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Plötzlich versanken die Dornbüsche und alles andere hinter einem dunkelbraunen Vorhang aus Sand. Conway wurde von einer heftigen Windbö im Rücken erfaßt, und ihre Wucht zwang ihn in die Knie. Er bemühte sich, wieder auf die Beine zu kommen, aber ein Wirbel warf ihn auf die Seite. Halb kriechend, halb laufend bewegte er sich auf das Wrack zu, obwohl er in diesem Moment keine genaue Vorstellung davon hatte, wo es sich befand. Der vom Wind aufgepeitschte Sand prasselte so laut gegen den Helm, daß er Dodds Stimme kaum hören konnte.

„Meinen Sensoren zufolge kriechen Sie direkt auf die Dornbüsche zu, Doktor“, warnte ihn der Astronavigator eindringlich. „Drehen Sie sich etwa um einhundertzehn Grad nach rechts, dann befindet sich das Wrack ungefähr dreihundert Meter vor Ihnen.“

Fletcher stand mit voll aufgedrehtem Anzugscheinwerfer, der praktisch als Leuchtfeuer diente, vor der Laderaumluke. Er zog Conway schnell durch die Luke herein und schloß sie sofort hinter sich. Durch den Absturz hatte sich Tür aber so stark verzogen, daß der Sand trotzdem weiterhin an den Rändern vorbei in den Laderaum hereingeblasen wurde — außer in der Nähe des unteren Lukenrands, wo er lediglich unaufhörlich hereinrieselte.

„In wenigen Minuten ist die Luke durch den Flugsand von außen abgedichtet“, erklärte Fletcher, ohne Conway anzublicken. „Für unseren Kannibalen wird es ganz schön schwer werden, hier hereinzukommen.

Außerdem macht Dodds ihn sowieso vorher mit den Sensoren aus, und dann werde ich immer noch genügend Zeit haben, um die notwendigen Schritte einzuleiten.“

Conway schüttelte den Kopf und entgegnete: „Bis auf den Wind, den Sand und die Dornbüsche gibt es nichts, worum wir uns Sorgen machen müßten.“ In Gedanken fügte er hinzu: Als wenn das nicht schon genug wäre.

Der Captain murmelte irgend etwas vor sich hin und kletterte durch die andere Luke in den Gang. Conway kroch ihm hinterher. Erst als Fletcher das Tempo verlangsamte, um vorsichtig an den lecken Hydraulikbehältern vorbeizukriechen, die mittlerweile nur noch schwache Dämpfe freisetzten, sprach ihn Conway wieder an.

„Macht Ihnen noch irgend etwas anderes Sorgen, Captain?“

Fletcher hielt inne und blickte Conway zum erstenmal seit über einer Stunde wieder direkt in die Augen. Schließlich antwortete er: „Ja, da gibt es etwas. Mir läßt dieser Alien auf dem Kommandodeck einfach keine Ruhe. Was können Sie denn selbst im Orbit Hospital für einen solchen Patienten mit mehrfachen Amputationen schon tun? Der bleibt doch sein Leben lang ein vollkommen hilfloser Krüppel, kaum mehr als ein lebendes Forschungsobjekt. Ich frage mich, ob es nicht besser wäre, einfach die Kälte hereinzulassen und ihn.“

„Wir können eine ganze Menge für ihn tun, wenn wir ihn bis morgen früh durchbringen, Captain“, unterbrach ihn Conway. „Haben Sie denn Murchison, Prilicla und mir bei der Besprechung des Falls nicht zugehört?“

„Ja und nein, Doktor“, entgegnete Fletcher und kroch wieder weiter. „Einiges davon war für mich nichts als Fachchinesisch, und was mich betrifft, hätten Sie genausogut unübersetztes Kelgianisch sprechen können.“

Conway lachte leise und erwiderte: „Dann sollte ich Ihnen wohl lieber mal übersetzen, worüber wir uns unterhalten haben.“

Wie er dem Captain ausführte, hatte das Alienschiff die Notsignalbakenicht wegen einer technischen Funktionsstörung ausgesetzt, sondern weil sich die gesamte Besatzung eine ernsthafte Krankheit zugezogen hatte. Die Besatzungsmitglieder, die am wenigsten angegriffen waren, hatten vermutlich Dienst auf dem Kommandodeck, während die anderen in ihren Hängematten lagen. Warum das Schiff auf einem Planeten landen mußte, war noch immer nicht klar. Wahrscheinlich gab es physiologische Gründe, die nach planetarischer Schwerkraft oder einer Atmosphäre verlangten — vielleicht verschlimmerte sich der Krankheitszustand durch die Schwerelosigkeit an Bord, und künstliche Gravitation durch den Einsatz der Triebwerke konnte man nicht mehr erzeugen, weil die Besatzungsmitglieder zu schnell das Bewußtsein verloren. Aus welchem Grund auch immer, die Besatzung sah sich zu einer Notlandung auf Trugdil gezwungen. Zwar gab es auf dem Planeten sehr viel bessere Landeplätze, aber die Notlage an Bord mußte so außergewöhnlich extrem gewesen sein, daß sie an der nächstbesten Stelle gelandet waren.

