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Die Frauen des nördlichen Volkes sind so bleich wie die Männer und ebenso groß von Gestalt; der größere Teil von ihnen blickt auf meinen Kopf herab. Die Frauen besitzen blaue Augen und tragen ihr Haar sehr lang, doch ist das Haar fein und leicht zerzaust. Daher raffen sie es über dem Hals und auf dem Kopfe zusammen; zur Unterstützung dessen haben sie für sich allerlei Arten von Klammern und Nadeln aus verziertem Silber oder Holz gefertigt. Diese stellen ihren vornehmlichen Schmuck dar. Überdies trägt das Weib eines reichen Mannes, wie ich bereits früher gesagt habe, Ketten aus Gold und Silber; zudem schätzen die Frauen Armreifen aus Silber in der Gestalt von Drachen und Schlangen, und diese tragen sie am Arm zwischen Ellenbogen und Schulter. Die Muster des Nordvolkes sind verwebt und verschlungen, als ob sie das Flechtwerk von Baumzweigen oder die Windungen von Schlangen darstellen wollen; diese Muster sind überaus schön. (Diese Ansicht ist gerade für einen Araber bezeichnend, denn die religiöse Kunst des Islam tendiert zum Nichtgegenständlichen und ähnelt m ihrer Machart durchaus der skandinavischen Kunst, die oftmals reine Ziermuster zu bevorzugen scheint Allerdings hatten die Normannen keinerlei Einwände gegen die Darstellung von Göttern und taten dies auch häufig.) Die Menschen des Nordens betrachten sich als kundige Kenner der Schönheit bei Frauen. Doch in Wahrheit schienen all ihre Frauen in meinen Augen ausgemergelt und ihre Leiber kantig und von klobigem Knochenbau; ebenso sind ihre Gesichter knochig und die Wangen hochliegend. Diese Eigenheiten schätzen und preisen die Nordmänner, obzwar eine solche Frau in der Stadt des Friedens keinerlei Blick anlocken und nicht höher eingeschätzt würde als ein halb verhungerter Hund mit hervorstehenden Rippen. Die Nordfrauen besitzen Rippen, welche just in nämlicher Weise hervorstehen.

Ich weiß nicht, weshalb die Frauen so dünn sind, denn sie essen mit Genuß und ebensoviel wie die Männer, doch an ihren Leibern erlangen sie kein Fleisch. Überdies zeigen die Frauen keinerlei Ehrerbietung oder vornehmes Betragen; sie sind nie verschleiert, und sie erleichtern sich an öffentlichen Orten, wie es ihrem Drang zupasse kommt. Desgleichen machen sie einem jeglichen Manne, welcher ihr Wohlgefallen findet, kecke Anträge, als ob sie selbst Männer wären; und die Krieger tadeln sie darob nie. Selbst wenn es sich bei der Frau um eine Sklavin handelt, ist dies der Fall, denn wie ich gesagt habe, sind die Nordmänner höchst freundlich und nachsichtig zu ihren Sklaven, besonders zu den weiblichen Sklaven. Mit dem Fortschreiten des Tages erkannte ich deutlich, daß die Verteidigungswerke des Buliwyf bis zum Anbruch der Nacht nicht vollendet würden, weder der Pfahlzaun noch der seichte Graben. Buliwyf erkannte dies ebenso und rief nach König Rothgar, welcher das alte Weib herbeibefahl. Dieses alte Weib, welches verdorrt war und den Bart eines Mannes besaß, tötete ein Schaf und breitete die Eingeweide (wörtlich Adern Die arabische Formulierung hat zu manchem Irrtum unter Gelehrten geführt. So hat zum Beispiel E D Graham geschrieben, daß »die Wikinger die Zukunft voraussagten, indem sie die Adern von Tieren herausschnitten und auf dem Boden ausbreiteten« Dies ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch; die arabische Formulierung für das Töten eines Tieres lautet »die Adern durchtrennen«, und Ibn Fadlan bezog sich hier auf die weitverbreitete Praxis der Weissagung mittels Ausbreitens der Eingeweide Linguisten, die ständig mit volkstümlichen Formulierungen zu tun haben, mögen derart widersprüchliche Bedeutungen ganz besonders, eines von Halsteads Lieblingsbeispielen ist die Bedeutung des Warnrufes »Obacht!«, der im allgemeinen das Gegenteil bedeutet daß man schleunigst in Deckung gehen sollte) auf dem Boden aus. Darauf stimmte sie eine Vielzahl von geheiligten Gesängen an, welche eine längere Zeit währten, und mancherlei Fürbitten an den Himmel. Ob seines Unmutes fragte ich Herger noch immer nicht dessentwegen. Statt dessen beobachtete ich die anderen Krieger des Buliwyf, welche auf die See blickten. Der Ozean war grau und rauh, doch blies ein starker Wind zum Lande hin. Dies erfüllte die Krieger mit Zufriedenheit, und ich erriet den Grund; da ein Wind vom Ozean zum Lande hin verhinderte, daß sich der Dunst aus den Hügeln herabsenkte. Dies traf zu.

