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Ja, du bist hier. Und du wirst hierbleiben, versprach ich ihr.

Seufzend nahm ich meine Bemühungen wieder auf. Meine vergeblichen Bemühungen?

»Ich weiß, dass du einen Namen hast«, sagte ich zu der Frau. »Heißt du Rebecca? Alexandria? Olivia? Vielleicht etwas Einfacheres ...Jane? Jean? Joan?«

Es war besser als nichts, dachte ich trübsinnig. Zumindest hatte ich ihnen eine Möglichkeit gezeigt, sich selbst zu helfen, sollten sie jemals geschnappt werden. Wenn ich sonst schon keinem helfen konnte, so doch wenigstens den Widerständlern.

Aber es war irgendwie nicht genug.

»Du lieferst mir nicht gerade viele Anhaltspunkte«, murmelte ich. Ich nahm ihre Hand zwischen meine und rieb sie sanft. »Es wäre wirklich schön, wenn du dich ein bisschen anstrengen würdest. Meine Freunde sind schon niedergeschlagen genug. Sie könnten eine gute Nachricht gebrauchen. Außerdem ist Kyle immer noch weg ...Es wird nicht leicht, alle zu evakuieren, wenn wir dich auch noch herumtragen müssen. Ich weiß, dass du helfen willst. Das hier ist deine Familie, weißt du. Deine Spezies. Sie sind sehr nett. Die meisten von ihnen. Du wirst sie mögen.«

Ihre freundlichen Gesichtszüge waren ausdruckslos und zeigten keine Spur des Verstehens. Sie war auf unauffällige Art ziemlich hübsch - sie hatte ein sehr regelmäßiges, ovales Gesicht. Fünfundvierzig, vielleicht ein bisschen jünger, vielleicht ein bisschen älter. Es war schwer zu sagen, da ihr Gesicht so unbewegt war.

»Sie brauchen dich«, fuhr ich fort, flehentlich jetzt. »Du kannst ihnen helfen. Du weißt so vieles, das ich nie gelernt habe. Doc gibt sich solche Mühe. Er hat wirklich Hilfe verdient. Du bist jetzt eine ganze Weile Heilerin gewesen, ein bisschen davon muss auf dich abgefärbt haben. Ich glaube, Doc wird dir gefallen. Heißt du Sarah? Emily? Kristin?«

Ich streichelte ihre weiche Wange, aber sie reagierte nicht deshalb nahm ich erneut ihre schlaffe Hand in meine. Durch die Löcher in der hohen Decke starrte ich in den blauen Himmel. Meine Gedanken schweiften ab.

»Ich frage mich, was sie machen, wenn Kyle nicht wiederkommt. Wie lange werden sie sich verstecken? Werden sie sich irgendwo anders ein neues Zuhause suchen müssen? Es sind so viele ... es wird nicht einfach sein. Ich wünschte, ich könnte ihnen helfen, aber selbst wenn ich hierbliebe, hätte ich keine Lösung. Vielleicht bleiben sie letzten Endes doch hier ... irgendwie. Vielleicht macht Kyle keinen Ärger.«

Ich lachte bitter, als ich an die verkorkste Situation dachte. Kyle war nicht gerade ein vorsichtiger Mann. Aber bis die Lage geklärt war, wurde ich hier gebraucht. Wenn die Sucher herkamen, würden vielleicht meine unschlagbaren Augen benötigt. Das konnte lange dauern und von dem Gedanken wurde mir wärmer als von der Sonne auf meiner Haut. Ich war dankbar dafür, dass Kyle so unbeherrscht und selbstsüchtig war. Wie lange würden wir warten, bis wir sicher sein konnten, dass keine Gefahr mehr drohte?

»Wie es hier wohl ist, wenn es kalt wird? Ich kann mich kaum noch daran erinnern, wie sich Kälte anfühlt. Und wenn es regnet? Gelegentlich muss es schließlich sogar hier regnen, oder? Mit den vielen Löchern in der Decke muss es ganz schön nass werden. Wo schlafen wir dann wohl alle?« Ich seufzte.

»Vielleicht erlebe ich das ja noch. Allerdings sollte ich wahrscheinlich nicht damit rechnen. Bist du gar nicht neugierig? Wenn du aufwachen würdest, könntest du es herausfinden. Ich bin sehr wohl neugierig. Vielleicht frage ich Ian danach ... «

Ihre Hand ballte sich zur Faust und ihre Lippen öffneten sich.

»Komm zurück. Ich weiß, dass du das kannst …«, flüsterte ich flehentlich. »Mach die Augen auf.«

Ihre Augen blinzelten einmal kurz.

»Doc«, rief ich über die Schulter. »Doc, ich glaube, sie kommt zu sich …«

Sie verzog das Gesicht. Hatte sie Schmerzen?

