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Kahlan stockte der Atem.

Richard verkündete mit unheilvoller Stimme: »Ganz wie ihr wollt.«

Dies waren Männer, die Richard kannte. Er hatte sie alle mit Namen angesprochen und sie an die gemeinsamen Jahre und Taten erinnert. Und er hatte Geduld mit ihnen bewiesen. Doch als seine Geduld schließlich erschöpft war, war sie in Unduldsamkeit umgeschlagen.

Pferde schnaubten und stampften mit den Hufen, ihr Lederzaumzeug knarzte, als die Männer aufsaßen. »Morgen früh kommen wir zurück und brennen diese Hütte nieder. Besser, wir treffen in der Nähe weder dich noch deine Leute an, denn sonst verbrennt ihr mit ihr.« Ein paar letzte Verwünschungen, dann galoppierten die Männer davon. Das Donnern der sich entfernenden Hufe fuhr Kahlan bis ins Mark. Selbst das tat weh.

Sie bedachte Richard mit einem dünnen Lächeln, auch wenn er es nicht sehen konnte. Hätte er nur ihretwegen nicht gebettelt! Niemals, das wusste sie, hätte er für sich selbst um etwas gebettelt.

Licht flutete über die Wand, als die Decke vor der Tür zurückgeschlagen wurde; aus Richtung und Art des Lichts schloss Kahlan, dass es etwa um die Mittagszeit an einem leicht bewölkten Tag sein musste. Richard erschien neben ihr, sein hoch gewachsener Körper ragte vor ihr in die Höhe und warf einen Schattenstreifen über ihre Mitte.

Er trug ein schwarzes, ärmelloses Unterhemd ohne sein Hemd oder seinen prachtvollen goldschwarzen Überwurf, so dass seine muskulösen Arme frei blieben. An seiner linken Hüfte, auf der ihr zugewandten Seite, blitzte am Knauf seines einzigartigen Schwertes ein Lichtpunkt auf. Seine breiten Schultern ließen das Zimmer noch winziger erscheinen, als es noch einen Augenblick zuvor gewesen war. Sein Haar, in der Farbe irgendwo zwischen blond und braun, berührte leicht seinen Nacken, trotzdem war es die so unverkennbar deutlich in seinen Augen ablesbare Intelligenz gewesen, die als Erstes ihre Aufmerksamkeit gefesselt hatte.

»Richard«, sagte Kahlan leise, »ich erlaube nicht, dass du meinetwegen bettelst.«

Der Anflug eines Lächelns umspielte seine Mundwinkel. »Sollte ich jemals betteln wollen, dann werde ich es auch tun.« Er zog ihre Decke ein Stück hoch und überzeugte sich, dass sie, obwohl sie schwitzte, fest zugedeckt war. »Ich wusste nicht, dass du wach bist.«

»Wie lange habe ich geschlafen?«

»Eine Weile.«

Sie vermutete, dass es eine ziemlich lange Weile gewesen sein musste, denn weder konnte sie sich erinnern, an diesem Ort eingetroffen zu sein, noch dass er die Hütte gebaut hatte, in der sie sich befanden.

Kahlan fühlte sich wie ein Mensch von Mitte achtzig, nicht wie jemand Mitte zwanzig. Sie war noch nie zuvor verletzt gewesen, jedenfalls nicht ernsthaft, auch keineswegs schwer, dass sie an der Schwelle des Todes gestanden hätte und so lange völlig hilflos gewesen wäre. Dieser Zustand war ihr verhasst, ebenso wenig konnte sie es ausstehen, nicht einmal die einfachsten Verrichtungen allein erledigen zu können. Meist verabscheute sie das noch mehr als die Schmerzen.

Es bestürzte sie, die Hinfälligkeit des Lebens so unerwartet und vollkommen zu begreifen, ihre eigene Zerbrechlichkeit, ihre Sterblichkeit. Sie hatte in der Vergangenheit ihr Leben des Öfteren aufs Spiel gesetzt und war viele Male in Gefahr geraten, doch in der Rückschau vermochte sie nicht zu sagen, ob sie wirklich jemals geglaubt hatte, dass ihr so etwas passieren konnte. Mit dieser Wirklichkeit konfrontiert zu werden, das war schon niederschmetternd.

In jener Nacht schien etwas in ihrem Innern zerbrochen zu sein ein Bild von sich selbst, eine Zuversicht. Sie hätte dabei leicht draufgehen können; auch ihr Kind hätte sterben können, bevor es überhaupt Gelegenheit hatte zu leben.

