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Von den Verteidigungswerken war eine Vielzahl der Zaunpfähle hinfort gebrannt. Auf anderen Stücken lagen Pferde kalt und gepfählt. Fackeln waren hier und dort verstreut. Ich erblickte keinen der Krieger des Buliwyf. Keinerlei Schreie oder Klagen erhoben sich im Königreich des Rothgar, denn die Menschen des Nordens beweinen keine Toten, sondern es lag, im Gegenteil, eine ungewöhnliche Stille in der Luft. Ich vernahm das Krähen eines Hahnes und das Bellen eines Hundes, doch keinerlei menschliche Stimmen im Tageslicht. Darauf betrat ich die große Halle namens Hurot, und hier fand ich zwei Leiber auf Stroh gebettet, mit den Helmen auf ihrer Brust. Da war Skeld, ein Edler des Buliwyf; da war Helfdane, zuvor verwundet und nun kalt und bleich. Beide waren tot. Überdies war da Rethel, der jüngste der Krieger, welcher aufrecht in einer Ecke saß und von Sklavinnen umsorgt ward. Rethel war zuvor schon verletzt, doch er hatte eine frische Wunde im Bauche, und es floß viel Blut; sicherlich peinigte sie ihn heftig, und doch zeigte er nur Fröhlichkeit, und er lächelte und neckte die Sklavinnen, indem er sie in ihre Brüste und Hinterbacken kniff, und oftmals schalten sie ihn darob, daß er sie ablenkte, derweil sie seine Wunden zu verbinden suchten. Hier ist die Art der Behandlung von Wunden gemäß ihres Wesens. So ein Krieger an den Gliedmaßen verwundet wird, entweder der Arm oder das Bein, wird ein Verband um diese Gliedmaßen gebunden, und in Wasser gekochte Tücher werden zum Abdecken über die Wunde gelegt. Überdies, so erklärte man mir, können Spinnenweben oder kleine Stücken Lammwolle in die Wunde geführt werden, um das Blut zu verdicken und seinen Fluß zu unterbinden; dieses beobachtete ich indes nie.

So ein Krieger am Haupt oder am Hals verwundet wird, wird seine Verletzung sauber gebadet und von den Sklavinnen untersucht. So die Haut aufgerissen ist, doch die weißen Knochen heil, dann sagen sie von einer solchen Wunde: »Es ist nichts von Gewicht.« Doch so die Knochen geborsten sind oder auf gewisse Art aufgebrochen, dann sagen sie: »Sein Leben strömt aus und verrinnt bald.« So ein Krieger an der Brust verwundet wird, befühlen sie seine Hände und Füße, und so diese warm sind, sagen sie von einer solchen Wunde: »Es ist nichts von Gewicht.« Doch so der Krieger hustet oder Blut erbricht, sagen sie! »Er spricht in Blut«, und sie betrachten dies als höchst ernsthaft. Ein Mann kann an diesem blutsprechenden Leiden sterben oder nicht, wie es sein Schicksal bestimmt. So ein Krieger am Unterleib verwundet ist, nähren sie ihn mit einer Suppe aus Zwiebeln und Kräutern; darauf riechen die Frauen an seinen Wunden, und so sie Zwiebeln riechen, sagen sie: »Er hat das Suppenleiden«, und sie wissen, daß er sterben wird.

Ich sah mit eigenen Augen die Frauen eine Suppe aus Zwiebeln für Rethel bereiten, welcher einen gut Teil davon trank; und die Sklavinnen rochen an seiner Wunde, und sie rochen den Duft der Zwiebeln. Darauf lachte Rethel und scherzte auf derbe Weise und verlangte nach Met, welcher ihm gebracht ward, und er zeigte keine Spur von Kümmernis.

Nun besprachen sich Buliwyf, der Anführer, und seine sämtlichen Krieger an einem anderen Ort in der großen Halle. Ich schloß mich ihrer Runde an, doch ward mir keine Begrüßung entboten. Herger, dessen Leben ich gerettet, schenkte mir keinerlei Augenmerk, denn die Krieger befanden sich vertieft in eine ernsthafte Besprechung. Ich hatte einige Brocken der nordischen Sprache gelernt, doch nicht ausreichend, um ihren leisen und rasch gesprochenen Worten zu folgen, und so begab ich mich zu einem anderen Orte und trank etwas Met und spürte die Gebrechen meines Leibes. Darauf kam eine Sklavin, meine Wunden zu baden. Diese bestanden aus einem Schnitt in der Wade und einem weiteren an meiner Brust. Für diese Verletzungen war ich unempfänglich gewesen bis zu der Zeit, da sie mir ihre Zuwendung schenkte. Die Nordmänner baden ihre Wunden mit Meerwasser aus dem Ozean, da sie glauben, daß dieses Wasser mehr Heilkräfte besitze denn Quellwasser. Solches Baden mit Meerwasser ist nicht angenehm für die Wunde. In Wahrheit stöhnte ich, und auf dieses hin lachte Rethel und sprach zu einer Sklavin: »Er ist noch immer ein Araber.« Hierauf war ich beschämt.

