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Sie berührten sich zunächst und sprangen dann ruckartig wieder auseinander.

„Was.?“ setzte Conway zu einer Frage an, die Prilicla aber schon beantwortete.

„Ich spüre Gefühle äußersten Unbehagens, mein Freund“, berichtete der heftig zitternde Empath. „Außerdem Verwirrung, Enttäuschung und Ablehnung. Ich nehme auch noch eine schwache Emotion wahr, eine Mischung aus Besorgnis und Neugier, die sich wahrscheinlich auf die momentane Umgebung bezieht.“

Weil er darauf nichts zu entgegnen wußte, ging Conway direkt zwischen die vordere und hintere Verbindungsseite der CRLTs. Er hielt diese Stelle für ungefährlich, denn falls Priliclas emotionale Wahrnehmung richtig war, würden sich die beiden CRLTs mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr einander nähern. Er untersuchte die beiden Verbindungsflächen sowohl mit den Augen als auch mit dem Röntgenscanner und vermaß sie. Wenige Minuten später gesellte sich Murchison zu ihm, und Prilicla verließ die Decke und schwebte nur wenige Meter über der Stelle.

„Man kann schon mit bloßem Auge erkennen, daß die beiden Flächen nicht zusammenpassen“, stellte Conway besorgt fest. „Es gibt insgesamt drei Stellen, die sich nicht ohne einen chirurgischen Eingriff verbinden lassen. Aber ich würde nur ungern mit der Operation beginnen, bevor ich keine klarere Vorstellung von der weiteren Vorgehensweise hab. Ich wünschte, ich könnte mir das Einverständnis der Patienten einholen und sie zur Mitarbeit bringen.“

„Das dürfte ziemlich schwierig sein“, erwiderte Colonel Okaussie. „Aber ich könnte meine Männer versuchen lassen, die beiden CRLTs.“

„…mit Traktorstrahlen hochzuheben und sie zu einem erneuten Kontakt zu zwingen“, beendete Conway den Satz. „Ich brauche mindestens noch einen Verschmelzungsversuch, den wir dann in Nahaufnahme von vorne, von hinten und von der Seite mit Kameras aufzeichnen werden. Außerdem muß Prilicla bei dem Versuch die emotionale Ausstrahlung scharf überwachen, damit wir wissen, welche Stellen das größte Unbehagen verursachen und die demzufolge am dringendsten operativ behandelt werden müssen. Für die Operation brauchen wir ja keine Narkose, sondern wir versetzen die CRLTs einfach wieder in ihren Winterschlafzustand. Einverstanden, Doktor?“ „Haben Sie auch daran gedacht, mein Freund, daß.“, holte Prilicla zu einem längeren Einwand aus, aber Conway unterbrach ihn kurzerhand.

„Mein kleiner Freund“, sagte er. „Ich kenne Ihre umständliche Art, eine abweichende Meinung zu äußern, schon seit ewigen Zeiten. Genausogut ist mir Ihre Ansicht vertraut, daß man Patienten keine unnötigen Schmerzen zufügen darf, und wie Sie wissen, teile ich Ihre Meinung. Aber so ungern ich auch irgend jemandem Schmerzen bereite, in diesem Fall ist das einfach notwendig.“

„Doktor Conway“, sagte Colonel Okaussie mit ungeduldigem Unterton, „da die Aliens bei vollem Bewußtsein sind, über Intelligenz und ein ähnliches Sehvermögen wie wir verfügen, wollte ich vorhin eigentlich vorschlagen, daß wir sie vielleicht mit einer bildlichen Erklärung der Situation zur Mitarbeit bewegen könnten. Ich glaube, das wäre zumindest einen Versuch wert.“

„Aber ganz bestimmt“, erwiderte Conway. Er wandte sich an Fletcher und murmelte: „Also, warum bin ich bloß nicht selbst darauf gekommen?“

Der befehlshabende Offizier der Descartes lächelte und antwortete: „Ich werde so schnell wie möglich einen Großbildschirm aufstellen lassen, Doktor.“

Während Murchison und Naydrad das Ausmessen der Andockflächen der beiden Aliens übernahmen und Prilicla über die Patienten schwebte, um sie mit der Ausstrahlung beruhigender Gefühle zu besänftigen, begann Conway die für die Operation benötigten Instrumente zusammenzustellen.

Der Großbildschirm wurde zwischen der Decke und der nach achtern liegenden Wand befestigt, damit die CRLTs mit ihren auf dem Rücken sitzenden Augen ohne perspektivische Verzerrung direkt auf den Schirm blicken konnten. Die Offiziere der Descartes waren Spezialisten auf dem Gebiet der extraterrestrischen Kommunikation, und die Vorführung war kurz, einfach und sehr exakt.

Die Anfangssequenz war Conway bekannt, denn sie gehörte zu dem Material, das ihm der Flottenkommandant während der kurzen Einsatzbesprechung vorgeführt hatte. Sie zeigte eine als Schaubild dargestellte Rekonstruktion des großen, spulenförmigen Schiffs einschließlich des zentralen Kerns, des Stützgerüsts der Spule, der Triebwerke und des Steuerungssystems. Das Spulenschiff flog langsam vor einem sternenklaren Hintergrund. Plötzlich erschien am Rand des Großbildschirms ein großer, direkt auf das Schiff zuschießender Meteor. Er prallte gegen das Schiff, flog dann direkt durch den inneren Hohlraum der Spule und riß dabei Triebwerke, Steuerungssystem und das gesamte zentrale Stützgerüst der durchgehenden Windungen aus Winterschlafcontainern mit sich. Durch die Wucht des Aufpralls wurde die Spule auseinandergesprengt, und die einzelnen Zylinder stoben aufgrund der Schiffsrotation wie die in Zeitlupe gefilmten Granatsplitter eines explodierenden Schrapnells in alle Richtungen davon.

Weil die Heckkonstruktion viel steifer war, wirkte sich die Erschütterung im hinteren Bereich wesentlich stärker aus und forderte dort unter den im Winterschlaf liegenden CRLTs die meisten Todesopfer. Die Zylinder, deren Insassen die Kollision nicht überlebt hatten, waren auf dem Schaubild rot dargestellt. Dann folgte eine zweiminütige Aufnahme vom Ort des Geschehens, wie er heute tatsächlich aussah: Man sah die Vespasian, die Claudius, die Descartes und einen Schwarm von kleineren Schiffen, die allesamt mit dem Zusammenbau des Spulenschiffs beschäftigt waren. Danach kam eine längere Computersimulation, während der ein modifiziertes Spulenschiff zu sehen war. Es war mit zwei Großkampfschiffen und der Descartes gekoppelt, die das fehlende Stützgerüst und den Antrieb ersetzten, und landete mit ihnen gemeinsam auf einem neuen, grünen Planeten.

Zum Abschluß der Vorführung wurden die fehlenden Segmente in der Darstellung des Spulenschiffs mit einem pulsierenden Rot gekennzeichnet, dann verschwanden diese roten Abschnitte wieder, und schließlich schlossen sich die entstandenen Lücken, wodurch die Spule ein wenig kürzer wurde. In der Schlußszene konnte man schließlich die erfolgreiche Verschmelzung der ersten beiden CRLTs mitverfolgen.

Als ein Stück visueller Kommunikation ließ diese Vorführung nur wenig Raum für Mißverständnisse, und Conway brauchte Priliclas empathische Fähigkeiten gar nicht in Anspruch zu nehmen, um zu wissen, daß die Botschaft angekommen war — die beiden CRLTs bewegten sich bereits wieder vorsichtig aufeinander zu.

„Laufen die Kameras?“ fragte Conway.

„Laufen“, bestätigte Murchison.

Conway hielt den Atem an, als die beiden riesigen Wesen ein erneutes Andocken versuchten. Die Bewegungen der raupenähnlichen Stummelbeine waren kaum zu bemerken, die Rückengliedmaßen angespannt und absolut reglos, wodurch die beiden Aliens zwei gewaltigen, fremdartigen Baumstämmen ähnelten, die in der Strömung eines unsichtbaren Flusses aufeinander zutrieben. Als die CRLTs noch ungefähr fünfzehn Zentimeter voneinander entfernt waren, hatten sich auf der Vorderseite des hinteren Aliens die schon während der ersten beiden Verschmelzungen beobachtete Struktur aus Beulen und fleischigen Erhebungen gebildet, während auf der Hinterseite des vorderen Aliens zuckend ein Muster aus Spalten und einer einzelnen tiefen Rille entstanden war. Am Rand der Verbindungsfläche waren plötzlich die vier breiten, dreieckigen Muskellappen mit knöchernen Spitzen beinahe viermal so groß wie im bewußtlosen Zustand geworden und öffneten sich nun wie fleischige, gehörnte Blütenblätter — Eigenschaften, die man bei der Untersuchung von schlafenden oder toten CRLTs nicht für wichtig gehalten hatte. Aber bei diesen beiden CRLTs paßten die Verbindungsflächen einfach nicht zusammen. Sie berührten sich, hielten den Kontakt vielleicht drei Sekunden lang aufrecht, und sprangen dann wieder ruckartig auseinander.