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«Arne hat das Geld selbst gestohlen«, sagte ich.»Um einen Grund für das Verschwinden Bob Shermans zu liefern.«

«Unsinn.«

«Die meisten der im Büro der Rennleitung anwesenden Leute waren der Meinung, das Geld sei schon im Safe. Und das war es auch. Arne selbst hatte es hineingetan, so wie immer. Er besitzt Schlüssel zu allen Toren, zu allen Gebäuden, zu jeder Tür auf der gesamten Anlage. Er hat das Geld nicht in den fünf Minuten an sich genommen, als der Raum zufällig leer war. Dazu hatte er die ganze Nacht Zeit.«

«Das glaube ich nicht. Arne Kristiansen ist ein angesehener Angestellter der Rennbahn.«

Sandvik saß da und hörte mir mit geduldiger Höflichkeit zu, so als hätte er einen langweiligen Gast am Hals.

«Bob Sherman hat ein Päckchen mit Papieren aus England mitgebracht«, sagte ich.

«Ja, Sie haben schon mal danach gefragt. Und ich habe Ihnen gesagt, daß ich darüber nichts weiß.«

«Unglücklicherweise war er neugierig. Er öffnete das Päckchen und sah, was er nicht sehen sollte. Das muß er auf dem Flug nach Oslo gemacht haben, denn er ließ einen Teil des Inhalts in Fornebu in einem Schließfach zurück.«

Per Bj0rn drehte seinen gutaussehenden Kopf. Er sah Knut an, nicht mich, und sagte etwas auf norwegisch. Knut machte Gesten des Bedauerns und der Hilflosigkeit und sagte kein Wort.

«Bob Sherman war allzusehr in Projekte vernarrt, die schnellen Reichtum verhießen«, sagte ich.»Er bekam etwas dafür, daß er den Umschlag aus England mitbrachte, aber er dachte sich, er könnte seine Honorarforderung etwas erhöhen. Natürlich ein schwerer Fehler. Er bekam für all seine Mühen eins übergebraten. Und niemand merkte, daß er den Umschlag geöffnet und etwas herausgenommen hatte. Das stellte sich erst lange nach seinem Tod und dem Begräbnis im Teich heraus.«

Per Bj0rn saß unbewegt da und wartete darauf, daß die lästige Mücke endlich aufhören würde, um ihn herumzusirren.

Aber ich sirrte noch ein bißchen weiter.

«Denn was er herausgenommen hatte, war in gewisser Weise ein Doppel dessen, was er drin gelassen hatte.«

Diesmal saß es. Seine Augenmuskeln zuckten. Er wußte, daß ich es bemerkt hatte. Er lächelte.

Ich sagte:»Bob Sherman versteckte den Schlüssel zu dem Schließfach in Fornebu vorsichtshalber in seinem Sturzhelm. Seine Leiche wurde aus dem Teich gefischt, weil inzwischen entdeckt worden war, daß er ein Papier aus dem Umschlag genommen hatte, aber die Durchsuchung seiner vollgesogenen Kleidung und seiner Reisetasche förderte nichts zutage. Und auch die Durchsuchung seines Hauses in England nicht. Als mir endlich dämmerte, was da offensichtlich vor sich ging, und ich mich fragte, ob Bob das fehlende Objekt nicht vielleicht in seinem Rennsattel oder seinem Sturzhelm versteckt hatte, waren andere auch schon auf diese Idee gekommen. Sein Sattel, der noch einen Monat nach Shermans Verschwinden an seinem Haken im Umkleideraum gehangen hatte, war plötzlich nirgends mehr zu finden.«

Er saß da. Schwieg.

«Der Helm und der Sattel gehörten nun aber nicht mehr Bob, sondern Paddy O’Flaherty. Ich habe das Arne erzählt. Und auch, daß ich den Schlüssel gefunden hatte.«

Per Bj0rn schlug ein Bein über das andere, holte seine Zigaretten heraus und hielt sie in die Runde. Als keiner eine wollte, steckte er sein Etui wieder in die Tasche und zündete sich eine an. Die Hand, die das Gasfeuerzeug hielt, war absolut ruhig.