»Bring das Schmerzlos mit«, bat ich Doc.

Die Frau drückte meine Hand und schlug die Augen auf – sie fokussierten zunächst nichts, sondern huschten nur durch die helle Höhle. Was für ein seltsamer, unerwarteter Anblick musste dieser Ort für sie sein.

»Es ist alles in Ordnung, alles wird gut. Kannst du mich hören?«, fragte ich leise.

Ihr Blick wanderte zu meinem Gesicht, sie sah mich an. Ein leiser, heiserer Angstschrei entfuhr ihren Lippen. »Nein! Nein, nein …«, rief sie. »Nicht noch einmal.« »Doc«, rief ich hilfesuchend.

Er war schon da, stand auf der anderen Seite des Feldbetts wie vorhin bei der Operation. »Alles in Ordnung …«, versicherte er ihr. »Niemand wird Ihnen hier etwas tun.«

Die Frau hatte die Augen zugekniffen und drückte sich flach auf die dünne Matratze.

Er warf mir einen Blick zu und verzog das Gesicht. »Deine Augen, Wanda …«, hauchte er.

Ich blinzelte und bemerkte, dass mir die Sonne ins Gesicht schien.

»Oh…« Ich verstand und ließ die Hand der Frau los.

»Bitte nicht …«, jammerte die Frau. »Nicht schon wieder …«

»Schsch …«, murmelte Doc. «Niemand wird Ihnen etwas tun.

Alles wird gut.«

»W-w-was ist passiert? Wer war ich? Ich … ich will nicht wieder jemand anders sein!« Sie warf sich auf dem Feldbett hin und her.

»Beruhigen Sie sich. Keiner wird Sie dazu zwingen, jemand anders zu sein, als sie selbst. Und Sie werden sich auch wieder an Ihren Namen erinnern. Er wird Ihnen wieder einfallen.«, versuchte Doc sie zu besänftigen.

»Wer sind sie?«, wollte sie wissen. »Wer ist sie? Sie … sie ist so wie … ich habe ihre Augen gesehen …«

»Ich bin Doc und ich bin ein Mensch, genau wie Sie. Sehen Sie?« Er hielt sein Gesicht ins Licht und blinzelte. »Wir sind beide nur wir selbst. Hier sind eine Menge Menschen … sie werden sich freuen, Sie kennen zu lernen.«

Sie schauderte wieder. »Menschen … ich habe Angst vor Menschen.«

»Nein, haben sie nicht«, widersprach Doc. »Die … die Person, die ihren Körper bewohnt hat, hatte Angst vor Menschen. Es war eine Seele … erinnern Sie sich daran? Und erinnern Sie sich an den Zustand davor, bevor sie da war? Da waren Sie ein Mensch und das sind Sie jetzt wieder.«

»Ich kann mich nicht an meinen Namen erinnern«, sagte sie mit Panik in der Stimme.

»Ich weiß; der fällt Ihnen schon wieder ein.«

»Sind Sie Arzt?«

»Ja.«

»Ich ... sie auch. Eine ... Heilerin. So was wie ein Arzt. Sie hieß Summer Song. Wie heiße ich?«

»Wir werden es herausfinden. Das verspreche ich Ihnen.« Ich ging langsam auf den Ausgang zu. Trudy wäre die Richtige, um Doc zu helfen, oder auch Heidi. Jemand mit einem vertrauenerweckenden Gesicht.

»Sie ist kein Mensch!«, flüsterte die Frau Doc eindringlich zu, als sie auf meine Bewegung aufmerksam wurde.

»Sie ist eine Freundin, keine Angst. Sie hat mir geholfen, Sie zurückzuholen.«

»Wo ist Summer Song? Sie hatte Angst, da waren plötzlich Menschen ...«

Ich verschwand durch die Tür, während sie abgelenkt war.

Hinter mir hörte ich Doc ihre Frage beantworten. »Sie fliegt zu einem neuen Planeten. Wissen Sie, wo sie gewesen ist, bevor sie hierherkam?«

Aufgrund des Namens kannte ich ihre Antwort bereits.

»Sie war ... eine Fledermaus? Sie konnte fliegen ... sie konnte singen ... Daran erinnere ich mich ... aber das war ... nicht hier. Wo bin ich?«

Ich lief den Gang entlang, um Hilfe für Doc zu holen. Ich war überrascht, als das Licht aus der großen Höhle vor mir auftauchte - überrascht, weil es so still war. Normalerweise hörte man Stimmen, bevor man das Licht sah. Es war mitten am Tag. Irgendjemand müsste eigentlich in der großen Gartenhöhle sein oder wenigstens hindurchgehen.

Ich trat in das helle Licht der Mittagssonne. Der riesige Raum war leer.