein eiskalter Schauer über den Rücken.

»Diese Fässer sind voller toter Babys«, sagte Ed. »Wirst schon sehen.«

Der Vierschrötige ließ den Deckel des ersten Fasses aufschnappen, und die Überzeugung in Eds Stimme war so groß, daß Ralph halb damit rechnete, ein Durcheinander von Ärmchen und Beinchen und kahle kleine Köpfe zu sehen. Statt dessen sah er eine Mischung feiner blauer Kristalle und braunen Staubs. Der Geruch, der von dem Faß aufstieg, war voll und torfig, mit einem schwachen chemischen Beigeschmack.

»Sehen Sie? Zufrieden?« fragte der Vierschrötige, der sich direkt an Ed wandte. »Also bin ich doch nicht Ray Joubert oder dieser Dahmer. Was sagt man dazu!«

Eds Gesicht hatte wieder den verwirrten Ausdruck angenommen, und als wieder ein Donnerschlag ertönte, zuckte er leicht zusammen. Er beugte sich nach vorne, streckte eine Hand nach dem Faß aus und sah den Vierschrötigen dann fragend an.

Der große Mann nickte ihm fast mitfühlend zu, fand Ralph. »Klar, fassen Sie es nur an, mir egal. Aber wenn es regnet, während Sie die Hand voll haben, tanzen Sie wie John Travolta. Es ätzt.«

Ed streckte die Hand in das Faß, nahm etwas von der Mischung und ließ sie zwischen den Fingern durchrieseln. Er warf Ralph einen verwirrten Blick zu (der auch eine Spur Verlegenheit enthielt, fand Ralph), dann bohrte er den Arm bis zum Ellbogen in das Faß.

»He!« rief der Vierschrötige. »Das ist kein Karton Cracker Jack!«

Einen Augenblick breitete sich das listige Grinsen wieder in Eds Gesicht aus - ein Ausdruck, der sagte: Ich kenne bessere Tricks als den -, aber dann gewann wieder Verwirrung die Oberhand, als er weiter unten auch nichts anderes als Dünger fand. Als er den Arm aus dem Faß herauszog, war dieser staubig und roch nach der Mischung. Eine weitere Donnersalve explodierte über dem Flughafen. Im anschließenden Blitzschlag sahen die Gesichter von Ed und dem Vierschrötigen wie überbelichtete Fotos aus.

»Ich warne Sie, entfernen Sie das von Ihrer Haut, bevor es regnet«, sagte der Vierschrötige. Er griff zum offenen Beifahrerfenster des Ranger hinein und holte eine McDonalds-Tüte heraus. Darin kramte er und brachte ein paar Papierservietten zum Vorschein, die er Ed reichte, worauf dieser anfing, den Düngerstaub von seinem Unterarm zu reiben wie ein Mann in einem Traum. Derweil setzte der Vierschrötige den Deckel wieder auf das Faß, hieb ihn mit einer gewaltigen, leberfleckigen Faust fest und warf dabei rasche Blicke zum dunklen Himmel. Als Ed die Schulter seines weißen Hemds berührte, erstarrte der Mann, wich aus und sah Ed argwöhnisch an.

»Ich glaube, ich muß mich bei Ihnen entschuldigen«, sagte Ed, und Ralph fand, daß sich seine Stimme zum erstenmal völlig klar anhörte.

»Sie sind ja ein Herzblatt«, sagte der Vierschrötige, aber er hörte sich erleichtert an. Er spannte die Plastikplane wieder und zurrte sie mit einer Reihe rascher, zielstrebiger Griffe fest. Als er ihm zusah, fiel es Ralph wie Schuppen von den Augen, was für ein verschlagener Dieb die Zeit doch war. Einst hätte er die Schnur mit demselben Geschick festziehen können. Heute konnte er sie immer noch binden, aber er hätte mindestens zwei Minuten und vielleicht drei seiner besten Flüche dafür gebraucht.

Der Vierschrötige schlug auf die Plane, dann drehte er sich zu ihnen um und verschränkte die Arme vor seinem gewaltigen Brustkorb. »Haben Sie den Unfall gesehen?« fragte er Ralph.

»Nein«, sagte Ralph sofort. Er hatte keine Ahnung, warum er log, aber die Entscheidung dazu kam ohne Zögern. »Ich habe gerade zugesehen, wie das Flugzeug gelandet ist. Die United.«

Zu seiner völligen Überraschung wurden die roten Flecken auf den Wangen des Vierschrötigen größer. Du hast auch zugesehen! dachte Ralph plötzlich. Und du hast nicht nur zugesehen, wie sie gelandet ist, sonst würdest du nicht so erröten…du hast ihr nachgesehen, wie sie zum Terminal gerollt ist!

Diesem Gedanken folgte eine vollkommene Offenbarung: der Vierschrötige glaubte, daß der Unfall seine Schuld gewesen war, oder daß der oder die ermittelnden Polizisten es dahingehend interpretieren könnten. Er hatte das Flugzeug beobachtet und Eds tollkühne Fahrt zum Lieferantentor heraus und die Extension entlang gar nicht mitbekommen.

»Hören Sie, es tut mir wirklich leid«, sagte Ed aufrichtig, aber in Wirklichkeit sah er mehr als zerknirscht, er sah betroffen aus. Plötzlich fragte sich Ralph, wieweit er diesem Ausdruck trauen konnte, und ob er wirklich die geringste Ahnung hatte (Hey, hey, Susan Day) was hier vorgefallen war… und wer, zum Teufel, war überhaupt Susan Day?

»Ich habe mir den Kopf am Lenkrad gestoßen«, sagte Ed, »und ich schätze, das hat mir die Birne wirklich durchgeschüttelt.«

»Ja, das glaube ich auch«, sagte der Vierschrötige. Er kratzte sich am Kopf, sah zum dunklen, verhangenen Himmel hinauf und dann wieder zu Ed. »Sollen wir uns einigen, Freund?«

»Ja? Und was wäre das für eine Einigung?«

»Tauschen wir einfach Namen und Telefonnummern aus, statt die ganze Scheiße mit der Versicherung abzuziehen. Dann gehen Sie Ihrer Wege und ich meiner.«

Ed sah Ralph, der die Achseln zuckte, unsicher an, dann wieder den Mann mit der West-Side-Gardeners-Mütze.

»Wenn wir die Cops einschalten«, fuhr der Vierschrötige fort, »sitze ich nicht schlecht in der Scheiße. Wenn sie nachfragen, werden sie als erstes erfahren, daß ich letztes Jahr in einen schweren Unfall verwickelt war und mit einem provisorischen Führerschein fahre. Sie werden mir Ärger machen, obwohl ich auf der Hauptstraße war und Vorfahrt hatte. Verstehen Sie, was ich meine?«

»Ja«, sagte Ed, »ich denke schon, aber der Unfall war allein meine Schuld. Ich bin viel zu schnell gefahren…«

»Der Unfall selbst ist wahrscheinlich gar nicht so wichtig«, sagte der Vierschrötige, der mißtrauisch zu einem näherkommenden Kleinbus sah, der an der Böschung hielt. Er sah Ed wieder an und fuhr hektisch fort. »Sie haben etwas Öl verloren, aber es hat aufgehört zu tropfen. Ich wette, Sie könnten damit nach Hause fahren… wenn Sie hier in der Stadt wohnen. Sie wohnen doch hier in der Stadt?«