Überdies baden die Nordmänner Wunden im erhitzten Harn von Kühen. Dies lehnte ich ab, als es mir angeboten ward. Die Menschen des Nordens betrachten Kuhharn als einen wunderbaren Stoff und bewahren ihn in hölzernen Behältnissen auf. Für gewöhnlich kochen sie ihn, bis er dick ist und in der Nase brennt, und dann gebrauchen sie diese widerliche Flüssigkeit zum Waschen, zuvorderst von groben weißen Gewändern. (Urin enthält einen hohen Anteil an Ammoniak, ein hervorragendes Reinigungsmittel.)

Überdies ward mir erzählt, daß die Menschen des Nordens sich zur einen oder anderen Zeit auf einer langen Seereise befinden können und keine Vorräte an frischem Wasser zur Hand haben, und daher trinkt ein jeglicher Mann seinen eigenen Harn, und auf diese Weise können sie überleben, bis sie das Gestade erreichen. Dies ward mir erzählt, doch dank der Gnade Allahs sah ich es nie. Nun kam Herger zu mir, denn die Besprechung der Krieger war am Ende angelangt. Die Sklavin, welche mich umsorgt, hatte meine Wunden höchst beunruhigend zum Brennen gebracht; doch war ich entschlossen, nach der Nordmänner Art eine große Fröhlichkeit kundzutun. Ich sagte zu Herger: »Welch unbedeutende Angelegenheit wollen wir danach unternehmen?« Herger blickte auf meine Wunden und sagte zu mir: »Ihr könnt gut genug reiten.« Ich fragte, wohin wir reiten wollten, und in Wahrheit verlor ich mit einem Male jegliche Fröhlichkeit, denn ich verspürte große Ermüdung und keine Kraft zu nichts denn Ruhe. Herger sagte; »Heute nacht wird der Glühwurmdrache wiederum angreifen. Doch wir sind nun zu schwach und unsere Mannen zu gering. Unsere Verteidigungswerke sind niedergebrannt und zerstört. Der Glühwurmdrache wird uns alle töten.«

Diese Worte sprach er ruhig. Ich sah dies und sagte zu Herger: »Wohin reiten wir denn?« Ich vermeinte, daß Buliwyf und sein Gefolge aufgrund ihrer schweren Verluste das Königreich des Rothgar verlassen könnten. Darin erfuhr ich keinen Widerspruch.

Herger sagte zu mir: »Ein Wolf, welcher in seinem Bau liegt, gewinnt niemals Fleisch, oder ein schlafender Mann einen Sieg.« Dies ist ein Sprichwort der Nordmänner, und daraus entnahm ich ein anderweitiges Vorhaben: daß wir die Dunstungeheuer zu Pferde anzugreifen gedachten, wo sie lagerten, in den Bergen oder den Hügeln. Ohne große Beherztheit erkundigte ich mich bei Herger, wann dies geschehen sollte, und Herger teilte mir mit, zur mittleren Stunde des Tages.

Nun sah ich außerdem, daß ein Kind die Halle betrat und in seinen Händen einen Gegenstand aus Stein trug. Dieser ward von Herger untersucht, und es war ein weiteres kopfloses Steinbildnis einer schwangeren Frau, aufgedunsen und häßlich. Herger schrie einen Fluch und ließ den Stein aus seinen bebenden Händen fallen. Er rief nach der Sklavin, welche den Stein nahm und ihn ins Feuer legte, wo ihn die Hitze der Flammen bersten und in Trümmer zersplittern ließ. Diese Trümmer wurden darauf in die See geworfen, oder jedenfalls erzählte Herger mir dies. Ich fragte, was die Bedeutung des behauenen Steines sei, und er sagte zu mir: »Dies ist das Abbild der Mutter der Verzehrer der Toten, derjenigen, welche über sie herrscht und sie im Verzehren anweist.« Nun sah ich, daß Buliwyf, welcher in der Mitte der großen Halle stand, zum Arm des einen der Unholde blickte, welcher noch immer vom Sparren hing. Dann blickte er auf die zwei Leiber seiner erschlagenen Gefährten und den verbleichenden Rethel, und seine Schultern sanken, und sein Kinn fiel auf die Brust. Und darauf schritt er an ihnen vorbei und aus der Tür hinaus, und ich sah ihn seinen Panzer anlegen und sein Schwert ergreifen und sich aufs neue für die Schlacht vorbereiten.