Выбрать главу

„Und wie sind die anderen Besatzungsmitglieder rausgekommen?“ fragte Conway. Dann kniete er sich hin und fuhr mit dem Scanner über den größeren der beiden Aliens. Zwar stellte er auch bei ihm eine durch Gewalteinwirkung verursachte Amputation eines Hauptglieds fest, ansonsten waren die Verletzungen aber nur oberflächlich.

„Weiter vorne in der Oberseite des Rumpfs befindet sich eine großeBesatzungsluke“, antwortete Fletcher. „Zumindest befindet die sich oben, seitdem das Schiff auf die Seite gekippt ist. Ich nehme an, die Besatzung mußte entweder über den gewölbten Rumpf rutschen und dann auf den Boden springen oder auf dem Schiff entlang zum Bug laufen, da es dort nicht sehr hoch ist, und von dort aus runterspringen. Diese beiden hatten leider Pech.“

„Der eine hatte sogar großes Pech“, entgegnete Murchison. „Der DCOJ ist nämlich tot. Zwar sind seine Verletzungen nicht einmal so schwer wie bei anderen Fällen, die ich gesehen hab, aber meinem Analysator zufolge gibt es deutliche Anzeichen für schwere Lungenschäden durch irgendein ätzendes Gas. Was ist mit deinem DCMH?“

„Der ist zwar noch am Leben“, antwortete Conway, „aber er weist ähnliche Symptome wie der DCOJ auf, einschließlich der Lungenschäden. Wahrscheinlich sind die DCMHs einfach viel widerstandsfähiger als die beiden anderen Lebensformen.“

„Ich wundere mich nur über diese DCOJs“, sagte Murchison nachdenklich. „Sind die überhaupt intelligent? Bei den kleinen DCLGs und den DCMHs bin ich mir fast sicher, schließlich verfügen sie beide über spezialisierte Greiforgane an den Extremitäten, wobei sich bei den DCLGs anscheinend gar keine Füße, sondern gleich sechs Hände entwickelt haben. Der große DCOJ dagegen hat vier Füße und zwei Vorderglieder mit Klauen und besteht ansonsten nur aus Zähnen und einem riesigen Verdauungsapparat mit mehreren Mägen.“

„Die aber zur Zeit allesamt leer sind“, entgegnete Conway. Nach einem Augenblick fügte er hinzu: „Übrigens hatten alle von mir bislang untersuchten Fälle leere Mägen.“

„Meine auch“, erwiderte Murchison. Die beiden starrten sich kurz an, dann sagte Conway: „Captain!“

Fletcher hatte sich gerade mit dem mutmaßlichen Innenbordeingang des Laderaums beschäftigt. Dabei mußte er die Hände weit nach oben über den Kopf strecken, da er praktisch auf der Wand stand, während Boden und Decke auf beiden Seiten von ihm verliefen. Plötzlich war ein lautes Klicken zu hören, eine Tür schwang nach unten auf und blieb geöffnet hängen. Der Captain gab einen selbstgefälligen Laut von sich und ging zu Conway und Murchison hinüber.

„Ja, Doktor?“

Conway räusperte sich und sagte: „Captain, wir haben jetzt eine Theorie über ihren Verbrecher. Wir glauben, die Notlage, durch die sich die Schiffsbesatzung veranlaßt sah, die Notsignalbake auszusetzen, war nichts anderes als Hunger. Bei sämtlichen Verunglückten, die wir bislang untersucht haben, war der Magen leer. Deshalb ist es durchaus möglich, daß es sich bei dem Täter um ein Besatzungsmitglied handelt, das zum Kannibalen geworden ist.“

Bevor Fletcher antworten konnte, ertönte die Stimme von Prilicla in den Kopfhörern.

„Freund Conway“, meldete sich der Empath schüchtern. „Ich hab mir zwar noch nicht sämtliche Verletzten ansehen können, die Sie mir geschickt haben, aber diejenigen, die ich bereits untersucht habe, weisen ausnahmslos Symptome von Austrocknung und Gewebeschwund auf, die auf Hunger und Durst hindeuten. Allerdings ist dieser Zustand noch nicht so weit fortgeschritten, daß die Patienten bereits im Sterben liegen. Ihr hypothetischer Verbrecher muß die anderen Besatzungsmitglieder also angegriffen haben, bevor die Lebensmittelknappheit zu einem wirklich ernsthaften Problem wurde. Das Wesen hatte demnach zwar Hunger, war aber noch lange nicht am Verhungern. Sind Sie sich wirklich sicher, daß der Täter intelligent ist?“

