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»Ja«, sagte Ed.

»Und ich würde mich an der Reparatur beteiligen, bis fünfzig Piepen oder so.«

Ralph hatte wieder eine Offenbarung; nur damit ließ sich der plötzliche Sinneswandel des Mannes erklären, der von Trotz zu etwas wie Einschmeichelei ging. Ein Unfall letzten Winter? Ja, wahrscheinlich. Aber Ralph hatte noch nie von einem provisorischen Führerschein gehört und fand, daß das mit ziemlicher Sicherheit Quatsch war. Der alte Mr. West Side Gardeners war ohne Führerschein gefahren. Und was die Situation noch komplizierter machte: Ed sagte die Wahrheit der Unfall war einzig und allein seine Schuld gewesen.

»Wenn wir einfach weiterfahren und es dabei bewenden lassen«, fuhr der Vierschrötige fort, »müßte ich die Sache mit meinem Unfall nicht nochmal erklären, und Sie müssen nicht erklären, warum Sie aus Ihrem Auto gesprungen sind, mich geschlagen und etwas von einer Wagenladung toter Babys gefaselt haben.«

»Habe ich das wirklich gesagt?« fragte Ed, der sich bestürzt anhörte.

»Das wissen Sie doch ganz genau«, antwortete der Vierschrötige grimmig.

Eine Stimme mit weichem französisch-kanadischen Akzent fragte: »Alles in Ordnung ‘ier, Leute? Niemand verletzt?… Eee, Ralph! Bist du das?«

Auf dem Kleinbus, der an den Straßenrand gefahren war, stand Trockenreinigung Derry, und Ralph erkannte den Fahrer als einen der Brüder Vachon aus Old Cape. Wahrscheinlich Trigger, der jüngste.

»Ja«, sagte Ralph, ging, ohne zu wissen warum oder sich nach dem Grund zu fragen, zu Trigger, legte ihm einen Arm um die Schultern (dafür war heute sein Tag, schien es) und führte ihn in Richtung des Wäschereiwagens zurück.

»Die Jungs okay?«

»Bestens, bestens«, sagte Ralph. Er drehte sich um und sah, daß Ed und der Vierschrötige neben dem Kleinlaster standen und die Köpfe zusammensteckten. Ein weiterer kalter Regenschauer fiel hernieder und prasselte wie ungeduldige Finger auf die blaue Plane. »Blechschaden, mehr nicht. Sie einigen sich gerade.«

»Schön, schön«, sagte Trigger Vachon beruhigt. »Wie geht’s der ‘übschen kleinen Frau, Ralph?«

Ralph zuckte zusammen und fühlte sich plötzlich wie ein Mann, dem in der Mittagspause einfällt, daß er vergessen hat, den Herd abzuschalten, bevor er zur Arbeit gegangen ist. »Mein Gott!« sagte er, sah auf die Uhr und hoffte auf 17:15 Uhr, höchstens 17:30. Aber er sah, daß es zehn Minuten vor sechs war. Zwanzig Minuten über der Zeit, wo Carolyn darauf wartete, daß er ihr eine Tasse Suppe und ein halbes Sandwich brachte. Sie würde sich Sorgen machen. Bei den Blitzen und dem Donner, der durch das Apartment hallte, würde sie wahrscheinlich regelrecht verängstigt sein. Und wenn es regnete, würde sie die Fenster nicht schließen können; sie hatte fast keine Kraft mehr in den Händen.

»Ralph?« fragte Trigger. »Was ist denn los?«

»Nichts«, sagte er. »Ich bin nur spazierengegangen und habe jedes Zeitgefühl verloren. Dann ist dieser Unfall passiert, und… könntest du mich nach Hause fahren, Trig? Ich bezahle es dir.«

»Mußt mir nix zahlen«, sagte Trigger. »Liegt auf meinem Weg. ‘üpf rein, Ralph. Glaubst du, die Jungs kommen zurecht? Gehn nicht aufeinander los oder so?«

»Nein«, sagte Ralph. »Glaube ich nicht. Einen Moment noch.« »Klar.«

Ralph ging zu Ed. »Alles in Ordnung? Könnt ihr euch einigen?«

»Ja«, antwortete Ed. »Wir werden uns privat einigen. Warum auch nicht? Letztlich läuft es nur auf ein paar Glasscherben hinaus.«

Er hörte sich an, als wäre er wieder ganz der Alte, und der große Mann im weißen Hemd betrachtete ihn fast mit so etwas wie Respekt. Ralph fühlte sich immer noch unbehaglich und verwirrt angesichts des Vorfalls hier, aber er beschloß, es dabei bewenden zu lassen. Er mochte Ed Deepneau sehr, aber Ed Deepneau war diesen Sommer nicht seine größte Sorge; das war Carolyn. Carolyn und das Ding, das angefangen hatte, spät nachts in den Wänden ihres Schlafzimmers zu ticken - und in ihrem Inneren.

