Mit pochendem Herzen saß ich auf einen Ellenbogen gestützt und blickte in der Halle umher. Kein Mann unter den schlafenden Kriegern rührte sich, und doch war da Herger, welcher mit weit offenen Augen dalag. Diesem entnahm ich, daß sämtliche Krieger des Buliwyf darauf warteten, wider die Wendol zu streiten, deren Töne nun die Luft erfüllten. Bei Allah, für einen Mann gibt es keine größere Furcht denn die, deren Ursache er nicht kennt. Wie lange lag ich doch auf dem Bärenfell, horchte auf das Grunzen der Wendol und roch ihren faulen Gestank! Wie lang harrte ich doch dessen, welches ich nicht kannte, und um wieviel furchtbarer denn das Kämpfen an sich dünkte mich doch das Harren auf den Ausbruch der Schlacht! Ich erinnerte mich, daß die Nordmänner eine Lobpreisung kennen, welche sie in die Grabsteine ihrer edlen Krieger einhauen: »Er floh nicht der Schlacht.« Keiner aus dem Gefolge des Buliwyf floh in dieser Nacht, obgleich die Geräusche und der Gestank allüberall um sie waren, bald lauter, bald schwächer, bald aus der einen Richtung, bald aus der anderen. Und doch harrten sie aus. Darauf kam der furchtbarste Augenblick. Jegliche Geräusche erstarben. Es herrschte äußerste Stille, mit Ausnahme des Schnarchens der Männer und des leisen Knisterns des Feuers. Noch immer rührte sich keiner der Krieger des Buliwyf.
Und darauf ertönte ein mächtiges Krachen an den festen Toren der Halle namens Hurot, und diese Tore brachen auf, und ein Schwall schwärender Luft erstickte sämtliche Lichter, und der schwarze Dunst drang in den Raum. Ich zählte ihre Zahl nicht: Wahrlich, es schienen Tausende schwarzer, grunzender Gestalten, und doch können es nicht mehr denn fünf oder sechs mächtige schwarze Gestalten gewesen sein, schwerlich von menschlicher Art und zugleich doch menschenähnlich. Die Luft stank nach Blut und Tod; ich fror und zitterte über alle Maßen. Doch noch immer rührte sich kein Krieger. Dann, mit einem markerschütternden Schrei, sprang Buliwyf auf, und in seinen Armen schwang er das riesige Schwert Runding, welches sang wie eine zischende Flamme, als es die Luft durchschnitt. Und seine Krieger sprangen mit ihm auf, und alle warfen sich in die Schlacht. Die Schreie der Männer vermischten sich mit dem Schweinsgrunzen und dem Gestank des schwarzen Dunstes, und es herrschten Entsetzen und Verwirrung und allerlei Zerstören und Zerschlagen der Hurot-Halle. Mir selbst stand der Sinn nicht nach Kampf, und doch ward ich von einem dieser Dunstungeheuer auserkoren, welches mir nahe kam, und ich sah rotglühende Augen -wahrlich, ich sah Augen, welche wie Feuer schienen, und ich spürte den Ruch, und ich ward körperlich hochgehoben und durch den Raum geschleudert, wie ein Kind einen Kiesel schleudert. Ich schlug an die Wand und stürzte zu Boden und war für die nächste Zeitspanne benommen, so daß alles um mich eher verworren denn getreu war. Höchst deutlich entsinne ich mich der Berührung dieser Ungeheuer, besonders des pelzigen Äußeren ihrer Leiber, denn diese Dunstwesen besitzen an sämtlichen Teilen ihrer Leiber Haare so lang wie ein haariger Hund und ebenso dicht. Und ich entsinne mich des ranzigen Geruches im Atem des Ungeheuers, welches mich hinwegschleuderte. Wie lange die Schlacht tobte, weiß ich nicht zu sagen, doch endete sie ganz plötzlich in einem Augenblick. Und darauf war der schwarze Dunst verschwunden, hinfort geschlichen unter Grunzen und Hecheln und Stinken, und hinterließ Verwüstung und Tod, von welchen wir nichts wußten, bis wir frische Lichter entzündet. Hier ist der Zoll, welchen die Schlacht gefordert. Aus dem Gefolge des Buliwyf waren drei tot: Roneth und Halga, beide Edle, und Edgtho, ein Krieger. Dem ersten war die Brust aufgerissen. Dem zweiten war das Rückgrat gebrochen. Dem dritten war das Haupt dergestalt abgerissen, wie ich es bereits beobachtet. Alle diese Krieger waren tot.