Bei Anbruch der Nacht ward die Arbeit an den Verteidigungswerken eingestellt, und zu meinem Erstaunen hielt Rothgar ein weiteres Gelage von prächtigen Ausmaßen; und derweil ich an diesem Abend zusah, tranken Buliwyf und Herger und all die anderen Krieger viel Met und feierten, als gebräche es ihnen an jeglichem weltlichen Arg, und ergötzten sich mit Sklavinnen, und darauf sanken alle müßig und betäubt in Schlaf.

Nun erfuhr ich zudem dieses: daß ein jeglicher der Krieger des Buliwyf unter den Sklavinnen eine auserkoren hatte, welche er besonders schätzte, obzwar dies andere nicht ausschloß. Im Rausche sagte Herger über die Frau, welche er schätzte, zu mir: »Sie wird mit mir sterben, wenn es die Not gebietet.« Diesem entnahm ich die Bedeutung, daß ein jeglicher der Krieger des Buliwyf eine Frau auserkoren hatte, welche für ihn auf dem Scheiterhaufen sterben sollte, und diese Frau mit mehr Höflichkeit und Beachtung behandelte denn die anderen; denn sie waren Gäste in diesem Land und besaßen keinerlei eigene Sklavinnen, welchen von ihrer Sippe befohlen werden konnte, ihrer Pflicht zu genügen.

Nun wollten sich mir, in Anbetracht der Dunkelheit meiner Haut und Haare, die Nordfrauen während der ersten Spanne meiner Zeit unter den Venden nicht nähern, doch ' gab es viele Blicke und Geflüster in meine Richtung und Kichern untereinander. Ich sah, daß diese unverschleierten Frauen nichtsdestoweniger mit ihren Händen von Zeit zu Zeit einen Schleier formten, und zumal dann, wenn sie lachten. Darauf hatte ich mich bei Herger erkundigt. »Warum tun sie das?«, denn ich wollte mich nicht wider die nordischen Sitten betragen.

Herger brachte diese Erwiderung vor: »Die Frauen glauben, daß die Araber Hengste sind, denn dies haben sie als Gerücht vernommen.« Dies wiederum rief aus folgenden Grunde kein Erstaunen bei mir hervor: In sämtlichen Ländern, welche ich bereist, und ebenso innerhalb der Ringmauern der Stadt des Friedens, wahrlich an jedem Orte, da Männer sich treffen und die Geselligkeit pflegen, habe ich erfahren, daß diese Dinge zutreffen. Erstens, daß die Menschen eines bestimmten Landes ihre Bräuche für passender und anständiger und besser als alle anderen halten. Zweitens, daß ein jeglicher Fremdling, ein Mann oder also eine Frau, in jedweder Weise als minderwertig betrachtet wird, außer angelegentlich der Zeugung. Dergestalt halten die Türken die Perser für kundige Liebhaber; die Perser hegen Ehrfurcht vor den schwarzhäutigen Menschen; und die wiederum vor manch anderen; und so setzt sich dies fort, manchmal aufgrund des Ausmaßes der Geschlechtsteile, manchmal aufgrund der Ausdauer beim Umgange, manchmal aufgrund besonderer Fertigkeiten oder Stellungen. Ich weiß nicht zu sagen, ob die Nordfrauen wahrhaft glauben, was Herger sprach, doch wahrlich, ich entdeckte, daß sie höchst erstaunt waren ob meines Eingriffes, (Beschneidung) dessen Durchführung unter ihnen unbekannt ist, da sie schmutzige Heiden sind. Angelegentlich ihres Hingebens sind diese Frauen lärmend und ungebärdig und von solch einem Gestank, daß ich genötigt ward, während des Verweilens mit ihnen meinen Atem anzuhalten; überdies neigen sie zum Bocken und Winden und Kratzen und Beißen, so daß ein Mann durchaus in vollem Ritte abgeworfen werden kann, wie die Nordmänner dies bezeichnen. Was mich angeht, so erachtete ich die ganze Betätigung eher als Pein denn als Vergnügen. Die Nordmänner sagen zum Beiwohnen: »Ich focht es mit dieser oder einer anderen Frau aus«, und zeigen ihren Gefährten stolz ihre blauen Male und Abschürfungen, als ob dies wahrhaft Wunden vom Kriege wären. Die Männer indessen verletzten, soweit ich dies zu erkennen vermochte, niemals eine Frau.