»Prima«, sagte er zu Ed. »Ich muß nach Hause. Ich mache Carolyn neuerdings das Essen, und ich bin viel zu spät dran.«

Er drehte sich um. Der vierschrötige Mann hielt ihn mit der ausgestreckten Hand auf. »John Tandy«, sagte er.

Er schüttelte die Hand. »Ralph Roberts. Freut mich, Sie kennenzulernen.«

Tandy lächelte. »Unter den Umständen bezweifle ich das irgendwie… aber ich bin echt froh, daß Sie dazugekommen sind. Einen Moment dachte ich wirklich, wir würden in den Clinch gehen.«

Ich auch, dachte Ralph, sagte es aber nicht. Er sah Ed an und betrachtete das ungewohnte T-Shirt, das an Eds spindeldürrer Taille klebte, und den weißen Seidenschal mit den roten chinesischen Schriftzeichen darauf. Der Ausdruck in Eds Augen gefiel ihm nicht ganz, als sie einander ansahen; möglicherweise war Ed doch noch nicht ganz der alte.

»Sicher, daß alles okay ist?« fragte Ralph ihn. Er wollte gehen, wollte nach Hause zu Carolyn, und doch zögerte er irgendwie. Das Gefühl blieb, daß diese Situation alles andere geklärt war.

»Ja, bestens«, sagte Ed hastig und schenkte ihm ein breites Lächeln, das nicht bis in die dunkelblauen Augen drang. Sie studierten Ralph eindringlich, als wollten sie erkunden, wieviel er gesehen hatte… und an wieviel (Hey, hey, Susan Day) er sich später erinnern würde.

Das Innere von Trigger Vachons Kleinbus roch nach sauberer, frisch gebügelter Kleidung, ein Geruch, der Ralph aus unerfindlichen Gründen immer an frisch gebackenes Brot erinnerte. Es gab keinen Beifahrersitz, daher blieb er mit einer Hand am Türgriff und der anderen am Rand eines Dandux-Wäschekorbs stehen.

»Mann, das sah vielleicht merkwürdisch aus da ‘inten«, sagte Trigger, der in den Außenspiegel sah.

»Du hast ja keine Ahnung«, antwortete Ralph.

»Isch kenne den Mann, der den Reisbrenner gefahren ‘at Deepneau ist sein Name, ‘at eine ‘übsche kleine Frau, bringt manschmal Sachen vorbei. Normalerweise scheint er ein netter Kerl zu sein.«

»Heute war er auf jeden Fall nicht er selbst«, sagte Ralph.

»‘atte ‘ummeln im Arsch, was?«

»Ich glaube eher, das war ein ganzer Ameisenhaufen.«

Darüber mußte Trigger laut lachen und schlug auf das abgegriffene Plastik des großen Lenkrads. »Ganzer Ameisen’aufen! Schön! Schön! Das muß isch mir merken!« Trigger wischte sich die tränenden Augen mit einem Taschentuch, das fast so groß wie eine Tischdecke war. »‘at ausgesehn, als wäre Mr. Deepneau aus der Lieferantenzufahrt des Flug’afens gekommen.«

»Das stimmt.«

. »Man braucht einen Paß dafür«, sagte Trigger. >Was meinst du, wie ‘at Mr. Deepneau einen Paß bekommen?«

Ralph dachte stirnrunzelnd darüber nach, dann schüttelte er den Kopf. »Ich weiß nicht. Darüber habe ich gar nicht nachgedacht. Ich muß ihn fragen, wenn ich ihn das nächstemal sehe.«

»Mach das«, sagte Trigger. »Und frag ihn, wie es den Ameisen geht.« Das löste eine erneute Lachsalve aus, die wiederum das obligatorische Taschentuch noch einmal in Aktion treten ließ.

Als sie von der Extension auf die Harris Avenue abbogen, brach das Unwetter schließlich los. Es hagelte nicht, aber der Regen fiel als außergewöhnlicher Sturzbach, und zwar anfangs so heftig, daß Trigger den Wagen fast bis auf Schrittempo bremsen mußte. »Mann!« sagte er ehrfürchtig. »Das erinnert misch an den großen Sturm von ‘85, als die ‘albe Innenstadt in den Kanal gestürzt ist! Erinnerst du disch, Ralph?«

»Ja«, sagte Ralph. »Hoffentlich passiert es nicht wieder.« »Nee«, sagte Trigger, der grinste und an den hektisch rudernden Scheibenwischern vorbeisah, »sie ‘aben das Abwassersystem inzwischen völlisch renoviert. Super!«

Die Kombination von kaltem Regen und warmem Innenraum ließ die Windschutzscheibe beschlagen. Ohne nachzudenken streckte Ralph einen Finger aus und malte Zeichen in den Dampf: