Ach, Ian, klagte ich. Ein neuer Schmerz durchbohrte mich, überraschend nah an meinem Herzen.
Du wirst ihm die ganze Welt nehmen. Alles, was er begehrt.
Das würde sowieso nichts werden mit Ian. Nicht in diesem Körper, auch wenn Ian ihn liebt... weil er Ian nicht liebt.
Wanda, ich ... Melanie suchte nach den richtigen Worten. Die Freude, die ich erwartet hatte, stellte sich immer noch nicht ein. Und wieder war ich gerührt. Ich glaube nicht, dass ich das zulassen kann. Du bist wichtiger als das alles. In einem größeren Zusammenhang betrachtet, bist du viel wertvoller für sie als ich. Du kannst ihnen helfen, kannst sie retten. Ich kann nichts dergleichen. Du musst hierbleiben.
Ich sehe keinen anderen Ausweg, Mel. Ich frage mich, warum ich nicht früher darauf gekommen bin. Es erscheint mir jetzt so absolut offensichtlich. Natürlich muss ich gehen. Natürlich muss ich dich dir selbst zurückgeben. Es ist mir längst klargeworden, dass es falsch war, dass wir Seelen hierhergekommen sind. Abo habe ich keine andere Wahl, als das Richtige zu tun und zu gehen. Ihr habt vorher auch ohne mich überlebt, also werdet ihr das auch weiterhin tun. Du hast von mir so viel über die Seelen gelernt - du wirst ihnen helfen. Begreifst du das nicht? Das ist das Happy End. So musste diese Geschichte für sie alle zu Ende gehen. Ich kann ihnen Hoffnung geben. Ich kann ihnen ... nein, keine Zukunft geben. Das vielleicht nicht. Aber ich gebe ihnen, so viel ich kann. Alles, was ich kann.
Nein, Wanda, nein.
Sie weinte, konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ihr Kummer trieb mir die Tränen in die Augen. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass ich ihr so viel bedeutete. Fast so viel wie sie mir. Mir war nicht klar gewesen, dass wir uns liebten.
Selbst wenn mich Jared nie darum bitten würde, selbst wenn es Jared gar nicht gäbe ... Jetzt, wo mir dieser Ausweg eingefallen war, würde ich ihn weiterverfolgen müssen. So sehr liebte ich sie.
Kein Wunder, dass die Erfolgsquote bei widerspenstigen Wirten hier auf der Erde so niedrig war. Sobald wir unsere menschlichen Wirte liebgewonnen hatten, welche Hoffnung hatten wir Seelen dann noch? Wir konnten nicht auf Kosten eines Wesens existieren, das wir liebten. Eine Seele nicht. Eine Seele konnte so nicht leben.
Ich drehte mich auf den Rücken und betrachtete im Sternenlicht meinen Körper. Meine Hände waren schmutzig und zerkratzt, aber abgesehen von diesen oberflächlichen Mängeln waren sie schön. Die Haut war sonnengebräunt; sogar in dem fahlen Licht, das sie bleicher aussehen ließ, war sie hübsch. Die Nägel waren kurz, mit kleinen weißen Halbmonden am unteren Ende. Ich ließ meine Finger umherflattern und sah, wie die Muskeln die Knochen in anmutige Bewegungen versetzten. Ich ließ sie über mir tanzen, wo sie vor den Sternen zu schwarzen, fließenden Umrissen wurden.
Ich fuhr mir mit ihnen durch das Haar. Es reichte mir jetzt fast bis auf die Schulter; Mel würde das gefallen. Nach ein paar Wochen mit Shampoo in Hotelduschen und Vitaminpräparaten war es wieder glänzend und weich.
Ich streckte die Arme aus, so weit ich konnte, dehnte die Sehnen, bis einige meiner Gelenke knackten. Meine Anne fühlten sich stark an. Sie konnten mich einen Berg hochziehen, sie konnten eine schwere Last tragen, sie konnten ein Feld umpflügen. Aber gleichzeitig waren sie zärtlich. Sie konnten ein Kind halten, sie konnten einen Freund trösten, sie konnten lieben ... aber all das war nicht für mich bestimmt.