Da hab ich es ihr richtig besorgt – genau wie sie es wollte. Ich hab’s der Hure richtig besorgt und ihr dabei ordentlich wehgetan, wie sie es nicht anders verdient…«
Kahlan rammte ihm ihr Knie mit all ihrer Kraft in den Unterleib. Gadi klappte zusammen und bekam keine Luft mehr. Er verdrehte die Augen und schlug hart auf den Boden.
Cara lächelte. »Dachte ich mir schon, dass Euch der Teil besonders gut gefallen würde.«
Kahlan wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Es war nicht Richard. Ich wusste, dass es nicht Richard war. Es war dieses Schwein hier.«
Als er wieder zu sich kam, trat Kahlan ihm in die Rippen, und er stieß einen Schrei aus. Auf einen ungeduldigen Wink von ihr packte Cara ihn bei den Haaren und riss ihn auf die Füße.
»Erzähl deine Geschichte zu Ende«, befahl Kahlan in eiskaltem Zorn.
Er hustete und keuchte und sabberte. Cara musste ihn stützen. Sie bog ihm die Arme auf den Rücken, damit er sich nicht den Unterleib halten konnte. Die Schmerzen standen ihm deutlich in sein verzerrtes Gesicht geschrieben.
»Rede, oder ich mache das noch mal!«
»Bitte! Ich wollte es Euch ja gerade sagen, als Ihr mich daran gehindert habt.«
»Red endlich weiter!«
Er nickte wie von Sinnen. »Als ich fertig war mit dieser Hure … also, als ich von Nicci fortging, haben Kamil und Nabbi vollkommen verrückt gespielt.«
Kahlan bog sein Kinn nach oben. »Was soll das heißen, sie haben verrückt gespielt?«
»Sie waren verrückt vor Wut, weil ich mit Richards Frau zusammen gewesen war. Sie wollten mir etwas antun, mich verletzen. Also beschloss ich, mich zur Armee zu melden und für den Orden gegen die Heiden zu kämpfen, und…«
Kahlan wartete. Sie sah kurz hoch zu Cara. Die Mord-Sith tat etwas hinter Gadis Rücken, das ihn aufschreien ließ.
»Und dann habe ich Richards Namen gemeldet!«
»Was hast du getan?«
»Bevor ich die Stadt verließ, hab ich seinen Namen gemeldet. Ich hab den Stadtwachen im Büro von Protektor Muksin erzählt, dass Richard irgendwelche krummen Sachen macht, dass er den Werktätigen die Arbeit stiehlt – und mehr Geld verdient, als ihm von Rechts wegen zusteht.«
Kahlan runzelte die Stirn. »Was bedeutet das? Was geschieht, wenn man einen Namen meldet?«
Gadi zitterte vor Angst, er wollte ganz offensichtlich nicht darauf antworten. Cara presste ihm den Strafer in die Seite. Blut sickerte an seinem durchgeschwitzten Hemd herab. Er versuchte es, bekam aber keine Luft. Sein aschfahles Gesicht begann sich bläulich zu verfärben.
»Sag es ihr«, kommandierte Cara kalt.
Gadi schnappte einmal kurz nach Luft, als sie den Druck verminderte. »Man wird verhaftet. Und … gezwungen … ein Geständnis abzulegen.«
»Geständnis?«, fragte Kahlan, die Angst davor hatte, die Antwort zu hören.
Widerwillig nickte Gadi. »Höchstwahrscheinlich wird man ein Geständnis aus ihm herausfoltern. Vielleicht – wenn er etwas wirkliches Schlimmes gesteht – hängt man seine Leiche auch an einen Pfahl und lässt seine Knochen von den Vögeln sauber picken.«
Kahlan konnte sich kaum noch auf den Beinen halten und glaubte, sich übergeben zu müssen. Die Welt drehte sich um sie herum.
Sie trat den Korb mit den Karten um und wühlte hastig in den Kartenrollen, bis sie gefunden hatte, was sie suchte. Dann nahm sie einen Federkiel und ein Tintenfass aus ihrem Futteral, stellte die Figur der Seele auf den Boden und breitete die kleine Karte über den Tisch.
»Komm her«, befahl Kahlan und deutete dabei Finger schnippend vor dem Tisch auf den Boden. Nachdem er herangerutscht war, drückte sie ihm die Feder in seine zitternden Finger.
