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Und dann lag der Geruch von Rauch auf dem Meer, und wir sahen Rauch, und alle Männer verfielen in Schweigen. Da wir um die Spitze fuhren, sah ich mit eigenen Augen, daß die Stadt in schwelenden Flammen und qualmendem Rauch stand. Es gab keinerlei Anzeichen von Leben. Buliwyf und seine Krieger landeten und schritten durch die Stadt Yatlam. Dort lagen die toten Leiber von Männern und Frauen und Kindern, manche von Flammen verzehrt, manche von Schwertern zerhauen -eine Vielzahl von Leichen. Buliwyf und die Krieger sprachen nicht, und doch gab es selbst hier keine Trauer, kein Weinen und keine Kümmernis. Niemals habe ich eine Rasse gesehen, welche den Tod so hinnimmt wie diese Nordmänner. Mir selbst war bei diesen Anblicken oftmals übel, und ihnen erging es niemals dergleichen.

Schließlich sagte ich zu Herger: »Wer hat dies getan?« Herger deutete in das Land hinein, zu den fernab des grauen Ozeans liegenden Wäldern und Hügeln. Dort hing Dunst über den Wäldern. Er deutete hin und sprach nicht. Ich sagte zu ihm: »Ist es der Dunst?« Er sagte zu mir: »Fragt nicht weiter. Ihr werdet es früher wissen, als Ihr wünscht.«

Nun geschah dies: Buliwyf betrat ein schwelendes, abgebranntes Haus und kehrte mit einem Schwert zu unserer Gruppe zurück. Dieses Schwert war sehr groß und schwer und so vom Feuer erhitzt, daß er es mit einem um den Knauf geschlungenen Tuche trug. Wahrlich, ich sah, daß es das größte Schwert war, das ich jemals erblickt. Es war so lange wie mein eigener Leib, und die Klinge war flach und so breit wie die Flächen zweier nebeneinander gelegter Männerhände. Es war so groß und schwer, daß selbst Buliwyf unter seiner Last ächzte. Ich fragte Herger, welch ein Schwert dies sei, und er sagte: »Das ist Runding«, und dann befahl Buliwyf seine gesamte Schar zu dem Boot, und wieder stießen wir in See. Keiner der Krieger blickte zurück auf die brennende Stadt Yatlam; ich allein tat dies, und ich sah die rauchenden Überreste und den Dunst in den Hügeln dahinter.

Das Lager zu Trelburg

Für die Spanne zweier Tage segelten wir entlang einer flachen Küste und inmitten zahlloser Inseln, welche das Land der Dänen genannt werden, bis wir schließlich in ein Gebiet aus Marschen gelangten, durchschnitten von schmalen Flüssen, welche sich ins Meer ergießen. Diese Flüsse besitzen keine eigenen Namen, sondern ein jeder wird »Wyk« genannt, und die Menschen an diesen schmalen Flüssen werden »Wykinger« genannt, womit die Krieger der Nordmänner gemeint sind, welche in ihren Schiffen die Flüsse hinauf segeln und dergestalt Ansiedlungen überfallen.

In diesem marschigen Gebiete machten wir an einem Orte halt, welchen sie Trelburg nennen und welcher ein Wunder für mich war. Hier gibt es keine Stadt, sondern eher ein Heerlager, und die Menschen sind Krieger mit wenigen Frauen oder Kindern darunter. Die Verteidigungswerke dieses Lagers zu Trelburg sind mit großer Sorgfalt und handwerklichem Geschick nach römischer Art angelegt.

Trelburg liegt am Zusammenfluß zweier Wyks, welche darauf ins Meer strömen. Der Großteil der Stadt ist von einem runden Erdwall umgeben, so hoch wie fünf aufeinanderstellende Männer. Über diesem Erdring steht zum weiteren Schutze ein hölzerner Zaun. Außerhalb des Erdringes befindet sich ein mit Wasser gefüllter Graben, dessen Tiefe ich nicht kenne. Diese Erdwerke sind hervorragend angelegt und von einem Ebenmaß und einer Stärke, welche sich mit allem uns Bekannten messen können. Und des weiteren gibt es dies: Auf der dem Land zugekehrten Seite der Stadt einen zweiten, halbkreisförmigen hohen Wall und dahinter einen zweiten Graben.

Die Stadt selbst liegt innerhalb des inneren Ringwalles, welcher von vier Toren in Richtung der vier Punkte der Erde unterbrochen ist.