«Ich erzählte ihm aber nicht, daß wir das Schließfach schon geöffnet und nachgesehen hatten, was drin war«, sagte ich.»Wir wollten herausbekommen, wer außer Arne nach dem fehlenden Papier sucht, weshalb wir der betreffenden Person die Gelegenheit verschafften, es zu finden.«

«Genial«, sagte er.»Wie schade, daß Sie den grundlegenden Fehler begangen haben anzunehmen, daß Arne Kristiansen etwas mit Bob Shermans Tod zu tun hat. Wenn er sich all das hätte zuschulden kommen lassen, was Sie da aufgeführt haben, dann wäre das natürlich eine hervorragende Falle gewesen. So aber.«

Er zuckte leicht die Achseln. Knut sah beunruhigt aus.

«Da war noch das Problem der zwei Männer, die Bob Shermans Haus durchsucht hatten«, sagte ich.»Wenn wir sie nicht fortlockten, hätte man sie mit dem Auftrag losschicken können, den Schlüssel zu holen und das Schließfach zu öffnen. Folglich lieferten wir ihnen einen Grund, Oslo zu verlassen. Wir erfanden einen möglichen Augenzeugen für den Mord an Bob

Sherman. Ich sagte nur Arne Kristiansen, daß ich nach Lillehammer fahren würde, um mich mit diesem Mann zu treffen, und bat ihn, mich zu begleiten. Im Zug erzählte ich ihm von dem Schlüssel und daß ich diesen Schlüssel der Polizei übergeben wolle, wenn ich wieder in Oslo sei. Ich sagte ihm, die Polizei erwarte von mir, daß ich ihr sofort nach meiner Rückkehr Bericht erstatten und sie wissen lassen würde, was mir der Mann in Lillehammer mitgeteilt hatte. Für Arne bedeutete das alles, daß, sollte ich nicht zurückkehren, die Suche sofort beginnen würde und dann vielleicht keine Gelegenheit mehr wäre, den Schlüssel aus meinem Hotelzimmer zu holen. Also mußte das schnellstens geschehen, auch wenn es riskant war.«

Ich machte eine Pause.»Sie haben ihn geholt«, sagte ich dann.

«Nein.«

«Sie glaubten, niemand außer Arne und mir wüßte etwas von der Existenz des Schlüssels. Sie haben sich geirrt. Sie glaubten, es gebe einen möglichen Augenzeugen für den Mord an Bob Sherman, und schickten Ihre beiden Schläger los, damit sie sich um ihn kümmerten. Sie erwarteten außerdem, daß die beiden auch mich um die Ecke bringen würden. Aber was das angeht, sind die beiden ziemliche Versager. Sie sollten sie feuern.«

«Das ist doch lächerlich«, sagte er.

Ich fuhr fort:»Ich sagte den Leuten im Grand Hotel, sie sollten sich keine Sorgen machen, wenn jemand käme und nach meiner Zimmernummer oder dem Zimmerschlüssel fragte. «Was denen nach der ganzen Versteckspielerei der vergangenen Tage recht seltsam vorgekommen sein mußte.»Wir haben alles so leicht gemacht, wie wir nur konnten.«

Er sagte nichts. Knut hatte das Zimmer mit Anthracenstaub eingesprüht, der unsichtbar an Haut und Kleidungsstücken hängenbleibt und unter einer UV–Lampe fluoresziert. Jeder, der in meinem Zimmer gewesen war und das bestritt, würde so der Lüge überführt werden. Per Bj0rn hatte sich jedoch so etwas gedacht und deshalb nicht geleugnet. Er mußte während seiner wortlosen Fahrt von Fornebu zum Polizeirevier schnell und scharf überlegt haben. Von dem Anthracen konnte er nichts wissen, mußte aber wohl davon ausgegangen sein, daß eine Falle, die in vielerlei Hinsicht so raffiniert war, in anderer nicht naiv sein konnte.

Ich sagte:»Das Papier, nach dem Sie gesucht haben, ist die graphische Darstellung eines Bohrkerns, der aus der Zone fünfundzwanzig/sechs der Nordsee stammt.«

Er schluckte diese Überraschung, als bestünde er ganz und gar aus Styropor.

Ich ließ nicht locker.»Das Papier wurde im Wessex-Wells Research Laboratory in Dorset, England, gestohlen, und die Information, die es enthält, war Eigentum der Interpetro Oil Company. Es zeigt außergewöhnlich ölreiches Gestein von großer Porosität und Permeabilität. In einer Tiefe von vierzehntausend Fuß.«

Es schien, als hätte er fast zu atmen aufgehört. Er saß vollkommen bewegungslos da, während der Rauch von der Zigarette zwischen seinen Fingern so gerade emporstieg, als wäre er ein Sinnbild der Aufrichtigkeit.