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Doch geschah es nun beim Hinbetten der toten Krieger, daß Buliwyf und seine Gefährten Heiterkeit zeigten oder sich ein Lächeln gestatteten. Nach einer weiteren Zeitspanne unter den Nordmännern erfuhr ich, daß sie angesichts eines jeglichen Toten in der Schlacht lächeln, denn dies wird als Ausdruck der Freude im Namen der Getöteten betrachtet, und nicht der Lebenden. Sie sind erfreut, wenn ein Mann den Schlachtentod stirbt. Überdies halten sie das Gegenteil für wahr; sie zeigen sich bekümmert, wenn ein Mann im Schlafe stirbt oder in einem Bett. Von einem solchen Manne sagen sie: »Er starb wie eine Kuh im Stroh.« Dies ist keine Beleidigung, sondern es ist ein Grund, den Toten zu beklagen.

Die Nordmänner glauben, daß die Art, wie ein Mann stirbt, über seinen Zustand im Leben nach dem Tode entscheidet, und den Tod als Krieger in der Schlacht schätzen sie über alles. Ein »Strohtod« ist schändlich. Von einem jeglichen Manne, welcher im Schlafe stirbt, heißt es, er sei durch die Maran oder Mahr der Nacht erdrosselt worden. Dieses Wesen ist eine Frau, wodurch ein solcher Tod als schändlich gilt, denn durch die Hände einer Frau zu sterben, das ist über alle Maßen erniedrigend. Überdies sagen sie, ohne Waffen zu sterben, ist erniedrigend, und ein Krieger der Nordmänner schläft stets mit seinen Waffen, damit er, wenn des Nachts die Maran kommt, seine Waffen zur Hand hat. Selten stirbt ein Krieger an einer Krankheit oder durch die Gebrechen des Alters. Ich hörte von einem König mit Namen Ane, welcher bis zu einem solchen Alter lebte, daß er einem Kinde gleich ward, zahnlos und von der Speise eines Kindes zehrend, und er verbrachte all seine Tage im Bett und trank Milch aus einem Horn. Doch ward mir dies als höchst ungewöhnlich im Nordlande berichtet. Mit eigenen Augen sah ich wenige alt gewordene Männer, womit ich alt geworden bis zu der Zeit meine, da der Bart nicht nur weiß ist, sondern an Kinn und Antlitz ausfällt. Viele ihrer Frauen leben bis zu einem hohen Alter, zumal solche wie das alte Weib, welches sie Engel des Todes nennen; diesen alten Frauen wird der Besitz magischer Kräfte zum Heilen von Wunden, Anwenden von Sprüchen, Bannen übler Einflüsse und Voraussagen künftiger Ereignisse nachgesagt.

Die Frauen des Nordvolkes kämpfen nicht untereinander, und oftmals sah ich sie vermitteln in einem sich anbahnenden Zank oder Zweikampf zweier Männer und den wachsenden Zorn ersticken. Dergestalt verfahren sie besonders dann, so die Krieger getrübt und langsam sind vom Trunke. Dies ist oftmals der Umstand. Nun tranken die Nordmänner, welche viel Alkohol zu sich nehmen und dies zu jeglicher Stunde des Tages und der Nacht, am Tag nach der Schlacht nichts. Selten bot das Volk des Rothgar ihnen einen Becher dar, und wenn dies geschah, so ward der Becher zurückgewiesen. Dies fand ich höchst verwunderlich und sprach schließlich Herger darauf an.

Herger bewegte in der Nordmänner Geste für Gleichgültigkeit oder Teilnahmslosigkeit seine Schultern. »Das ist so, weil sie wissen, daß der schwarze Dunst wiederkehren wird.« Nun räume ich ein, daß ich aufgeblasen war vor Dünkel und mich wie ein kampferprobter Mann betrug, obgleich ich in Wahrheit wußte, daß mir solch eine Haltung nicht zustand. Dennoch empfand ich Hochgefühl ob meines Überlebens, und das Volk des Rothgar behandelte mich wie einen Mann im Gefolge mächtiger Krieger. Keck sagte ich: »Wen kümmert das? Wenn sie wiederkommen, werden wir sie ein zweites Mal schlagen.« Tatsächlich war ich eitel wie ein junger Hahn, und heute schäme ich mich eingedenk meiner Prahlerei. Herger erwiderte: »Das Königreich des Rothgar besitzt keine kampferprobten Krieger oder Edle; sie sind alle seit langem tot, und wir allein müssen das Königreich verteidigen. Gestern waren wir dreizehn. Heute sind wir zehn, und von diesen zehn sind zwei verwundet und können nicht als ganze Männer kämpfen. Der schwarze Dunst ist gereizt, und er wird schreckliche Rache nehmen.« Ich sagte zu Herger, welcher in dem Gefecht einige leichte Wunden erlitten hatte - doch keine so heftige wie die Klauenspuren in meinem Antlitz, welche ich mit Stolz trug -, daß ich keinerlei Unterfangen der Dämonen fürchtete. Er antwortete kurzum, daß ich ein Araber sei und nichts von den Bräuchen der Nordlande verstünde, und er erzählte mir, daß die Rache des schwarzen Dunstes schrecklich und gründlich sein werde. Er sagte: »Sie werden als Korgon wiederkehren.«