Ein jegliches Tor ist durch starke eichene Türen mit schweren Beschlägen aus Eisen und zahlreiche Wachen gesichert. Viele Wachen schreiten überdies die Schutzwälle ab und halten Tag und Nacht Wacht. Innerhalb der Stadt befinden sich sechzehn hölzerne Behausungen, alle von gleicher Art: Es sind lange Häuser, denn so nennen die Nordmänner sie, mit geschwungenen Wänden, so daß sie umgekippten Booten ähneln, deren Enden hinten und vorne glatt abgeschnitten sind. Sie messen dreißig Schritte in der Länge und sind in der Mitte breiter als an den Enden. Sie sind dergestalt angelegt: Vier Langhäuser sind genau so errichtet, daß sie einen quadratischen Platz bilden. Vier Plätze sind angelegt, was insgesamt sechzehn Häuser ergibt. (Die Genauigkeit von Ibn Fadlans Bericht wird in diesem Falle durch unmittelbares archäologisches Beweismaterial bestätigt Im Jahre 1948 wurde in Westseeland, Dänemark, das Heereslager von Trelleborg ausgegraben. Die Fundstätte entspricht bezüglich der Große, der Beschaffenheit und des Aufbaus der Ansiedlung exakt Ibn Fadlans Beschreibung.)

Jedes Langhaus verfügt über nur einen Eingang, und kein Eingang zu einem Haus ist von einem anderen Haus aus zu sehen. Ich erkundigte mich, warum dies so sei, und Herger sagte folgendes: »So das Lager angegriffen wird, müssen die Männer zu seiner Verteidigung eilen, und die Türen sind dergestalt, daß die Männer ohne Gedränge und Verwirrung eilen können, doch ein jeglicher Mann kann sich im Gegenteil ungehindert der Aufgabe der Verteidigung widmen.« Daher ergibt es sich innerhalb des Platzes, daß ein Haus über eine Tür nach Norden verfügt, das nächste Haus über eine Tür nach Osten, das nächste Haus über eine Tür nach Süden, das nächste Haus über eine Tür nach Westen; desgleichen verhält es sich mit einem jeglichen der vier Plätze.

Darauf sah ich überdies, daß diese Türen, gleichwohl die Nordmänner riesig sind, so niedrig waren, daß selbst ich mich tief vornüberbeugen müßte, um eines der Häuser zu betreten. Ich erkundigte mich bei Herger, welcher sagte: »So wir angegriffen werden, kann ein einziger Krieger im Hause verbleiben und mit seinem Schwert die Häupter aller abschneiden, welche eindringen. Die Tür ist so niedrig, damit die Häupter zum Abschneiden gebeugt sein werden.« Wahrlich, ich sah, daß die Stadt Trelburg in jederlei Hinsicht für das Kriegswesen und die Verteidigung angelegt war. Keinerlei Handel wird hier getrieben, wie ich gesagt habe. Im Inneren der Langhäuser gibt es drei Unterteilungen oder Räume, ein jeglicher mit einer Tür. Der mittlere Raum ist der größte, und er verfügt obendrein über eine Grube für Abfall. Nun sah ich, daß die Menschen zu Trelburg nicht wie die Nordmänner entlang der Wolga waren. Diese waren reinliche Menschen für ihre Rasse. Sie wuschen sich im Flusse und entledigten sich ihrer Abfälle unter freiem Himmel und waren in jeglicher Weise dem überlegen, was ich gekannt. Doch waren sie nicht wahrhaft reinlich, sondern nur im Vergleiche. Die Gesellschaft zu Trelburg besteht hauptsächlich aus Männern, und die Frauen sind sämtlich Sklavinnen. Es gibt keine Eheweiber unter den Frauen, und alle Frauen werden freiweg genommen, wie es die Männer begehren. Die Menschen zu Trelburg leben von Fisch und einem kleinen Brot; sie treiben keinerlei Ackerbau oder Viehzucht, obzwar die Marschlande um die Stadt über Gebiete verfügen, welche für den Anbau geeignet sind. Ich erkundigte mich bei Herger, warum es keinen Ackerbau gebe, und er sagte zu mir: »Dies sind Krieger. Sie bestellen nicht die Scholle.« Buliwyf und sein Gefolge wurden gnädig empfangen von den Häuptlingen zu Trelburg, von welchen es mehrere gibt, darunter als hervorragendsten einen namens Sagard. Sagard ist ein starker und grimmer Mann, beinahe so gewaltig wie Buliwyf selbst.

Während des Nachtgelages erkundigte sich Sagard bei Buliwyf nach seinem Auftrage und den Gründen für seine Reisen, und Buliwyf berichtete vom Flehen des Wulfgar. Herger übersetzte alles für mich, obzwar ich genügend Zeit unter diesen Heiden verbracht hatte, um ein oder zwei Worte in ihrer Zunge zu lernen. Hier ist der Inhalt des Gespräches zwischen Sagard und Buliwyf. Sagard sprach folgendes: »Ist es vernünftig, daß Wulfgar die Aufgaben eines Boten erfüllt, obgleich er der Sohn des Königs Rothgar ist, denn die zahlreichen Söhne des Rothgar sind übereinander hergefallen.«