Als sie das Kommandodeck erreichten, unterbrach Conway seine Erläuterungen, denn hoch über ihnen schloß Murchison gerade die Besatzungsluke.

„Ich will dich ja nicht unterbrechen“, sagte sie, „aber da wir die Schneidbrenner jetzt in einem mehr oder weniger geschlossenem Raum einsetzen, werde ich die Versorgung des Patienten mit reinem Sauerstoff lieber einstellen. Er scheint mittlerweile sowieso mühelos zu atmen. Ist ein Teil Sauerstoff auf vier Teile Edelgas richtig?“

„Das ist ganz ausgezeichnet“, bestätigte Conway. „Warte, ich helfe dir.“

Plötzlich verstärkte sich das Prasseln des Sands auf der Außenhaut, und das ganze Schiff schien ruckartig zur Seite zu rutschen. Vom Mittelschiff her ertönte ein kreischendes und krachendes Geräusch, das auf einen Schlag wieder verstummte, als sich ein Teil der Rumpfverkleidung losriß und sofort vom Wind weggetragen wurde.

„Übrigens ist gerade eben ein Teil des Wracks abgerissen worden“, meldete Dodds überflüssigerweise und fuhr dann fort: „Die Dornbüsche sind bei den Lebensmittelbehältern zum Stillstand gekommen, und einige, die in unmittelbarer Nähe sind, strömen nach. Aber etwas weiter weg, auf der anderen Seite, befindet sich noch eine ganze Menge anderer Dornbüsche, die sich mit relativ hoher Geschwindigkeit direkt dem Wrack nähern. Sie haben den Wind im Rücken, lassen sich einfach von ihm treiben und setzen nur soviel von ihrem Wurzelgeflecht ein, daß sie gerade noch eine lose Verbindung zum Boden haben. Bei dem vorgelegten Tempo könnten die schon in einer halben Stunde beim Schiff sein.“

Es war, als ob ein riesiges, weiches Kissen gegen die Seite des Schiffs schlüge. Zuerst neigte sich der Decksboden unter ihren Füßen, dann richtete er sich wieder auf. Diesmal klang es fast so, als würden Verrückte mit Vorschlaghämmern gleichzeitig auf drei verschiedene Schiffsabschnitte eindreschen, bis das Krachen ein paar Sekunden später wieder vorbei war. Doch zu dem Lärm des gegen den Rumpf prasselnden Sands gesellte sich jetzt das disharmonische Stöhnen und Pfeifen des Winds, der sich gewaltsam seinen Weg ins Wrack bahnte.

„Unser Schutzwall ist offensichtlich porös geworden“, stellte Fletcher beunruhigt fest. „Aber erzählen Sie weiter, Doktor.“

„Das Schiff machte hier also eine Notlandung“, wiederholte Conway, „weil die Besatzung keine Zeit hatte, nach einem besseren Platz zu suchen. Alles in allem klappte die Landung auch gut, und es war reines Pech, daß das Schiff umgekippt ist und dabei die Hydraulikbehälter gerissen sind. Wäre das nicht passiert, hätten die Besatzungsmitglieder wahrscheinlich ihre Krankheit aus welchem Grund auch immer überwunden und wären mit der Zeit wieder gestartet. Vielleicht hätte aber auch der erste Sandsturm das Schiff so oder so umgeworfen. Wie dem auch sei, die Besatzung befand sich nach der Bruchlandung plötzlich in einem Wrack, das sich blitzschnell mit giftigen Dämpfen füllte. Trotz ihres angeschlagenen Gesundheitszustands mußten die Aliens schleunigst ins Freie, und da die Fluchtwege zum Heck direkt an der Verseuchungsquelle vorbeiführten und obendrein teilweise durch Trümmer vom Absturz versperrt waren, blieb ihnen nichts anderes übrig, als das Schiff über das Kommandodeck und dieOberseite des Rumpfs zu verlassen und sich dann auf den Boden rutschen zu lassen.