»Wir befinden uns hier. Zeig mir, wo du mit der Armee des Ordens entlangmarschiert bist.«
Er zeigte auf die Karte. »An diesem Fluss entlang. Nach einer kurzen Ausbildung kam ich mit Truppenverstärkungen aus der Alten Welt hierher. Wir stießen zur Streitmacht des Kaisers und rückten dann den ganzen Sommer über an diesem Fluss entlang weiter vor.«
Kahlan zeigte auf die Alte Welt. »Und jetzt möchte ich, dass du die Stelle einzeichnest, wo du gewohnt hast.«
»In Altur’Rang. Da ist es, hier.«
Sie beobachtete ihn, wie er die Feder eintauchte und den Punkt sowie den Namen Altur’Rang tief unten im Süden einkreiste – mitten im Herzen der Alten Welt.
»So«, sagte sie, »und jetzt zeichnest du die Straßen ein, auf denen du die Alte Welt durchquert hast – mitsamt allen Städten und Ortschaften, durch die du dabei gekommen bist.«
Cara und Kahlan sahen zu, wie Gadi Straßen markierte und eine Reihe von Städten und Ortschaften mit einem Kreis versah. Warren und die Schwestern stammten aus der Alten Welt; sie waren mit den örtlichen Gegebenheiten recht gut vertraut, was es ihnen ermöglicht hatte, detaillierte Karten zu erstellen.
Als er fertig war, sah Gadi auf.
Kahlan drehte die Karte um. »Zeichne einen Plan von der Stadt Altur’Rang. Ich möchte sehen, wie die Hauptverkehrsstraßen verlaufen – alles, was du darüber weißt.«
Gadi machte sich augenblicklich daran, die Karte für sie zu zeichnen. Als er fertig war, hob er abermals den Kopf.
»Und jetzt zeig mir, wo sich dieses Zimmer befindet, in dem Richard wohnt.«
Gadi markierte die Stelle mit einem Kreuz auf der Karte. »Aber ich weiß nicht, ob er noch dort sein wird. Eine Menge Leute melden die Namen von Personen, die der Vergehen gegen ihre Mitmenschen verdächtigt werden. Wenn sie seinen Namen aufgenommen und ihn verhaftet haben … die Ordensbrüder könnten eine Buße verhängen oder ihn vielleicht sogar verhören und anschließend seine Hinrichtung anordnen.«
»Die Ordensbrüder?«, unterbrach ihn Kahlan.
Gadi nickte. »Bruder Narev und seine Jünger. Sie stehen an der Spitze der Bruderschaft des Ordens. Bruder Narev ist unser geistiger Führer. Er und die Ordensbrüder bilden das Herz des Ordens.«
»Wie sehen sie aus?«, fragte Kahlan, deren Gedanken bereits weit vorauseilten.
»Die Brüder tragen dunkle Gewänder mit Kapuzen. Es sind ganz einfache Männer, die den Annehmlichkeiten des Lebens abgeschworen haben, um dem Willen des Schöpfers und den Bedürfnissen der Menschheit zu dienen. Bruder Narev steht dem Schöpfer näher als jeder andere lebende Mensch. Er ist der Retter der Menschheit.«
Es war nicht zu übersehen, dass Gadi eine heilige Ehrfurcht vor diesem Mann empfand. Kahlan hörte zu, während Gadi ihr alles, was er wusste, über die Bruderschaft des Ordens, über die Ordensbrüder und insbesondere über Bruder Narev erzählte.
Zitternd hockte Gadi in der Stille, nachdem er geendet hatte. Kahlan schaute nicht ihn an, sondern hatte den Blick starr in die Ferne gerichtet.
»Wie sah Richard aus?«, fragte sie ihn mit entrückter Stimme. »Ging es ihm gut? Machte er einen gesunden Eindruck?«
»Ja. Er ist wohl genährt und kräftig. Bei einigen Narren ist er ziemlich beliebt.«
Kahlan wirbelte herum und schlug ihm den Handballen so fest ins Gesicht, dass es ihn von den Füßen riss.
»Schafft ihn hier raus«, sagte sie an Cara gewandt.
»Aber jetzt müsst Ihr mir Gnade erweisen! Ich habe Euch alles erzählt, was Ihr wissen wolltet!« Er brach in Tränen aus. »Ihr müsst mir Gnade erweisen!«
»Ihr habt noch eine Arbeit, die Ihr zu Ende bringen müsst«, war alles was Kahlan zu Cara sagte.
Kahlan schlug die Zeltöffnung zurück und spähte hinein. Schwester Dulcinia schnarchte leise, doch Holly hob den Kopf.
Dem Mädchen kamen die Tränen, als es flehentlich die Arme ausstreckte. Kahlan ließ sich neben der Kleinen auf die Knie hinunter, beugte sich über sie und nahm sie in die Arme. Holly fing an zu weinen.
Schwester Dulcinia schreckte mit einem Schnaufen aus dem Schlaf. »Mutter Konfessor!«