Verwundet waren zwei weitere, Haltaf und Rethel. Haltaf hatte ein Ohr verloren und Rethel zwei Finger seiner rechten Hand. Beide Männer waren nicht tödlich verletzt und erhoben keinerlei Klage, denn es ist Brauch unter den Nordmännern, die Wunden der Schlacht fröhlich zu ertragen und den Erhalt des Lebens über allem zu preisen. Was Buliwyf und all die anderen betrifft, so waren sie mit Blut getränkt, als ob sie darin gebadet. Nun will ich sagen, was viele nicht glauben werden, und doch traf dies zu: Unsere Schar hatte nicht eines der Dunstungeheuer getötet. Ein jegliches hatte sich hinfort gestohlen, manche vielleicht tödlich verwundet, und doch waren sie entronnen. Herger sagte folgendes: »Ich sah zwei aus ihrer Schar ein Drittes tragen, welches tot war.« Vielleicht traf dies zu, denn alle pflichteten ihm einmütig bei. Ich erfuhr, daß die Dunstungeheuer niemals einen der Ihren in der Gesellschaft von Menschen hinterlassen, sondern vielmehr große Gefahren eingehen, um ihn dem menschlichen Blick zu entziehen. Und überdies gehen sie bis zum Äußersten, um eines Opfers Haupt zu behalten, und wir konnten das Haupt des Edgtho an keinem Orte finden; die Ungeheuer hatten es mit sich hinfort geschleppt. Darauf sprach Buliwyf, und Herger berichtete mir seine Worte dergestalt: »Schaut, ich habe eine Siegesbeute aus dem blutigen Geschehen der Nacht. Sehet, hier ist ein Arm von einem der Unholde.«
Und getreu seinem Werk hielt Buliwyf den Arm von einem der Dunstungeheuer, welcher an der Schulter abgetrennt war durch das große Schwert Runding. Sämtliche Krieger drängten sich um ihn, den Arm zu bestaunen. Ich nahm ihn dergestalt wahr: Er wirkte eher klein, mit einer Hand von übermäßiger Größe. Doch der Unterarm und der Oberarm waren nicht von entsprechender Größe, obzwar die Muskeln mächtig waren. Auf allen Teilen des Armes befand sich langes, schwarzes verfilztes Haar, mit Ausnahme des Handtellers. Schließlich verbleibt zu sagen, daß der Arm stank, wie das ganze Wesen nach dem ranzigen Ruche des schwarzen Dunstes stank. Nun jubelten sämtliche Krieger dem Buliwyf und seinem Schwert Runding zu. Des Unholdes Arm ward an die Sparren der großen Halle namens Hurot gehangen und von den Menschen im Königreich Rothgar bestaunt. Dergestalt endete die erste Schlacht wider die Wendol.
Die Ereignisse in der Folge der ersten Schlacht
Wahrlich, das Volk der Nordlande betragt sich niemals wie menschliche Wesen von Vernunft und Verstand. Nach dem Angriff der Dunstungeheuer und ihrem Zurückschlagen durch Buliwyf und sein Gefolge, darunter auch ich, unternahmen die Mannen aus dem Königreich des Rothgar nichts. Es gab keinerlei Feierlichkeit, kein Gelage, kein Jubilieren oder Frohlocken. Von weit und fern kamen die Menschen des Königreiches, den herabbaumelnden Arm des Unholdes zu betrachten, welcher in der großen Halle hing, und dies begrüßten sie mit großem Erstaunen und Verwunderung. Doch Rothgar selbst, der halbblinde alte Mann, verriet keinerlei Freude und überreichte Buliwyf und seinem Gefolge keinerlei Geschenk, bereitete keinerlei Gelage, bedachte ihn mit keinerlei Sklaven, keinerlei Silber, keinerlei kostbaren Gewändern oder einem anderen Zeichen der Ehre. Anstatt seiner Freude Ausdruck zu verleihen, zog König Rothgar ein langes Gesicht und war ernst und schien furchtsamer denn zuvor. Ich selbst argwöhnte, obgleich ich es nicht laut aussprach, daß Rothgar dem früheren Zustande, bevor der schwarze Dunst geschlagen war, den Vorzug gab. Noch betrug sich Buliwyf in seinem Verhalten anders. Er forderte zu keinerlei Feierlichkeiten auf, keinem Gelage, keinem Trinken und Speisen. Die Edlen, welche in der nächtlichen Schlacht so wacker gestorben, wurden eilends in Gruben mit hölzernem Dach darüber gelegt und dort für die festgesetzten zehn Tage belassen. Diese Angelegenheit ward hastig ausgeführt.