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Das aus den Gurten geknotete Seil befand sich kaum noch in Fletchers Reichweite. Er ging leicht in die Hocke, sprang hoch und ergriff mit beiden Händen das Ende des Seils, gerade als die Platte zu schaukeln begann und schließlich seitlich zwischen den Dornbüschen verschwand. Conway kletterte so weit wie er konnte am Seil herunter und zog das untere Ende zu sich heran, damit der Captain den Fuß auf die hervorspringende Kante eines Schranks setzen konnte.

„Haben Sie mitgekriegt, wie sich dieses Ding unter der Platte von selbst befreit und Sie umzingelt hat, Captain?“ fragte Murchison aufgeregt, als Conway und Fletcher wieder bei ihr waren. „Diese Büsche sind zwar sehr langsam, aber glauben Sie nicht auch, daß wir einer pflanzlichen Lebensform, die möglicherweise intelligent ist, starke Schmerzen zufügen?“

„Doch, Murchison“, antwortete der Captain mitfühlend. „Aber bei weitem nicht genug.“

„Noch achtzig Minuten, Sir“, meldete Dodds.

Sie lösten die wenigen Trümmerstücke und Ausrüstungsgegenstände, die man von Hand losbekam, und warfen sie auf das Dorngestrüpp. Die Wirkung war allerdings gering. Fletcher und Conway schlugen abwechselnd mit einer langen Metallstrebe auf die Ranken ein, die sich aber auch davon kaum beeindrucken ließen und sich weiter auf sie zuschoben. Schon bald gab es nicht mehr genügend Platz, um sich frei bewegen zu können oder sich durch Bewegung warm zu halten oder, besser gesagt, die Kälte zu vertreiben. Sie konnten sich nur noch dicht an der Besatzungsluke zusammenkauern, die Zähne zusammenbeißen, damit sie nicht klapperten, und den Dornenranken beim Herankriechen tatenlos zusehen.

Dieses Bild wurde auch zur Rhabwar übertragen, wo es bereits wachsende Beunruhigung hervorgerufen hatte, und Lieutenant Haslam meldete sich plötzlich: „Ich kann auch jetzt schon starten, Sir, und Sie.“

„Nein!“ fuhr der Captain energisch dazwischen. „Wenn Sie landen, solange noch die Gefahr besteht, daß die Landefähre vom Wind umgeblasen wird, dann wird hier unten niemand mehr aus diesem Schlamassel heraus.“

Er brach mitten im Satz ab, weil sich seine Stimme plötzlich sehr laut angehört hatte.

Der Wind hatte sich gelegt!

„Öffnen Sie die Luke“, befahl er. „Und nichts wie raus hier!“

Durch die geöffnete Luke zeigte sich der dunkelblaue Morgenhimmel, und es wurde nur eine geringfügige Menge Sand hereingeblasen. Mit vereinten Kräften manövrierten sie die Bahre und den daran festgeschnürten Verunglückten durch die Öffnung hindurch bis auf die Oberseite des Rumpfs.

„Diese Flaute ist vielleicht nur vorübergehend, Sir“, warnte Dodds. „Die Gegend, in der sie sich befinden, wird noch immer von heftigen Sturmböen heimgesucht.“

Die aufgehende Sonne versteckte sich zwar noch hinter Sandwolken, spendete aber bereits genug Licht, um die drastischen Veränderungen auf der Planetenoberfläche zu erkennen, die durch die nächtlichen Verlagerungen großer Mengen Flugsands hervorgerufen worden waren.

Das Wrack hatte vom Mittelschiff bis zum Heck die gesamte Rumpfverkleidung verloren, und das ganze Schiffsgerippe war von einem dichten Gewirr aus Dornenranken überwuchert. Bis hin zum Bug war die Oberseite des Schiffs noch intakt, und auf der Felsplatte, die direkt vor ihnen lag, befanden sich glücklicherweise keine Dornbüsche.

„In ungefähr zwölf Minuten wird eine starke Bö über Sie hinwegfegen“, meldete Dodds.

Sie drückten die Bahre gegen die geöffnete Luke und befestigten sie mit ihren Magnethaken am Rumpf. Dann banden sie die Sicherheitsleinen ihrer Anzüge an den massiven Scharnieren der Luke fest und warfen sich über die Bahre, wobei sie die Finger in die Gurte hakten, in die der Alien eingewickelt war. Das war nur eine von vielen körperlichen Demütigungen für den Captain der Aliens, dachte Conway, aber wahrscheinlich kümmerte sich dieser sowieso schon lange nicht mehr um solche Dinge.

