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«Gute Reise?«fragte er.»Sie sehen…«Er zögerte.

«Ja«, sagte ich gedehnt,»ich weiß — ich sehe mitgenommen aus.«

Er lächelte. Es lohnte sich, auf dieses Lächeln zu warten. Aus einem Lächeln kann man eine Menge herauslesen, und was Walt mir zeigte, war ein gutes Lächeln.

«Was ist mit >Snail-Express<?«erkundigte ich mich.

Er nahm eine Liste vom Schreibtisch.»Sehr gefällige Leute. Nur haben sie leider an den beiden Tagen fünfunddreißig Lastwagen unterwegs gehabt, die sich in westlicher Richtung auf der Autobahn befunden haben könnten. «Er überreichte mir mitleidig das Papier.»War ja auch ein Schuß ins Blaue.«

«Hm. «Ich sah mir die Liste von Namen und Adressen an und warf dann einen Blick auf meine Uhr.»Wir sollten sie lieber doch überprüfen.«

«Das habe ich beinahe befürchtet. «Eine Spur von Niedergeschlagenheit machte sich bei ihm bemerkbar.

Ich lächelte ihn an.»Wenn Sie wollen, fange ich damit an. Können Sie mir einen Laden nennen, wo man rasch gute Fotovergrößerungen bekommt?«Er nickte und sagte mir eine Adresse. Ich gab ihm das Negativ.»Die linke obere Ecke. Das Pärchen — der junge Mann und das Mädchen. «Er nickte wieder.»Und hier ist das Taschentuch. «Ich holte es aus der

Tasche.»Ich möchte Sie darum bitten, damit durch alle Büros dieser Etage und vielleicht auch der fünften zu gehen und jeden einzelnen zu fragen, was er davon hält.«

Walt besah sich das kleine weiße Viereck neugierig.

«Ein >Yogi-Bär<. Und was soll das?«

«Es gehört einem Mädchen, das über Chrysalis vielleicht mehr weiß, als sie sollte. Dem Mädchen auf dem Negativ.«

«Wenn wir sie finden, haben wir auch das Pferd?«Die Frage klang halb ungläubig, mit einem Unterton beginnender Erregung.

«Möglich.«

«Na gut. «Er stand schon an der Tür.»Bis später.«

Ich studierte die Liste. Die Firma >Snail Express< hatte sich wirklich alle Mühe gegeben. Neben den meisten Namen standen zwei Anschriften — die alte und die neue.

Dahinter stand jeweils ein Datum und der Ort, an dem der Möbeltransporter nachher wieder abgeliefert worden war. Bei den östlicher gelegenen Adressen standen viele Telefonnummern, aber nach Westen hin wurden sie seltener.

Ich arbeitete mich stur durch die Liste. Wenn neue Hausbewohner nach den neuen Nummern ihrer Vorgänger suchten, entstanden gelegentlich lange Pausen. Ich erklärte, ich riefe von der Firma >Snail Express< an und wolle mich erkundigen, ob man mit uns zufrieden sei, ob es Beschwerden gebe oder vielleicht irgendwelche Vorschläge. Ich bekam mehr Lob als Tadel zu hören und konnte mit der Zeit siebenundzwanzig Adressen von der Liste streichen.

Als Walt wieder hereinkam, zerbiß ich gerade das Ende eines seiner Bleistifte und dachte darüber nach, was als nächstes zu tun sei. Es war 15.00 Uhr. Er hatte unterwegs gegessen, trug aber ein großes, weiß eingewickeltes Paket bei sich, das er behutsam öffnete. Sechs Vergrößerungen von Peters Negativ, linke obere Ecke, in verschiedenen Größen, von Postkarte bis Briefbogengröße. Auf den kleineren Bildern waren die Gesichter am deutlichsten zu erkennen, während sie auf den größeren zu sehr verschwommen waren.

«Bis heute abend können Sie so viele Abzüge haben, wie Sie wollen. Wir müssen sie nur sofort bestellen.«

«Dann bestellen Sie sechs Stück in Postkartengröße.«

«In Ordnung. «Er griff nach dem Hörer, drückte auf ein paar Knöpfe und bestellte.

Der Junge und das Mädchen standen nebeneinander, die Gesichter ein wenig nach links gewandt. Dort saßen wir unter dem Sonnenschirm. Ihre Gesichter wirkten gelassen, nett und einander ein wenig ähnlich. Der Junge hatte allerdings dunkleres Haar. Auch die Größe der beiden war fast gleich. Einer seiner Knöpfe war entweder offen oder abgerissen. Das Mädchen trug am linken Handgelenk eine Uhr mit auffallend breitem Band. Als sie sich am Pfosten festhielt, hatte sie die Uhr nicht getragen.

