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»Ich glaube nicht, dass Richard in diesem Punkt an sich selber zweifelt. Nicht in diesem Punkt. Keine Sekunde. Ausgeschlossen. Wenn ihn tatsächlich irgendwelche Zweifel plagten, würde er vermutlich schon allein deshalb zurückkehren, weil das der einfachere Weg wäre. Sich rauszuhalten ist weitaus schwieriger – wie Ihr und ich bestätigen können. Aber wenn Euch die Rückkehr so sehr am Herzen liegt, könnt Ihr jederzeit gehen, Cara. Er hat Euer Leben nicht gepachtet. Ihr braucht nicht hierzubleiben, wenn Ihr nicht wollt.«

»Ich habe geschworen, ihm überallhin zu folgen, ganz gleich, was er für Torheiten macht.«

»Torheiten? Ihr folgt ihm, weil Ihr an ihn glaubt, genau wie ich. Deshalb könnte ich auch niemals fortgehen und ihn zwingen, mir zu folgen.«

Cara presste die Lippen aufeinander. Das Feuer wich aus ihren blauen Augen, als sie sich abwandte und den Lappen in den Wassereimer schleuderte. »Dann sitzen wir hier fest, dazu verdammt, unser Leben im Paradies zu verbringen.«

Kahlan lächelte, sie verstand Caras Enttäuschung. Zwar würde sie Richard niemals zu etwas zwingen wollen, das er zutiefst ablehnte, aber das hinderte sie nicht daran, zu versuchen ihn umzustimmen. Sie leerte ihren Becher Tee und knallte ihn auf den Wandtisch. Das wäre etwas völlig anderes.

»Vielleicht auch nicht. Wisst Ihr, mir geht dasselbe durch den Kopf – dass wir zurückkehren müssen, meine ich.«

Cara warf ihr einen argwöhnischen Seitenblick zu. »Was können wir also Eurer Meinung nach tun, um ihn zu überzeugen?«

»Richard wird eine Weile fort sein. Was haltet Ihr davon, wenn wir, solange er nicht hier ist und uns stört, ein Bad nehmen?«

»Ein Bad?«

»Ganz recht, ein Bad. Ich denke schon seit einer ganzen Weile daran, wie gerne ich mich endlich einmal richtig waschen würde. Ich bin es leid, wie eine Reisende in tiefster Provinz herumzulaufen. Ich würde mir gern die Haare waschen und mein weißes Konfessorkleid anziehen…«

»Euer weißes Konfessorkleid…« Cara schmunzelte verschwörerisch. »Verstehe. Das ist genau die Art von Schlacht, für die wir Frauen besser gerüstet sind.«

Aus dem Augenwinkel sah Kahlan Seele im Schlafzimmerfenster stehen, den Blick nach draußen in die Welt gerichtet, das Gewand sanft im Wind wehend, den Kopf zurückgeworfen, den Rücken durchgedrückt, die Fäuste neben ihrem Körper leicht geballt gegen alles, was auf die Idee verfallen mochte, ihr Beschränkungen aufzuerlegen.

»Nun, nicht gerade ein Kampf, wie Ihr ihn Euch vorstellt, aber ich glaube, in angemessener Kleidung kann ich mein Anliegen besser vorbringen. Unfair wäre das nicht, schließlich werde ich ihm das Problem in meiner Funktion als Mutter Konfessor vortragen. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass sein Urteilsvermögen in gewisser Hinsicht getrübt war, schließlich ist es nicht ganz leicht, an etwas anderes zu denken, wenn man sich um einen geliebten Menschen sorgt.«

Der Gedanke an die Gefahr, die über den Midlands schwebte, ließ Kahlan die Fäuste ballen. »Er muss einsehen, dass das alles der Vergangenheit angehört, dass ich wieder gesund bin und die Zeit gekommen ist, den Pflichten gegenüber unserem Volk nachzukommen.«

Schmunzelnd wischte Cara sich eine Strähne ihres Blondhaars aus der Stirn. »Eins steht fest: Wenn Ihr Euer weißes Kleid tragt, wird er das einsehen und sogar noch einiges mehr.«

»Ich will, dass er die Frau sieht, die stark genug war, ihn im Schwertkampf zu besiegen. Und ich will, dass er in diesem Kleid auch die Mutter Konfessor sieht.«

Cara blies sich aus dem Mundwinkel eine weitere Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wenn ich ehrlich sein soll, ich selber hätte auch nichts gegen ein Bad einzuwenden. Ihr wisst schon, wenn ich in einem richtigen Mord-Sith-Anzug neben Euch stehe, die Haare frisch gewaschen, den Zopf geflochten, wie es sich für eine richtige Mord-Sith gehört, und ihm zu verstehen gebe, dass ich derselben Meinung bin wie Ihr, wird sich Lord Rahl gewiss noch leichter überzeugen lassen, dass wir Recht haben, und einsehen, dass es an der Zeit ist, zurückzukehren.«

Kahlan legte die Teller in den Wassereimer. »Dann ist es also abgemacht. Bis zu seiner Rückkehr bleibt uns noch genügend Zeit.«

Richard hatte ihnen eine kleine hölzerne Wanne gemacht, groß genug, um sich hineinzusetzen und ein wohliges Bad zu nehmen. Sich zurücklehnen und darin schwelgen konnte man nicht, aber für ihr Zuhause in den Bergen war es dennoch ein unerhörter Luxus.

