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«Es sieht hier überall so aus«, sagte William Romney.»Im ganzen Haus. Überall, bis auf das Gästezimmer. Dort waren sie gerade zu Gange, als wir sie gestört haben. Die Polizei sagt.«

Emma war im Gästezimmer, lag wach auf dem Bett, hatte Augen so dunkel wie Rußflecken. Ihre Wangen waren angeschwollen und aufgedunsen, und da, wo die Schläge sie getroffen hatten, waren rote Stellen zu sehen. Ihre Unterlippe war aufgesprungen, und eine Augenbraue endete in einer Hautabschürfung.

«Hallo«, sagte ich unpassenderweise und zog einen Stuhl heran, um mich neben sie ans Bett zu setzen. Ihr Großvater stand unschlüssig herum und gab besorgte Laute von sich, weil er offensichtlich über die dunkler werdenden Flecken neu beunruhigt war, wodurch er Emma aber nur noch mehr ermüdete. Er sah noch viel verstörter aus, als ich ihn bat, allein mit Emma sprechen zu dürfen, kehrte aber schließlich zögernd in die Wüstenei des Erdgeschosses zurück.

Ich nahm Emmas Hand in die meine.

«David.«

«Warten Sie noch ein bißchen«, sagte ich.»Und dann erzählen Sie.«

Sie nickte kaum merklich. Sie lag auf den Decken des ungemachten Bettes, trug noch das braunweiß karierte Kleid und hatte zwei unbezogene Kissen unter dem Kopf und eine geblümte Steppdecke über den Beinen.

Im Zimmer brannte ein voll aufgedrehter Gasofen, und es war sehr warm, doch Emmas Hand fühlte sich kalt an.

«Ich hab alles der Polizei gesagt«, begann sie schließlich.»Ich glaube, es waren Norweger.«

«Die beiden Männer?«

Sie nickte.»Sie waren groß. sie hatten dicke Pullover an und Gummihandschuhe. sprachen mit Akzent.«

«Fangen Sie doch von vorne an«, sagte ich.

«Wir sind hergekommen, um ein paar Sachen zum Umziehen für mich zu holen. Ich fühlte mich langsam etwas besser. Im

Erdgeschoß brannte ein Licht, und ich dachte, Mrs. Street, die nach dem Haus sieht, hätte es brennen lassen. aber als ich die Haustür aufschloß und den Flur betrat, da fielen sie über mich her. Sie knipsten alle Lampen an. Ich sah das Chaos. Einer von ihnen schlug mir ins Gesicht, und ich schrie nach Großvater. als er hereinkam, stießen sie ihn nieder. so leicht, es war schrecklich. und sie traten ihn. Einer von den beiden fragte mich, wo Bob seine Papiere versteckt hielte. und als ich nicht sofort antwortete, schlug er einfach weiter. mir ins Gesicht. mit den Fäusten. ich antwortete ihm nicht, weil ich es nicht wußte. Bob versteckte nie etwas. versteckte. o Gott.«

Ihre Finger schlossen sich um die meinen.

«Schon gut, schon gut, Emma«, sagte ich und wollte ihr damit nur zu verstehen geben, daß ich sie verstand.»Machen Sie eine kleine Pause.«

Wir warteten, bis ihre Anspannung etwas nachgelassen hatte — dann schluckte sie und versuchte es von neuem.

«Dann klingelte das Telefon, und das schien sie zu beunruhigen. Sie sprachen miteinander, stießen mich in einen Sessel. und gingen weg. durch die Haustür hinaus. Großvater stand vom Boden auf, aber das Klingeln hörte auf, bevor er an den Apparat kam. Dann hat er jedenfalls die Polizei angerufen.«

Die müde Stimme verstummte. Ich fragte:»Hatten die beiden Männer Masken auf?«

«Nein.«

«Würden Sie sie wiedererkennen?«

«Die Polizei hat das auch schon gefragt. sie wollen, daß ich mir ein paar Fotos anschaue. aber ich weiß nicht. ich wollte verhindern, daß sie mir weh taten. ich habe versucht, die Hände vors Gesicht zu halten. und die Augen zugemacht.«

«Wie steht’s mit Ihrem Großvater?«

«Er meint, er würde sie wiedererkennen. aber es ging ja alles so schnell.«

«Ich nehme an, die Männer haben nicht gesagt, nach welchen Papieren sie suchten?«

Sie schüttelte bekümmert den Kopf.»Auch das hat mich die Polizei schon gefragt. Immer wieder.«

«Ist schon gut«, sagte ich.»Wie fühlt sich Ihr Gesicht jetzt an?«

«Fürchterlich steif. Aber Dr. West hat mir ein paar Pillen gegeben. Er will morgen wieder nach mir sehen.«

