Buliwyf selbst leitete nicht die Vorbereitungen, denn er war nicht von der Familie des Wyglif, und es ist ein Gebot, daß die Familie das Begräbnis bereitet. Buliwyf nahm an der allgemeinen Fröhlichkeit und Feier teil, und er zeigte keinerlei königliches Betragen, mit Ausnahme der Gelage des Nachts, da er auf dem erhöhten Sitze saß, welcher dem König vorbehalten. Dergestalt war der Brauch seines Sitzens: Wenn ein Nordmann wahrhaft König ist, sitzt er am Kopfe der Tafel auf einem großen Steinstuhl mit steinernen Armstützen. Solcherart war der Stuhl des Wyglif, doch Buliwyf saß nicht darauf, wie ein Mann gewöhnlich sitzt. Statt dessen saß er auf einer Armstütze, von welcher er herabfiel, wenn er übermäßig trank oder mit großer Ausgelassenheit lachte. Es war Sitte, daß er nicht auf dem Stuhl sitzen durfte, bis Wyglif begraben war. Ab dieser Zeit über verschwor und besprach Thorkel sich mit den anderen Edlen. Mir kam zu Ohren, daß ich als Zauberer oder Hexer verdächtigt ward, was mich sehr bekümmerte. Der Übersetzer, welcher diese Geschichten nicht glaubte, teilte mir mit, daß Thorkel behauptete, ich hätte Wyglifs Tod verursacht und dafür gesorgt, daß Buliwyf der nächste Häuptling werde; doch wahrlich, ich hatte keinerlei Anteil am einen wie am andern. Nach einigen Tagen suchte ich in Gesellschaft von ibn-Bastu und Takin und Bars aufzubrechen, und doch wollten uns die Nordmänner die Abreise nicht gestatten, sondern sagten, wir müßten bis zum Begräbnis verweilen, und drohten uns mit ihren Dolchen, welche sie stets mit sich führten. Daher verweilten wir.
Als der Tag gekommen war, da Wyglif und das Mädchen den Flammen überantwortet werden sollten, ward sein Schiff am Flußufer zu Lande gezogen. Vier Eckversteifungen aus Birke und anderem Holz waren darum angebracht; des weiteren große hölzerne Figuren in Gestalt menschlicher Wesen. In der Zwischenzeit begannen die Menschen auf und ab zu laufen, wobei sie Worte ausstießen, welche ich nicht verstand. Die Sprache der Nordmänner ist häßlich für das Ohr und schwer zu erfassen. Der tote Häuptling lag mittlerweile fernab in seinem Grabe, aus welchem sie ihn jetzt entfernt hatten. Danach brachten sie eine Ruhestatt, stellten sie in das Schiff und bedeckten sie mit griechischem Goldtuch und Pfühlen aus nämlichem Stoffe. Darauf kam ein altes Weib, welches sie den Engel des Todes nennen, und es breitete die persönliche Habe auf der Ruhestatt aus. Sie war es, welche dem Nähen der Gewänder beiwohnte und aller Ausrüstung. Sie war es auch, welche das Mädchen hinmeucheln sollte. Ich sah das alte Weib mit eigenen Augen. Es war düster, von dicker Gestalt, mit herablassender Miene.
Als sie zum Grabe kamen, entfernten sie das Dach und zogen den Toten heraus. Darauf sah ich, daß er aufgrund der Kälte dieses Landes völlig schwarz geworden war. Neben ihm hatten sie starke Tränke, Früchte und eine Laute ins Grab gelegt; und diese nahmen sie nun heraus. Von seiner Farbe abgesehen, hatte sich der tote Wyglif nicht verändert.
Nun sah ich Buliwyf und Thorkel Seite an Seite stehen und während der Begräbnisfeierlichkeiten viel Aufhebens von ihrer Freundschaft machen, und doch war es offenkundig, daß ihrem Auftreten keinerlei Wahrhaftigkeit innewohnte. Der tote König Wyglif ward nun in Unterzeug, Beinkleider, Stiefel und einen Kaftan aus Goldtuch gekleidet, und auf sein Haupt ward eine Kappe aus Goldtuch, besetzt mit Zobel, gestülpt. Darauf ward er zu einem Zelt auf dem Schiff getragen; sie setzten ihn auf eine gesteppte Decke, stützten ihn mit Pfühlen und brachten starken Trank, Früchte und Basilienkraut herbei, welches sie neben ihn legten.
