Выбрать главу

»Dann haben sie also auch bei Richards Betrug mitgespielt!«

»Nein, denn da Richard ihnen das Eisen abnimmt, können sie mehr davon verkaufen, was wiederum die Herstellungskosten senkt. Auf diese Weise verdienen sie mehr Geld, als sie es sonst getan hätten. Richard verkauft es wiederum mir zu einem geringeren Preis, als ich den normalen Fuhrunternehmen zahlen müsste, da er es günstiger einkaufen kann.«

Angewidert warf Nicci ihre Hände in die Luft. »Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, nimmt er arbeitenden Menschen auch noch ihre Arbeit weg. Das ist die übelste Sorte von Verbrechern – die ihren Profit auf Kosten der Armen, der Bedürftigen und der Werktätigen machen!«

»Was?«, protestierte Ishaq. »Ich bekomme weder genügend Leute für die Arbeit noch genügend Bewilligungen, um die Güter zu befördern, die die Menschen dringend benötigen. Richard nimmt niemandem seinen Arbeitsplatz weg – im Gegenteil, er trägt dazu bei, dass alle mehr zu tun haben. Die Gießereien, für die er fährt, haben durch die Bank mehr Leute eingestellt, seit sie über Richard verkaufen können.«

»Das stimmt«, bestätigte der Schmied.

»Ihr begreift es einfach nicht«, beharrte Nicci, sich die Haare raufend. »Er hat Euch hinters Licht geführt. Er betrügt Euch – und nimmt Euch aus bis auf die Knochen. Ihr werdet immer ärmer, nur weil Richard…«

»Aber versteht Ihr denn nicht, Mrs. Cypher? Richard hat einem halben Dutzend Gießereien Verdienstmöglichkeiten geschaffen. Zurzeit sind sie überhaupt nur wegen Richard in Betrieb. Er transportiert ihre Erzeugnisse dann, wenn es für sie sinnvoll ist, nicht wenn sie irgendeine blödsinnige, mit lauter Siegeln überklebte Bewilligung erhalten. Ganz auf sich allein gestellt, hat Richard es einer ganzen Reihe von Köhlern sowie einer Reihe von Bergleuten und jeder Menge anderer Leute ermöglicht, sich durch die Belieferung dieser Gießereien ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und ich? Durch Richard habe ich mehr Geld verdient, als ich je für möglich gehalten hätte.

Richard hat uns alle reich gemacht, indem er etwas dringend Erforderliches getan hat und indem er es besser gemacht hat, als andere dies konnten. Er hat uns allen Arbeit verschafft. Nicht der Orden mit all seinen Komitees, Ausschüssen oder Kollektiven – sondern Richard.

Wegen Richard brauchte ich niemanden zu entlassen. Nie hört man von ihm, etwas sei unmöglich; stattdessen überlegt er, wie es zu schaffen wäre. Damit hat er sich das Vertrauen jedes Einzelnen, mit dem er zu tun hatte, erworben. Sein Wort ist Gold wert.

Ja, selbst Bruder Narev trug Richard auf, alles Erforderliche in die Wege zu leiten, damit ich mein dringend benötigtes Eisen bekomme. Richard hat es ihm versprochen. Der Palast wäre längst nicht so weit fortgeschritten, hätte Richard uns nicht alle über Wasser gehalten, indem er lieferte, was wir brauchen und wann wir es brauchen.

Der Orden schuldet Richard Dank, nicht Folter und Bestrafung. Er hat den Orden unterstützt, indem er getan hat, was getan werden musste. Diese Landungsbrücken dort draußen wären längst noch nicht gebaut, hätte Richard nicht das Eisen für die Befestigungsklammern für mich aufgetrieben. Die Bildhauerarbeiten an den Palastmauern dort unten wären noch nicht fertig, hätte er mir nicht den Stahl geliefert, den ich brauchte, um die Werkzeuge herzustellen, mit denen sie gemeißelt wurden. Alle Güter dort unten rollen ausnahmslos auf Rädern herbei, die ich mit Eisenreifen repariert habe, weil Richard mir den Stahl besorgen konnte. Richard hat mehr dafür getan, dass dieser Palast aus dem Boden gestampft wurde, als jeder andere einzelne Mann. Und dabei hat er sich auch noch Freunde gemacht.«

Nicci konnte es einfach nicht fassen. Dabei musste es stimmen; sie erinnerte sich, dass Richard Bruder Narev begegnet war. Wie konnte jemand so viel Geld verdienen, den Orden unterstützen und gleichzeitig das Vertrauen der Menschen gewinnen, mit denen er Geschäfte machte?

