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Ich ging in die Garage und sah mir den Ford von vorn an. Mit dem Wagen würde niemand mehr fahren.

Die große Taschenlampe erhellte das Innere der Garage. Sie war jetzt leer bis auf die Zigarettenstummel neben der linken Wand. Matt hatte geraucht und getrunken, während er auf uns wartete. Und er hatte sehr lange warten müssen.

Das Einschußloch in der Windschutzscheibe warf die schlimmste Frage auf, die noch nicht geklärt war.

Ich mußte es wissen.

Ich stand neben Matt und leuchtete seinen Körper bis zum Gürtel zollweise ab. Er hatte das cremefarbene Jackett abgelegt und trug sein kariertes Arbeitshemd. Ich fand keine Löcher, auch nicht darunter. Sein Kopf war schwer. Ich legte ihn sanft auf das Lenkrad und trat zurück.

Keine der Kugeln hatte ihn getroffen. Sie hatten nur die Windschutzscheibe zerschmettert und ihn geblendet, und so war er ein Stückchen von der Bahn abgekommen, hatte die Mauer getroffen und nicht mich. Dabei mußte sein Schädel gegen den schmalen Metallrahmen geschlagen sein.

Langsam kehrte ich zu Sam Hengelman zurück, der neben Walt stand. Er bot einen Anblick äußerster Niedergeschlagenheit und sah mich hoffnungslos an.

«Haben Sie die Rampe heruntergelassen?«fragte ich hart.

Er schüttelte den Kopf.»Noch keine Zeit.«

«Dann tun Sie es jetzt, wir holen die Pferde.«

Er war erschüttert.»Das können wir nicht.«

«Wir müssen. Für Walt, für Sie und für Dave Teller. Auch für mich. Was schlagen Sie denn vor? Daß wir die Polizei anrufen und erklären, was wir hier zu suchen haben?«

«Das werden wir müssen«, sagte er verzweifelt.

«Nein, auf gar keinen Fall. Lassen Sie jetzt die Rampe herunter.«

Er konnte es nicht fassen und zögerte noch ein paar Sekunden, dann tat er, was ich verlangte. Die Pferde standen friedlich im Stall — sie schien der Krach, die Schüsse und das Durcheinander nicht gestört zu haben. Ich band zuerst Showman los und führte ihn langsam über den Hof in den Pferdetransporter hinein.

Sam schaute mir schweigend zu, als ich ihn in einer der Boxen anband.

«Damit kommen wir nie durch.«

«Selbstverständlich kommen wir durch«, sagte ich,»wenn Sie diese Pferde sicher nach Lexington schaffen und niemandem, keinem Menschen, ein Sterbenswörtchen davon verraten, was heute nacht geschehen ist. Vergessen Sie’s. Wenn Sie wieder zu Hause sind, gebe ich Ihnen Bescheid, damit Sie sich keine Sorgen machen müssen. Solange Sie den Mund halten, wird gar nichts passieren.«

Das breite, fleischige Gesicht verriet die innere Spannung.

«Sie haben zwei Pferde abgeholt«, erklärte ich sachlich.

«So etwas kommt alle Tage vor — zwei Pferde abholen. Alles übrige vergessen Sie.«

Ich ging noch einmal in den Stall, holte Allyx und verfrachtete ihn in den Transporter.

Sam regte sich immer noch nicht.

«Hören Sie«, sagte ich.»Ich habe schon früher manchmal — hm — solche Dinge arrangiert. Da, wo ich herkomme, gibt es eine Regeclass="underline" Man geht ein Risiko ein, man sitzt in der Klemme, man windet sich wieder heraus. «Er blinzelte.

«Walt hat sich vor den Wagen geworfen«, fuhr ich fort.

«Matt wollte ja nicht ihn umbringen — Sie sind also nicht Zeuge eines Mordes geworden. Dann ist Matt von ganz allein gegen die Wand gefahren. Auch das war ein Unfall. Es geht also nur um zwei Autounfälle. Sie haben wahrscheinlich schon Dutzende gesehen. Vergessen Sie’s. «Er gab keine Antwort. Ich fügte brüsk hinzu:»Der Wasserbehälter ist leer, dort drüben können Sie ihn auffüllen.«

Er zuckte zusammen, dann nahm er den Behälter und ging in die Richtung, die ich ihm zeigte. Mit einem Seufzer stellte ich fest, daß er drei Tagesrationen Futter für die Hengste gekauft hatte. Als er wieder zurückkam, verriegelten wir gemeinsam sorgfältig die kostbare Ladung für die lange Reise.

«Sie haben nicht zufällig Handschuhe dabei?«fragte ich.