Cara zog die Wanne aus der Ecke hervor, dass Schleifspuren auf dem Lehmboden zurückblieben. »Ich werde sie in mein Zimmer stellen. Ihr geht zuerst, dann könnt Ihr mir Euren neugierigen Ehemann vom Leib halten, während ich mir die Haare wasche.«

Kahlan und Cara schleppten eimerweise Wasser von der nahen Quelle herbei und erhitzten einen Teil davon in einem Kessel über einem prasselnden Feuer. Als Kahlan endlich in das dampfende Wasser tauchte, entfuhr ihr ein lang gezogener Seufzer. Die Luft war frisch, und umso angenehmer war das heiße Bad. Gerne hätte sie länger darin verweilt, entschied sich aber dagegen.

Lächelnd musste sie daran denken, welche Schwierigkeiten Richard stets mit Frauen gehabt hatte, die ein Bad nahmen; gut, dass er nicht da war. Später, überlegte sie, wenn sie miteinander gesprochen hatten, würde sie ihn bitten, vor dem Zubettgehen noch zu baden. Sie mochte seinen Schweißgeruch, vorausgesetzt der Schweiß war frisch.

Jetzt, da sie wusste, sie würde Richard mit gewaschenem und glänzendem Haar und in ihrem weißen Kleid gegenübertreten, war Kahlan zuversichtlich wie schon lange nicht mehr, dass eine echte Möglichkeit für ihre Rückkehr bestand. Sie trocknete und bürstete ihr Haar vor dem warmen Feuer, während Cara noch etwas Wasser aufsetzte. Als Cara in die Wanne stieg, ging Kahlan in ihr Zimmer, um ihr Kleid überzustreifen. Die meisten Menschen erfüllte dieses Kleid mit Angst, denn sie fürchteten sich vor der Frau, die es trug; Richard hatte sie darin stets gefallen.

Als sie das Handtuch aufs Bett warf, erregte die kleine Statue im Fenster ihre Aufmerksamkeit. Kahlan ballte die Hände neben ihrem Körper zu Fäusten und drückte, nackt wie sie war, den Rücken durch, warf den Kopf in den Nacken, gab sich, Seele nachahmend, ganz dem Gefühl hin, diese starke Figur zu sein, und ließ sich von dem Gefühl durchströmen.

Für diesen Augenblick verwandelte sie sich in die Seele dieser Statue.

An diesem Tag würde sich etwas verändern, das spürte sie.

Nachdem sie so lange eine Frau des Waldes gewesen war, erschien es ihr ein wenig seltsam, wieder in ihr Mutter-Konfessor-Kleid zu schlüpfen und den samtig weichen Stoff auf ihrer Haut zu spüren, im Wesentlichen jedoch bedeutete das Gefühl die Behaglichkeit des Vertrauten.

Als Mutter Konfessor fühlte sich Kahlan ihrer Sache sicher, im Grunde war das Kleid eine Art Rüstung. Wann immer sie dieses Kleid trug, verspürte Kahlan ein Gefühl von Bedeutsamkeit, denn sie lud die Bedeutung der Geschichte – von außergewöhnlichen Frauen, die vor ihr diesen Weg beschritten hatten – auf ihre Schultern. Die Mutter Konfessor trug eine immense Verantwortung, gleichzeitig erfuhr sie aber die Erfüllung, im Leben der Menschen wirklich etwas zum Besseren zu verändern.

Diese Menschen waren auf sie angewiesen. Kahlan hatte eine Aufgabe zu erfüllen und musste Richard überzeugen, dass sie sich dem nicht entziehen konnte. Er wurde ebenfalls gebraucht, doch selbst wenn er sich weigerte, Befehle zu erteilen, so musste er wenigstens freiwillig mit ihr zurückkehren. Die Menschen, die für ihre Sache kämpften, hatten es verdient zu wissen, dass die Mutter Konfessor auf ihrer Seite stand und dass sie weder den Glauben an sie noch an ihre Sache verloren hatte. Sie musste Richard wenigstens so weit bringen, dass er das einsah.

Sie ging zurück ins mittlere Zimmer und konnte Cara in der Wanne plantschen hören. »Braucht Ihr etwas, Cara?«, rief sie.

»Nein, ich bin wunschlos glücklich«, antwortete Cara aus ihrem Zimmer. »Was für ein herrliches Gefühl! Ich glaube, im Wasser schwimmt so viel Schmutz, dass man darin Kartoffeln anbauen könnte!«