»Aber trotzdem hatte er doch all diesen Profit erzielt…«

Der Schmied schüttelte den Kopf, so, als wäre sie eine heimtückische Person, die sich mitten unter sie geschlichen hatte. »Profit! Das ist nur für die Blutsauger dieser Welt ein schmutziges Wort. Sie wollen, dass man darin etwas Böses sieht, damit sie sich das unverdiente Geld noch leichter unter den Nagel reißen können.«

Das Stirnrunzeln kehrte zurück, als er sich zu ihr beugte. Seine Stimme wurde so glutvoll wie das Eisen, das er bearbeitete.

»Was mich interessieren würde, Mrs. Cypher, ist, wieso Richard in einem stinkenden Gefängnis hockt, wo man versucht, ein Geständnis aus ihm herauszufoltern, während seine Frau sich hier wie eine Närrin aufführt, weil er Geld verdient und uns alle dabei auch noch reich und glücklich gemacht hat.«

Nicci spürte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte. »Ich kann die Strafe nicht vor morgen Abend bezahlen.«

»Bevor ich Euch kennen lernte, dachte ich immer, Richard könnte niemals einen Fehler machen.« Der Mann zog seine Lederschürze über den Kopf und hängte sie in der Werkstatt an die Wand. »Mit einer solchen Summe können wir ihn bestimmt eher freikaufen. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät. Begleitest du mich, Ishaq?«

»Natürlich. Dort kennt man mich und vertraut mir. Ich komme mit.«

»Gebt mir das Geld«, befahl der Schmied.

Nicci ließ es in seine geöffnete Hand fallen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. In Wirklichkeit war Richard also gar kein Dieb; es grenzte an ein Wunder. Sie wusste nicht warum, aber diese Menschen waren alle glücklich wegen ihm, er hatte sie alle wohlhabend gemacht. Für sie ergab das alles keinen Sinn.

»Bitte, wenn Ihr mir helfen könntet, stünde ich tief in Eurer Schuld.«

»Ich tue das nicht für Euch, Mrs. Cypher. Ich helfe einem Freund, den ich schätze und der es wert ist, dass man ihm hilft.«

»Nicci. Ich heiße Nicci.«

»Und mein Name ist Mr. Cascella«, brummte er und stapfte davon.

Mr. Cascella schmiss vier Goldmünzen vor Volksprotektor Muksin auf den Tisch. Nicci und Ishaq hatte er erklärt, er wolle etwas als Reserve zurückbehalten, damit sie ›die Esse treten‹ konnten, falls diese ›mehr Hitze benötigte‹.

Der Schmied baute sich vor dem am Tisch sitzenden Mann auf. Verschiedene Beamte vergruben ihre Nase in ihrer Arbeit, nur die Gardisten im Raum verfolgten das Geschehen.

»Richard Cypher. Ihr haltet ihn hier gefangen. Wir sind gekommen, um die Strafe zu bezahlen.«

Einem fetten Karpfen gleich – zu voll gefressen, um einen Wurm zu verspeisen – betrachtete Protektor Muksin die Münzen aus halb zugekniffenen Augen.

»Vor morgen Abend werden keine Strafen festgesetzt. Kommt dann noch einmal her. Sollte sich dieser Cypher bis dahin zu keiner Beteiligung an einem ernsthafteren Vergehen bekannt haben, könnt Ihr dann bezahlen.«

»Ich arbeite draußen an dem neuen Palast«, entgegnete Mr. Cascella. »Bruder Narev hält mich ganz schön auf Trab; könnten wir diese Angelegenheit nicht jetzt gleich zum Abschluss bringen, wo wir gerade alle hier sind? Bruder Narev würde es sicherlich zu schätzen wissen, wenn sein Schmied morgen nicht noch einmal den weiten Weg bis hierher machen muss, wo ich doch einmal hier bin.«

Protektor Muksin ließ seine dunklen Augen, von einer Seite zur anderen schwenkend, durch den mit klagenden und weinenden Menschen voll gepferchten Saal wandern. Sein Stuhl quietschte, als er ihn näher an den Tisch heranrollte. Er faltete seine fetten, kurzen Finger über einem Stapel zerfledderter Papiere.

»Ich möchte Bruder Narev keinesfalls Unannehmlichkeiten bereiten.«

Der Schmied feixte. »Das dachte ich mir.«

»Andererseits würde Bruder Narev auch nicht wollen, dass ich meine Pflicht gegenüber dem Volk vernachlässige.«

»Selbstverständlich nicht!«, warf Ishaq ein. Er riss sich seine rote Mütze vom Kopf, als die dunklen Augen in seine Richtung schwenkten. »Das wollten wir damit auch gar nicht andeuten. Wir vertrauen darauf, dass Ihr Eure Pflicht verseht.«

»Wer seid Ihr?«, fragte der Protektor an Nicci gewandt.