«Nur ein paar alte Baumwollhandschuhe beim Werkzeug.«

Er kramte herum und fand sie schließlich. Es waren zwei dreckige, ölbeschmierte Dinger, die überall Spuren hinterlassen mußten — genauso verräterische Spuren wie bloße Finger. Ich drehte sie um und stellte fest, daß sie dick genug waren, um die Schmiere nicht durchzulassen. Sam sah mir wortlos zu, als ich sie mit der schmutzigen Seite nach innen überzog.

«Okay«, sagte ich.»Wenden Sie den Wagen, wir brechen gleich auf.«

Er wendete vorsichtig den schweren Transporter und hielt so viel Abstand zu Walt wie nur möglich. Genauso vorsichtig stieg ich in den Wagen, mit dem Walt gekommen war, berührte ihn sowenig wie möglich, fuhr ihn auf den Hof und hielt kurz vor der Gittertür zum Haus an. Ich schaltete Motor und Beleuchtung aus und zog die Handbremse. Dann ging ich zu Sam zurück. Er saß fertig zur Abfahrt hinter dem Steuer.

«Ich hab’ noch dreierlei zu erledigen«, sagte ich.»Ich bin so rasch wie möglich zurück. Machen Sie einfach die Augen zu und schlafen Sie ein bißchen.«

«Wie witzig.«

Ich bemühte mich um so etwas wie ein Lächeln, und die

Spannung auf seinem Gesicht löste sich etwas.

«Es dauert nicht lange«, sagte ich. Er nickte und schluckte hart.

Mit seiner Taschenlampe suchte ich den Hof ab. Die Parabellum ist eine Automatik, das heißt, sie wirft nach jedem Schuß die leere Hülle aus. Die verschossenen Kugeln würde niemand finden, aber acht kleine, schimmernde Metallhülsen in der Nähe von Walts Leiche waren schon etwas anderes. Sieben von ihnen blitzten im Lichtschein der Taschenlampe, und ich schob sie in die Tasche. Die achte blieb verschwunden.

Der Auswurfschlitz der Pistole hatte sich auf der von Walt abgewandten Seite befunden, aber manchmal schießen die Hülsen auch nach oben oder nach vorn weg und nicht nach der Seite. Ich fragte mich, ob diese eine Hülse vielleicht so weit gesprungen war, daß sie unter ihm liegen konnte. Ich wollte ihn nicht anrühren, aber ich mußte die achte Hülse unbedingt finden.

Als ich schon aufgeben wollte, entdeckte ich sie: verbogen und schmutzig, zusammengedrückt und gar nicht mehr glänzend. Ich hob sie von der Stelle auf, wo ich genau vor Matts Wagen gelegen hatte. Er war darüber hinweggefahren.

Danach kümmerte ich mich um den Boden. Auf der rauhen, staubigen Oberfläche sah man keine Reifenspuren, wohl aber einige Hufabdrücke. Ich holte einen Besen aus dem Stall und verwischte sie.

Dann kam die Garage an die Reihe. Ich stieß die letzte Ecke der Windschutzscheibe mit dem verräterischen Loch in den Wagen und sammelte alle Zigarettenstummel ein, die verrieten, wo und wie lange Matt gewartet hatte. Sie kamen in den Abfalleimer neben der Haustür.

Matt hatte das Haus nicht verschlossen. Ich trat ein und suchte nach einer ganz bestimmten, wichtigen Information: die Adresse der Farm und den Namen des Besitzers. Das Licht der

Taschenlampe glitt über fadenscheinige Möbelbezüge und altmodische Einrichtungsgegenstände. In der Schublade einer großen Kommode fand ich schließlich eine Mappe mit Rechnungen und Briefen. Ich las: Wilbur Bellman, Far Valley Farm, Kingman. Auf dem Notizblock neben dem Telefon hatte Matt eine für mich wichtige Nachricht hinterlassen: Mit einem schwarzen Kugelschreiber hatte er hingekritzelt: >Versicherung — 21.00 Uhr<.

Bevor ich das große, heruntergekommene Wohnzimmer verließ, leuchtete ich es noch einmal mit der Taschenlampe ab und entdeckte ein Foto, das auf einem Regal stand. Etwas an dem Gesicht kam mir bekannt vor. Noch einmal richtete ich den Strahl der Lampe auf das Bild.

Das freundliche, geduldige Gesicht von Kiddo lächelte mich an, genauso sorglos wie damals, als er Walt und mir von Offens Stuten erzählte. Auf die untere Hälfte des Bildes hatte er mit ungeübter Hand gekritzelt: >Für Ma und Pa von eurem euch liebenden Sohn.<