Auf einen Schlag war der Himmel wieder dunkel. Wind und Sand rissen an ihnen und drohten sie gewaltsam vom Rumpf zu schleudern. Conway krallte sich verzweifelt an den Gurten fest, als er plötzlich spürte, daß die Magnethaken langsam wegrutschten und sich die Bahre herumdrehte. Kurz fragte er sich, ob ihn der Wind bis hinter die Dornbüsche rund ums Wrack blasen würde, falls er tatsächlich loslassen und die Sicherheitsleine kappen müßte. Aber seine Finger hatten sich derart verkrampft, daß er gar nicht loslassen konnte, und er hatte das Gefühl, als würden ihm jeden Augenblick seine Arme vom Körper abgerissen werden und nur noch Stümpfe übrigbleiben wie beim Captain der Aliens. Dann legte sich der Sturm genauso unvermittelt, wie er zuvor eingesetzt hatte, und es war wieder hell.

Conway sah, daß Murchison, Fletcher und der Patient immer noch sicher an der Bahre befestigt waren, trotzdem rührte er sich nicht. Es wurde immer heller, und gerade als er auf einer Körperseite die warmen Sonnenstrahlen spüren konnte, peitschte ihnen erneut der Sand entgegen, dieses Mal begleitet von einem hohen, kreischenden Donnern.

„So ein Angeber!“ brüllte Murchison.

Conway blickte auf und sah, wie die Landefähre über dem Wrack schwebte und mit den Triebwerken den Sand in alle Richtungen blies. Haslam landete schließlich auf der kaum fünfzig Meter entfernten Felsplatte, die bislang von den Dornbüschen verschont geblieben war.

Während des Transports der Bahre zur Fähre gab es keine Probleme, zumal sie kaum unter Zeitdruck standen, auch wenn sich ihnen die Dornbüsche Stück für Stück näherten. Bevor die Bahre an Bord geladen wurde, befreite Conway den Patienten von den zusätzlichen Gurten und der provisorischen Augenbinde und unterzog ihn einer gründlichen Untersuchung. Trotz allem, was er durchgemacht hatte, lebte der Alien noch, und nach Conways Dafürhalten ging es ihm sogar ausgesprochen gut.

„Wie steht’s mit den anderen Verletzten, Prilicla?“ fragte er.

„Bei sämtlichen Patienten ist die Temperatur gesunken, mein Freund“, antwortete der Empath. „Zwar strahlen alle starke Hungergefühle aus, leiden aber nicht mehr so darunter. Da der gesamte Schiffsproviant verloren ist und wahrscheinlich sowieso verseucht war, werden unsere Patienten warten müssen, bis das Orbit Hospital sie mit synthetisch hergestellter Nahrung versorgen kann. Ansonsten sind ihre Emotionen nach wie vor von Gefühlen der Verwirrung und des Verlustes geprägt.

Aber wenn erst mal ihr Captain wieder bei ihnen ist“, fügte Prilicla hinzu, „werden sich bestimmt gleich alle sehr viel besser fühlen.“

Gemeinschaftsoperation combined operation Sie tauchten an einer Stelle wieder im Normalraum auf, nach deren Koordinaten sie sich weit draußen am Rande der Galaxis befanden. Der hellste sichtbare Himmelskörper war eine nahe Sonne, die kalt vor einem blassen Sternhaufen brannte. Aber während Conway auf dem Kommandodeck noch durch das Direktsichtfenster hinausblickte, wurde offensichtlich, daß es sich hierbei nur um eine scheinbare Leere handelte. Denn plötzlich zeigten sowohl das Radar als auch die Displays der weitreichenden Sensoren zwei dicht beieinanderliegende Objekte an, die nur knapp zweitausend Kilometer entfernt waren. Conway rechnete fest damit, in den nächsten Minuten wie Luft behandelt zu werden.

„Kommandodeck an Maschinenraum“, sagte Captain Fletcher in lebhaftem Ton. „Ich will in fünf Minuten Maximalschub haben. Astronavigator, geben Sie mir die Kurswerte zur Verfolgung dieses Echobilds und die geschätzte Ankunft.“

Die Lieutenants Chen und Dodds, der eine sieben Decks tiefer, der andere nicht einmal einen Meter entfernt, bestätigten. Schließlich beteiligte sich auch Lieutenant Haslam vom Platz des Kommunikationsoffiziers aus an diesem Wortwechsel.

„Sir“, sagte er, ohne seinen Blick von den Displays abzuwenden, „nach den Meßwerten der Sensoren hat das größere der beiden Objekte die Masse, Form und Antennenverteilung eines Aufklärungsschiffs im Vermessungseinsatz. Das zweite Echobild ist momentan noch nicht identifizierbar, aber die relativen Positionen der beiden Objekte könnten auf eine vor kurzem erfolgte Kollision hindeuten.“