Dann brachten sie einen Hund herbei, welchen sie entzweischnitten und in das Schiff warfen. Sie legten alle seine Waffen neben ihn und führten zwei Pferde herbei, welche sie hetzten, bis sie vor Schweiß troffen, worauf Buliwyf eines mit seinem Schwert tötete und Thorkel das zweite tötete, und sie schnitten sie mit ihren Schwertern in Stücke und schleuderten die Stücke fort in das Schiff. Buliwyf tötete sein Pferd weniger hurtig, was für diejenigen, welche zusahen, von Wichtigkeit schien, doch wußte ich nicht um die Bedeutung. Zwei Ochsen wurden darauf vorgeführt, in Stücke zerschnitten und in das Schiff geschleudert. Schließlich brachten sie einen Hahn und eine Henne herbei, töteten sie und warfen sie ebenso hinein. Das Mädchen, welches sich dem Tode geweiht hatte, schritt mittlerweile auf und ab und betrat eins nach dem anderen die Zelte, welche sie dort stehen hatten. Der Insasse eines jeden Zeltes lag bei ihr und sagte: »Bestelle deinem Herrn, daß ich dies nur aus Liebe zu ihm tat.« Nun war es spät am Nachmittag. Sie geleiteten das Mädchen zu einem Gegenstand, welchen sie zusammengefügt hatten und welcher aussah wie der Rahmen einer Tür. Sie setzte die Füße auf die dargebotenen Hände der Männer, welche sie über den Rahmen hoben. Sie stieß etwas in ihrer Sprache hervor, worauf sie sie herabließen. Darauf hoben sie sie erneut an, und sie tat wie zuvor. Einmal mehr ließen sie sie herab und hoben sie ein drittes Mal. Darauf reichten sie ihr eine Henne, deren Kopf sie abschnitt und wegwarf.
Ich befrug den Dolmetscher, was sie da getan habe. Er erwiderte: »Das erste. Mal sagte sie: >Schau an, hier sehe ich meinen Vater und meine Mutter<; das zweite Maclass="underline" >Schau an, nun sehe ich all meine verblichenen Verwandten dasitzen<; das dritte Maclass="underline" >Schau an, dort ist mein Herr, welcher im Paradies sitzt. Das Paradies ist so herrlich, so grün. Bei ihm befinden sich Männer und Knaben. Er ruft mich, also bringt mich zu ihm.<«
Darauf führten sie sie fort zum Schiff. Hier nahm sie ihre zwei Armreifen ab und gab sie der alten Frau, welche der Engel des Todes genannt ward, und ihr oblag es, sie zu morden. Auch streifte sie ihre zwei Fußreifen ab und übergab sie den zwei Dienerinnen, welche die Töchter des Engels des Todes waren. Dann hoben sie sie in das Schiff, doch ließen sie sie noch nicht in das Zelt. Nun traten Männer mit Schilden und Knüppeln vor und reichten ihr einen Becher mit starkem Trank. Diesen nahm sie, sang darob und leerte ihn. Der Dolmetscher teilte mir mit, daß sie sagte: »Hiermit nehme ich Abschied von jenen, die mir teuer sind.« Darauf ward ihr ein weiterer Becher gereicht, welchen sie ebenfalls nahm und zu einem längeren Gesang anhob. Die Alte ermahnte sie, den Becher ohne Zaudern zu leeren und das Zelt zu betreten, wo ihr Herr lag. Zu diesem Zeitpunkt schien es mir, als sei das Mädchen betäubt. Sie tat, als wolle sie das Zelt betreten, als die alte Hexe sie jählings am Haupte ergriff und sie hineinzerrte. In diesem Augenblick hoben die Männer an, mit den Knüppeln auf ihre Schilde einzuschlagen, um den Lärm ihrer Aufschreie zu übertönen, welche die anderen Mädchen entsetzt und abgeschreckt hätten, in Zukunft den Tod mit ihren Herren zu suchen.
Sechs Männer folgten ihr in das Zelt, und ein jeglicher von ihnen hatte fleischliche Gemeinschaft mit ihr erfahren. Darauf legten sie sie an ihres Herren Seite nieder, derweil zwei der Männer ihre Füße ergriffen und zwei die Hände. Die als Engel des Todes bekannte Frau knotete nun ein Seil um ihren Hals und reichte die Enden zweien der Männer zum Ziehen. Darauf stach sie ihr mit einem breitschneidigen Dolch zwischen die Rippen und zog die Klinge voran, derweil die zwei Männer sie mit dem Seile drosselten, bis sie starb.
Die Sippe des toten Wyglif trat nun heran, nahm ein Stück entzündeten Holzes und schritt rückwärts zu dem Schiff und steckte das Schiff in Brand, ohne ein Mal hinzusehen. Der Scheiterhaufen war in Bälde entflammt, und das Schiff, das Zelt, der Mann und das Mädchen und alles weitere wurden hinfortgewirbelt in einem fauchenden Feuersturm. Zu meiner Seite brachte einer der Nordmänner eine Bemerkung bei dem Dolmetscher vor. Ich fragte den Dolmetscher, was gesagt ward, und erhielt dies zur Antwort: »Ihr Araber«, sagte er, »müßt ein dummes Pack sein. Ihr nehmt euren allerliebsten und verehrtesten Mann und werft ihn in die Erde, auf daß er von kriechendem Getier und Würmern vertilgt wird. Wir hingegen verbrennen ihn in einem Augenblick, so daß er auf der Stelle unverzüglich ins Paradies einkehrt.« Und wahrhaftig, bevor eine Stunde verstrichen war, hatten sich Schiff, Holz und Mädchen mit dem Manne zu Asche verwandelt.