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Ich dachte an die lange Rückfahrt quer durch den Wald mit der Überquerung des Canyon in der Mitte und an die hundert Meilen am Schluß durch die Wüste bis Rock Springs und beschloß, die Fahrt bis morgen aufzuschieben. Seufzend suchte ich mir das am besten aussehende Motel und ließ mir das beste Zimmer geben. Unter der Dusche wusch ich mir den Staub des Tages vom Leib und streckte mich dann für zwei Stunden auf dem überdimensionalen Bett aus.

Die Bedienung, die mir zum Abendessen mein Steak brachte, war groß, gut gepolstert, freundlich und offenbar der Meinung, ein alleinstehender Mann sei auf ein bißchen Klatsch aus. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als daß sie abhaute und mich in Frieden essen ließe, aber es herrschte wenig Betrieb, und so erfuhr ich mehr über ihr verwickeltes Familienleben, als mir lieb war.

Schließlich wollte ich nur noch ihren Redefluß unterbrechen. Ich zog das Taschentuch heraus und fragte sie, wo ich wohl ein neues von derselben Sorte kaufen könnte.

Sie glaubte, >die Mädchen< könnten es vielleicht wissen, und ging sie fragen. Erleichtert aß ich mein Steak auf. Dann kam sie schon wieder zurück und legte mir zweifelnd das Taschentuch auf den Tisch.

«Sie sagen, man könnte vielleicht in Jackson eins bekommen. Dort findet man Bären auf Aschenbechern und anderen Sachen. Das ist unten in den Tetons. Jackson ist ein Ausflugs-ort — vielleicht hundert oder hundertfünfzig Meilen von hier.«

In der vergangenen Nacht war ich durch Jackson gekommen und hatte nichts weiter gesehen als eine schlafende kleine Stadt, wie man sie im Westen überall findet. Als ich am Dienstag auf dem Rückweg nach Rock Springs wieder durch Jackson kam, schwirrten ungezählte Einwohner und Urlauber umher. Alle trugen einheitliche Cowboykleidung. Das war also der Edel-Westen. An der Hauptstraße reihte sich ein Souvenirladen an den anderen, und schon der erste, in dem ich mein Glück versuchte, hatte einen ganzen Stapel von Taschentüchern mit Bären anzubieten.

Kapitel 8

Das Mädchen aus dem Flußkahn öffnete mir die Tür des Ranchhauses, ging mir ein Stück zum Wagen entgegen und hieß mich mit geschäftsmäßiger Freundlichkeit willkommen.

«Mr. Hochner? Wie schön, daß Sie hier sind.«

«Ich bin froh, daß ich bei Ihnen trotz der kurzfristigen Anmeldung unterkommen konnte, wo doch nächste Woche der Unabhängigkeitstag vor der Tür steht. «Ich gab ihr die Hand und sprach mit leichtem deutschem Akzent, weil mir das auf die Dauer leichter fiel als ein amerikanischer. Als Engländer aufzutreten erschien mir nicht ratsam.

«So früh in der Saison sind wir nur selten voll belegt.«

Ihr Lächeln reichte nur bis an die Backenknochen, während ihre wachen Augen mich, den Wagen und mein Gepäck taxierten. Es war nur der prüfende Blick der Hotelbesitzerin; daß sie mich schon einmal gesehen haben könnte, kam ihr nicht in den Sinn.

«Ich zeige Ihnen gleich Ihre Blockhütte, wenn’s Ihnen recht ist. Dann können Sie sich ein bißchen frischmachen und kommen anschließend zum Dinner in die Ranch herüber. Es wird geläutet, wenn es soweit ist.«

Ich stellte den Wagen auf den Parkplatz, nahm meine zwei Koffer — den alten und einen neuen aus Jackson — und folgte ihr über einen grasbewachsenen Weg zu einer der Blockhütten, die verstreut unter den Bäumen standen.

Das Mädchen war groß und kräftig und wirkte älter, als ich sie von der Themse her in Erinnerung hatte: Ich schätzte sie auf sechs- oder siebenundzwanzig. Sie trug das lange Haar nicht mehr offen wie ein Teenager, sondern zu einem runden Knoten

hochgesteckt, der ihren Nacken freiließ. Statt der weißen Hose hatte sie jetzt dunkelblaue Jeans an, aber das rosa Hemd glaubte ich wiederzuerkennen.

Einer der Ladenbesitzer in Jackson, der fünfte, bei dem ich es versuchte, hatte sie auf der Stelle erkannt. Während ich das Geld für eine Landkarte aus der Brieftasche fischte, ließ ich geschickt das Foto mit dem Gesicht nach oben auf seinen Ladentisch fallen.