»Du bist auf dem Weg der Besserung«, sagte Richard, gewissermaßen als Antwort auf ihre Gedanken. »Das sage ich nicht einfach nur. Ich sehe, dass du wieder gesund wirst.«

Sie blickte unverwandt in seine Augen, nahm ihren Mut zusammen und fragte schließlich: »Woher wissen die Leute hier oben etwas von der Imperialen Ordnung?«

»Menschen, die vor den Kämpfen auf der Flucht sind, sind hier vorbeigekommen. Männer, die die Lehren der Imperialen unter die Leute bringen, sind sogar bis hierher vorgedrungen, wo ich aufgewachsen bin. Wenn man nicht nachdenkt, sondern nur seinen Gefühlen folgt, können ihre Worte durchaus vernünftig klingen und fast so etwas wie einen Sinn ergeben. Die Wahrheit scheint kein großes Gewicht zu haben«, fügte er als nachträgliche Erklärung hinzu. Er beantwortete die unausgesprochene Frage in ihren Augen. »Die Soldaten der Imperialen Ordnung sind wieder abgezogen. Die Narren dort draußen haben nur irgendwelche Dinge herumerzählt, die sie aufgeschnappt haben, weiter nichts.«

»Aber sie wollen uns vertreiben. Sie hören sich an wie Männer, die tun, was sie geschworen haben.«

Er nickte, doch dann kehrte sein Lächeln zaghaft zurück. »Weißt du eigentlich, dass wir uns ganz in der Nähe jener Stelle befinden, wo ich dir vergangenen Herbst zum ersten Mal begegnet bin? Erinnerst du dich noch?«

»Wie könnte ich den Tag, an dem ich dir begegnet bin, jemals vergessen?«

»Damals war unser Leben in Gefahr, und wir mussten von hier fliehen. Solange wir zusammen sind, ist nichts anderes wirklich von Bedeutung.«

Cara stürzte durch die Tür herein und blieb neben Richard stehen, so dass ihr Schatten auf der blauen Baumwolldecke, die Kahlan bis zu den Achseln verhüllte, mit Richards verschmolz. Caras in hautenges rotes Leder gehüllter Körper hatte die geschmeidige Eleganz eines Falken: eindrucksvoll, schnell und tödlich. Mord-Sith trugen ihre rote Lederbekleidung stets dann, wenn sie der Ansicht waren, es könnte Ärger geben. Caras langes blondes Haar, zu einem einzigen dicken Zopf geflochten, war ein weiteres Zeichen ihrer Zugehörigkeit zu den Mord-Sith, den Mitgliedern eines Elitecorps von persönlichen Beschützerinnen des Lord Rahl.

In gewisser Hinsicht hatte Richard mit Übernahme der Herrschaft D’Haras, eines Landes, das ihm in seiner Jugend gänzlich unbekannt gewesen war, auch die Mord-Sith übernommen. Er hatte diese Herrschaft nicht angestrebt, sie war ihm einfach in den Schoß gefallen. Mittlerweile unterstand ihm eine gewaltige Zahl von Menschen, die gesamte Neue Welt – Westland, die Midlands und D’Hara – war ihm Untertan.

»Wie fühlt Ihr Euch?«, erkundigte sich Cara ernstlich besorgt.

Kahlan brachte kaum mehr als ein heiseres Flüstern zu Stande. »Es geht mir schon besser.«

»Nun, wenn es Euch besser geht«, knurrte Cara, »dann erklärt Lord Rahl, dass er mich meine Arbeit machen lassen und mir erlauben soll, Männern wie diesen den nötigen Respekt beizubringen.« Ihre bedrohlich blauen Augen wandten sich für einen Augenblick zu jener Stelle, wo die Männer gestanden und ihre Drohungen vorgebracht hatten. »Zumindest denen, die ich am Leben lasse.«

»Ihr solltet Euren Kopf gebrauchen, Cara«, wandte Richard ein. »Wir können aus dieser Hütte unmöglich eine Festung machen und uns zu jeder Tages- und Nachtzeit schützen. Diese Männer haben Angst. So sehr sie sich auch irren mögen, sie betrachten uns als Gefahr für ihr Leben und das Leben ihrer Familien. Wir werden nicht so unvernünftig sein, einen aussichtslosen Kampf zu kämpfen, wenn wir es vermeiden können.«

»Aber Richard«, meinte Kahlan und deutete in einer matten Geste mit ihrer rechten Hand auf die Wand vor ihr, »du hast all das gebaut…«

»Nur dieses eine Zimmer. Ich wollte erst einmal ein Dach über dem Kopf für dich. Hat gar nicht lange gedauert – es mussten nur einige Bäume geschlagen und gespalten werden. Mit dem Übrigen haben wir noch gar nicht angefangen. Auf keinen Fall lohnt es sich, darüber Blut zu vergießen.«

Richard wirkte ruhig, Cara dagegen schien jeden Augenblick herausplatzen und ihrem Ärger Luft machen zu wollen. »Würdet Ihr Eurem halsstarrigen Ehemann vielleicht befehlen, dass er mir erlaubt, jemanden zu töten, bevor ich vollends den Verstand verliere? Ich kann nicht tatenlos mit ansehen, wie gewisse Leute Euch beide ungestraft bedrohen! Ich bin eine Mord-Sith!«