«Echt amerikanische Typen«, bemerkte Walt.»Und nun?«

«Nun möchte ich wissen, was Sie über das Taschentuch gehört haben.«

Walt zog es hervor. Es war nicht mehr so frisch und nicht mehr so schön glatt wie zuvor.

«Fünfzehn sagten >Yogi-Bär<, zehn >laß mich in Ruhe<, sechs redeten Blödsinn, einer sagte >Yellowstone Park<.«

«Wie bitte?«

«Yellowstone Park.«

«Warum denn das?«

«Dort lebt doch der >Yogi-Bär<. Auf den Zeichnungen heißt das zwar >Jellystone<, aber gemeint ist der YellowstoneNationalpark.«

«In dem Park gibt’s noch wirkliche Bären?«»Natürlich.«

«Naturwunder — Ferienziel, stimmt’ s?«Ich erinnerte mich nur vage.

Walt nickte.

«Sicher bekommt man dort auch Souvenirs?«

«Und wie uns das weiterhilft!«

Da mußte ich ihm recht geben. Die Zahl der Verdächtigen wurde dadurch auf die paar Leute reduziert, die irgendwann einmal in Yellowstone Park waren — jeden Monat nur ein paar Tausend —, oder auf die paar Millionen, die jemanden kannten, der einmal dort war. Aber ich kannte einmal einen Bewerber um einen Assistentenposten im Labor für Biologische Kriegsführung in Porton, der abgelehnt worden war, weil er in seinem Schlafzimmer eine Castro-Büste russischer Herkunft stehen hatte. Souvenirs sind manchmal recht gefährlich.

«Das Taschentuch stammt vermutlich aus Japan. Haben Sie einen Laufburschen hier, der einmal nachprüfen könnte, wer es importiert und wo es hier im Handel ist?«

«Einen Laufburschen?«wiederholte Walt mißmutig.

«Der bin ich. «Er schob das Taschentuch wieder in den Umschlag, holte telefonisch einige Auskünfte ein und stand dann ächzend auf.»Dann gehe ich mich mal nach >Yogi< erkundigen. Was machen die Möbelwagen?«

«Siebenundzwanzig sind in Ordnung. Von den übrigen acht melden sich fünf nicht, drei haben kein Telefon.«

Ich versuchte es bei zwei der nicht besetzten Anschlüsse noch einmal. Wieder keine Antwort. Walt ging die kürzere Liste der noch nicht überprüften Adressen durch.

«Zerstreuen sich in alle Winde, wie? Nebraska, Kentucky, New Mexico, Kalifornien, Wyoming, Colorado, Texas und Montana. Verlangen Sie bloß nicht, daß ich die auch noch alle aufsuche!«Er schlug die Tür hinter sich zu. Dann verklangen seine kräftigen Schritte draußen auf dem Korridor.

Ich versuchte es ab und zu mit den nicht erreichten Anschlüssen. Nach zwei Stunden hatte ich Texas von der Liste gestrichen, das Ende von Walts Bleistift ganz durchgebissen und ein Stück tiefer neu zu kauen begonnen. Ich war mir darüber klargeworden, daß ich es in diesem Kaninchenbau von einem Büro nicht lange aushalten würde, und fragte mich, ob Eunice wohl wieder neben ihrem Swimmingpool lag.

Das Telefon summte.

«Sind Sie wieder im >Biltmore< abgestiegen?«fragte Walt.

«Ja.«

«Dann treffen wir uns dort in der Bar«, schlug er vor.

«Ich bin näher beim Hotel als bei Ihnen.«

«Einverstanden«, sagte ich.»Bin schon unterwegs.«

Lynnie war noch nicht zurück. Ich hinterließ eine Nachricht für sie und ging zu Walt in die Hotelbar. Sein hellblauer Anzug sah aus wie durch die Mangel gedreht, und seine Haut wirkte feucht und durchscheinend. Schuldbewußt spendierte ich ihm einen doppelten Whisky mit Eis und wartete geduldig, bis er ihn dort verstaut hatte, wo er ihm am meisten nützte. Seufzend fuhr er sich dann mit dem Handrücken über die Augen, holte ein zerknittertes Stück Papier aus der Jackentasche und strich es auf der Bartheke glatt. In angeekeltem Ton sagte er:»Zunächst einmaclass="underline" Es ist gar nicht der >Yogi-Bär<.«

Ich wartete in schweigendem Mitgefühl und bestellte ihm eine zweite Runde. Auf der Liste hatte er ungefähr acht Hersteller von Souvenirs ausgestrichen. Durch jeden Namen führte eine einzige, kräftige Linie. Die oberen Linien waren noch gerade und ordentlich, bei der letzten hatte er beinahe das Papier zerfetzt. Es war schon ein sehr schlechter Tag für Walt.