Er griff danach und sagte beiläufig:»Yola Clive und Matt. Sind das Freunde von Ihnen?«

«Ich wollte sie besuchen«, sagte ich und legte ihm die Geldscheine auf den Tisch.»Wissen Sie zufällig, wie ich da fahren muß? Ich war noch nie bei ihnen hier.«

Bereitwillig erklärte er mir den Weg von etwa fünfzehn Meilen und fuhr fort:»Die High Zee Ranch ist dort das einzige Haus, Sie können es also gar nicht verfehlen. Aber wenn Sie eine Weile bleiben wollen, rufe ich lieber an und lasse Ihnen eine Blockhütte reservieren. Ihr Motel ist sehr beliebt.«

«Klar will ich bleiben«, sagte ich und tat es auch. Ich kaufte mir eine Levis, Reitstiefel und einen neuen Koffer. In einer Cowboygegend sind Schußwaffen eine Selbstverständlichkeit; also fügte ich meiner Ausrüstung noch einen schwarzen Ledergürtel mit silberbeschlagener Schnalle hinzu. Der Verkäufer war überhaupt nicht überrascht, als ich ausprobierte, ob das Hüfthalfter, das ich manchmal benutzte, auch daranpaßte.

Jackson bewahrte sich so weitgehend den Anstrich des Wilden Westens, daß vor dem Drugstore sogar eine richtige Kutsche wartete. Die schläfrigen Pferde davor würden bestimmt nicht sehr gut aussehen, wenn Rothäute im Galopp angriffen. Auf der kurzen Hauptstraße waren die hohen, breiten Bürgersteige aus Planken mit einem Geländer begrenzt, obgleich der Schlamm, gegen den sie einst errichtet worden waren, längst dem Teer gewichen war. Motels, die >Klimaanla-ge und Zentralheizung< anpriesen, nannten sich >Planwagen< oder >Versteck der Pferdediebe<. Im ganzen war Jackson eine gequälte Mischung aus moderner Technik und Filmkulisse und ganz eindeutig ein Erfolg.

Den größten Teil des Nachmittags hockte ich auf einer Haltestange für Pferde in der Sonne. Ich dachte nach und rief zweimal Walt bei der >Buttress<-Versicherung an.

Yola Clive führte mich an einem sauber geschichteten Stoß Brennholz vorbei, zwei Stufen hinauf, über eine winzige Veranda und durch eine Fliegentür. Dann standen wir in der Blockhütte.

«Das Bad ist dort drüben. «Sie zeigte hin.»Abends werden Sie vermutlich den Ofen anzünden müssen. Bei uns ist der Schnee erst vor zwei oder drei Wochen weggeschmolzen, und die Nächte sind immer noch sehr kühl. «Sie lächelte kurz und zeigte auf einen kleinen Eimer mit krümeligem Zeug, der neben dem gedrungenen schwarzen Ofen stand.»Sie können die Holzklötze mit ein paar Händen voll von diesem Zeug anzünden.«

«Was ist das denn?«

«Ein Anzünder, eine Mischung aus Dieselöl und Sägespänen. «Mit geübtem Blick überflog sie den Raum und stellte fest, daß alles in Ordnung war.»Hinter der Küche ist eine Eismaschine, falls Sie sich einen Drink machen wollen. Die meisten Gäste bringen ihre eigenen Getränke mit… Wir verkaufen selbst keinen Alkohol. Morgen werden Sie sicher reiten wollen. Das besprechen wir gewöhnlich beim Abendessen. «Wieder kam und ging dieses rasche Lächeln, dann ging Yola über den schmalen Weg zurück.

Seufzend untersuchte ich mein Quartier. Man hatte sich zu einem glücklichen Kompromiß zwischen altem Material und neuer Konstruktion entschlossen. So war ein stabiles Blockhaus mit zwei Räumen entstanden, das ein überhängendes Dach und gefirnißte Balkenwände hatte. Im größeren Raum standen zwei Einzelbetten auf dem blanken Holzboden. Die Zimmerdecke bestand aus schmalen Holzbrettern. Hinter einem Vorhang befand sich eine Art von Schrank, die beiden harten Stühle und der Tisch waren Eigenbau. Auch Handtuchreck, Stuhl und Regal im Bad, wie ich bald bemerkte. Doch bis zur Installation reichte die hinterwäldlerische Einrichtung nicht. Für die Beleuchtung erzeugte die Ranch ihren eigenen Strom.