Ich kannte den Sinn des Wortes nicht. »Was ist Korgon?« Er sagte zu mir: »Der Glühwurmdrache, welcher durch die Luft herabstößt.«

Dies schien nun allzu verstiegen, doch hatte ich bereits die Seeungeheuer erlebt, just als sie sagten, daß solche Bestien wirklich lebten, und überdies sah ich Hergers müde und erschöpfte Miene, und ich nahm an, daß er an den Glühwurmdrachen glaubte. Ich sagte: »Wann wird Korgon kommen?«

»Vielleicht schon heute nacht«, sagte Herger. Wahrlich, selbst als er sprach, sah ich, daß Buliwyf, obgleich er während der ganzen Nacht nicht geschlafen hatte und seine Augen rot und schwer waren vor Müdigkeit, neuerlich die Errichtung von Verteidigungswerken um die Halle namens Hurot leitete. Sämtliche Menschen des Königreiches arbeiteten, die Kinder und die Frauen und die alten Männer und die Sklaven ebenso, unter der Anweisung des Buliwyf und seines Stellvertreters Ecthgow. Dergestalt verfuhren sie: Ungefähr an der Grenze von Hurot und den angrenzenden Bauwerken, welche die Behausungen des Königs Rothgar und einiger seiner Edlen waren, und den ungeschlachten Hütten der Sklaven dieser Familien und des einen oder anderen unter den Landmännern, welche nächst der See lebten, rund um diesen ganzen Bereich ließ Buliwyf eine Art Zaun aus gekreuzten Lanzen und Pfählen mit scharfen Spitzen errichten. Dieser Zaun war nicht höher denn eines Mannes Schulter, und obzwar die Spitzen scharf und bedrohlich waren, vermochte ich den Wert dieses Verteidigungswerkes nicht zu erkennen, denn Männer konnten es mit Leichtigkeit erklimmen. Darob sprach ich zu Herger, welcher mich einen törichten Araber hieß. Herger befand sich in schlechter Stimmung. Nun ward ein weiteres Verteidigungswerk angelegt, ein Graben außerhalb des Pfahlzaunes, ein und einen halben Schritt davor. Dieser Graben war höchst befremdlich. Er war nicht tief, an keiner Stelle tiefer denn eines Mannes Knie und oftmals weniger. Er war ungleichmäßig ausgehoben, so daß er an einigen Stellen flach war und an anderen Stellen tiefer, mit kleinen Gruben. Und an manchen Stellen wurden kurze Lanzen mit aufwärts gerichteten Spitzen in die Erde getrieben.

Der Wert dieses dürftigen Grabens erschloß sich mir nicht mehr denn der des Zaunes, doch erkundigte ich mich, bereits um seinen Unmut wissend, nicht bei Herger. Statt dessen half ich nach besten Kräften bei dem Werke, wobei ich nur einmal innehielt, um nach der Nordmänner Art meinen Umgang mit einer Sklavin zu haben, denn durch die Aufregung der nächtlichen Schlacht und der Vorbereitungen des Tages war ich voller Tatendrang. Nun hatte mir Herger während meiner Reise mit Buliwyf und seinen Kriegern die Wolga hinauf erzählt, daß unbekannten Frauen, zumal wenn sie bezaubernd und verführerisch, nicht zu trauen sei. Herger sagte zu mir, daß in den, Wäldern und wilden Stätten der Nordlande Frauen leben, welche Waldfrauen genannt werden. Diese Waldfrauen locken Männer mittels ihrer Schönheit und sanften Worte, doch wenn ein Mann ihnen naht, so stellt er fest, daß sie an der Rückseite hohl sind und Erscheinungen. Darauf sprechen die Waldfrauen einen Bann über den verführten Mann aus, und er wird ihr Gefangener. Nun hatte mich Herger dergestalt gewarnt, und wahrlich, es trifft zu, daß ich mich dieser Sklavin mit Beklommenheit näherte, da ich sie nicht kannte. Und ich befühlte mit der Hand ihren Rücken, und sie lachte; denn sie kannte den Grund der Berührung: mich zu versichern, daß sie kein Waldgeist war. Zu jener Zeit fühlte ich mich wie ein Narr und verfluchte mich, weil ich einem heidnischen Aberglauben Vertrauen geschenkt. Doch habe ich entdeckt, daß man, wenn alle um einen herum an etwas Bestimmtes glauben, bald versucht ist, diesen Glauben zu teilen, und so geschah es mit mir.