„Nein“, antwortete Conway. „Aber falls Murchison und ich dieses Wesen bei der Untersuchung der ersten Verletzten übersehen haben sollten — und zu der Zeit haben wir uns mehr auf die Erfassung der Verletzungen als für den womöglich gar nicht vorhandenen Mageninhalt interessiert —, dann könnte der Täter jetzt auf der Rhabwar sein. Wenn Sie also einen wohlgenährten Verletzten finden, holen Sie sofort Haslam und Dodds, damit sie ihm umgehend Fesseln anlegen. Der Captain hat großes berufliches Interesse an ihm.“

„Das kann man wohl sagen“, bestätigte Fletcher mit grimmiger Miene. Er wollte gerade fortfahren, als ihn Haslam, der bei diesem zweiten Flug Dodds als Pilot der Landefähre abgelöst hatte, mit der Nachricht unterbrach, er würde in sechs Minuten landen und Hilfe beim Ausladen der Bahre benötigen.

Indem er die Bahre bis zum Rand vollpackte und zusätzlich bis zu zwei Aliens auf einer der Besatzungsliegen festschnallte, schaffte es Haslam, mit etwas mehr als der Hälfte der restlichen Überlebenden zum Ambulanzschiff zurückzufliegen. Der Gesundheitszustand der auf dem Planeten zurückgebliebenen Verletzten änderte sich nicht. Der Schatten des Felsvorsprungs war länger geworden, obwohl die Luft noch immer warm war; der Himmel war klar, und es wehte kein Wind mehr. Murchison sagte, sie könne die Zeit bis zur Rückkehr der Landefähre am nützlichsten mit der Untersuchung der im Wrack liegenden Leiche des großen DCOJ verbringen, falls sie mit der tragbaren Ausrüstung dazu überhaupt in der Lage sein würde. Den mittelgroßen DCMH hatte bereits Haslam mitgenommen.

Von Anfang an konnte man Fletcher die Abscheu vor der Sezierung deutlich ansehen, und als ihn Murchison darauf hinwies, daß das Licht von Conways und ihrer Helmlampe für die Arbeit ausreichen würde, stahl er sich schnell davon und kletterte zwischen den Containern, die an dem jetzt senkrecht stehenden Decksboden befestigt waren, nach oben. Nach ungefähr fünfzehn Minuten berichtete er, daß die Container seinem Scanner zufolge alle den gleichen Inhalt hatten, und daß es sich dabei, jedenfalls nach der Menge des benutzter Verpackungsmaterials zu urteilen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eher um Frachtcontainer als um Behälter für Schilfsvorräte handelte. Dann informierte er sie über seine Absicht, in den Korridor außerhalb des Laderaums zu steigen, um dort auf Entdeckungsreise zu gehen, nach weiteren Verunglückten zu suchen und Beweismaterial zu sammeln.

„Müssen Sie das unbedingt jetzt machen, Captain?“ fragte Murchison besorgt und blickte zu Fletcher auf. Conway drehte sich ebenfalls zu ihm um, aber aus irgendeinem Grund blieb sein Blick an der Taille des Captains und an der dort hängenden Waffe haften.

„Wissen Sie eigentlich, Captain“, sagte er, „daß Sie seit dem ersten Einsatz der Rhabwar eine Waffe an der Seite tragen und ich das bis jetzt kaum bemerkt hab? Sie gehörte einfach schon immer zu Ihrer Uniform, genau wie die Mütze und die Abzeichen. Aber jetzt sticht die Waffe noch mehr in die Augen als Ihr Rucksack.“

Fletcher sah unangenehm berührt drein und antwortete: „Man hat uns beigebracht, daß der psychologische Effekt einer offen getragenen Waffe bei gesetzestreuen Wesen zwar kaum der Rede wert ist, bei Verbrechern oder potentiellen Gesetzesbrechern aber direkt proportional zum Schuldgefühl oder den schlechten Absichten zunimmt. Auf jeden Fall war die Wirkung meiner Waffe bis vor wenigen Minuten rein psychologischer Natur, weil mir Lieutenant Haslam zu diesem Zeitpunkt nämlich erst Munition mitgebracht hat.“ Verteidigend fügte er hinzu: „Schließlich gibt es keinen Grund, auf einem Ambulanzschiff mit geladener Waffe herumzulaufen. Ich konnte ja nicht ahnen, daß sich aus dieser Rettungsaktion ein Polizeieinsatz entwickeln würde.“