«Hier?«

«Ja. ich wollte nicht zu Großvater zurück. Hier. mein Zuhause ist hier.«

«Sollen wir mal ein ordentliches Bett bauen?«

«Nein, danke. Es ist sehr angenehm so. bin zu müde, um mich noch bewegen zu können.«

«Dann werde ich mal runtergehen und Ihrem Großvater helfen.«

«Gut. «Plötzlich überfiel die Angst sie wieder.»Aber Sie fahren doch nicht wieder weg, nicht wahr?«

Ich versprach ihr zu bleiben und legte mich später in Hemd und Hose auf dem freigeräumten Sofa im Wohnzimmer schlafen, einer Oase in dieser Trümmerwüste. William Romney, der mit allem fast überfordert war, hatte ein starkes Beruhigungsmittel genommen und schnarchte leise auf dem Doppelbett im Schlafzimmer der Shermans. Und so war es zwischen drei und fünf Uhr morgens still und dunkel im Haus.

Dann wachte ich plötzlich von einem leisen Wimmern wieder auf, das wie das Klagen eines Tieres im Schneesturm klang.

«David.«

Es war Emma, die mit drängender und zittriger Stimme von oben herabrief.

Ich schob die Wolldecke beiseite, sprang auf und rannte schnell hinauf. Ich hatte die Tür offen und den Gasofen angelassen, und als ich ins Zimmer kam, konnte ich in ihren großen, dunklen Augen lesen, daß die letzte und schrecklichste Katastrophe über sie hereingebrochen war.

«David. «Die Trostlosigkeit in ihrer Stimme war unermeßlich.»David. ich blute.«

Sie verlor das Baby und beinahe auch das Leben. Drei Tage nachdem sie ein Krankenwagen mit Blaulicht abgeholt hatte, besuchte ich sie (erst nach drei Tagen, weil man nicht früher zu ihr durfte) und war überrascht, daß sie sogar noch blasser als in Oslo aussah, sofern dies überhaupt noch möglich war. Die Schwellungen in ihrem Gesicht waren abgeklungen, aber die blauen Flecken waren noch da. Ihr Blick war teilnahmslos, was mir ein Segen zu sein schien.

Der Fünfminutenbesuch blieb oberflächlich.

«Nett, daß Sie gekommen sind.«

«Ich habe Ihnen ein paar Weintrauben mitgebracht.«

«Wie lieb.«

«Das mit dem Baby tut mir leid.«

Sie nickte vage, aber irgendeine Droge linderte sicher auch diesen Schmerz.

«Hoffentlich geht es Ihnen bald wieder besser.«

«O ja. Ja, das wird es schon.«

William Romney zitterte vor Wut, stapfte empört in meinem Büro auf und ab.

«Ist Ihnen klar, daß es morgen schon eine Woche her ist, daß wir überfallen worden sind, und keiner irgendwas unternommen hat? Leute können sich doch nicht einfach in Luft auflösen. irgendwo müssen diese Männer ja stecken. warum kann die

Polizei sie nicht ausfindig machen? Es geht doch nicht an, daß solche Gangster einfach in das Haus einer schutzlosen jungen Frau eindringen, alles kurz und klein schlagen und sie so schwer verletzen, daß sie fast stirbt. Es ist eine Schande, daß die Polizei diese elenden Mistkerle noch nicht.«

Für ihn ein starkes Wort — er schien selber fast überrascht zu sein, daß er es benutzt hatte, und nichts hätte die Heftigkeit seiner Empfindungen besser zum Ausdruck bringen können.

«Wie ich höre, konnten weder Sie noch Emma die Männer nach den Polizeifotos identifizieren«, sagte ich — ich hatte das mit Hilfe eines freundlichen Kontakts zur Polizei überprüft.

«Sie waren nicht dabei. Es gab keine Fotos von ihnen. Das überrascht mich auch nicht. warum beschafft denn die Polizei keine Bilder von norwegischen Gaunern, damit wir uns die mal anschauen können?«

«Das würde wohl eher darauf hinauslaufen, daß Sie beide nach Norwegen reisen«, sagte ich.»Aber Emma ist dazu weder physisch noch psychisch in der Lage.«

«Dann fahre eben ich«, sagte er streitlustig.»Ich fahre auf meine eigenen Kosten. Ich mache alles. alles, damit diese Männer ihre Strafe für das bekommen, was sie Emma angetan haben.«

Sein schmales Gesicht war ganz rot, so ärgerlich war er. Ich fragte mich, ob nicht ein Teil seines Zorns einem unnötigen Schuldgefühl entsprang, weil er nicht jung und kräftig genug war, um Emma vor zwei aggressiven Schlägertypen zu schützen oder sie aus deren Fängen zu befreien. Er bot Wiedergutmachung in Form von Mühen und Kosten an, und ich sah keinen Grund, ihm eine Reise auszureden, die ihm, wenn schon keine konkret hilfreichen Resultate, so doch wenigstens inneren Frieden bringen würde.