Die frischen Ranken der Melonen waren dunkelgrün, dunkler als die trockene Erde, aus der sie wuchsen. Die Erde war zu trocken - das Bewässerungsfass stand bereit, die Schläuche waren in den Furchen ausgelegt. Aber niemand bediente die primitive Bewässerungsanlage. Alles war verlassen.
Ich blieb ganz ruhig stehen und versuchte irgendetwas zu hören. Die riesige Höhle lag in unheilvoller Stille da. Wo waren die anderen alle?
Hatten sie die Höhle ohne mich evakuiert? Angst und Schmerz durchzuckten mich. Aber sie würden Doc nicht zurücklassen. Sie würden niemals ohne Doc hier weggehen. Am liebsten wäre ich durch den langen Tunnel zurückgerannt, um sicherzugehen, dass Doc nicht auch verschwunden war.
Sie würden auch nicht ohne uns weggehen, Dummkopf. Jared und Jamie und Ian würden uns nicht zurücklassen.
Du hast Recht. Du hast Recht. Dann lass uns ... in der Küche nachsehen.
Ich lief den stillen Gang entlang, wobei ich immer ängstlicher wurde, als das Schweigen andauerte. Vielleicht schien es mir auch nur so still im Vergleich zu meinem Blut, das mir laut in den Ohren rauschte. Natürlich musste irgendetwas zu hören sein. Wenn ich mich beruhigte und langsamer atmete, würde ich Stimmen hören ...
Aber ich erreichte die Küche und sie war ebenfalls leer. Zumindest waren dort keine Leute. Auf den Tischen lagen halb aufgegessene Mahlzeiten. Erdnussbutter auf den letzten Resten des weichen Brots. Äpfel und warmgewordene Limodosen.
Mein Magen erinnerte mich daran, dass ich heute den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, aber ich bemerkte den Hungerkrampf kaum. Die Angst war so viel größer.
Und wenn ... und wenn die Evakuierung zu spät kommt?
Nein!, keuchte Mel. Nein, dann hätten wir etwas gehört! Irgendjemand hätte ... oder es wären ...sie wären immer noch hier und würden nach uns suchen. Sie würden nicht aufgeben, bevor sie alles untersucht hätten. Das kann also nicht sein.
Außer, sie suchen noch nach uns.
Ich wirbelte zur Tür herum, meine Augen versuchten die Schatten zu durchdringen.
Ich musste Doc warnen gehen. Wir mussten hier raus, wenn wir die letzten beiden waren.
Nein! Sie können nicht weg sein! Jamie, Jared ... ich sah ihre Gesichter so deutlich vor mir, als wären sie in meine Augenlider eingeätzt.
Und Ians Gesicht, als ich ihren Bildern meine eigenen hinzufügte. Jeb, Trudy, Lily, Heath, Geoffrey. Wir bringen sie zurück, gelobte ich. Wir finden sie alle, einen nach dem anderen, und holen sie zurück. Ich werde es nicht zulassen, dass sie mir meine Familie nehmen!
Wenn ich noch irgendwelche Zweifel gehabt hätte, auf welcher Seite ich stand, hätte dieser Moment sie ausgelöscht. Ich war in all meinen Leben noch nie so entschlossen gewesen.
Und dann hallte das Geräusch, das Stimmengewirr, auf das ich so angestrengt gelauscht hatte, durch den Gang bis zu uns und ließ mich den Atem anhalten. Ich schlich mich leise zur Wand und drückte mich in den Schatten, während ich horchte.
Sie sind im großen Garten. Das kann man am Echo hören.
Klingt nach einer großen Gruppe.
Ja. Aber sind es deine oder meine Leute? Unsere oder ihre, verbesserte sie mich.
Ich schlich den Gang endang, wobei ich mich in die dunkelsten Schatten duckte. Wir konnten die Stimmen jetzt deutlicher hören und einige von ihnen waren uns vertraut. Hatte das etwas zu bedeuten? Wie lange würden ausgebildete Sucher für eine Implantation brauchen?
Und dann, als ich den Eingang der großen Höhle erreicht hatte, wurden die Geräusche noch deutlicher und Erleichterung durchströmte mich - denn das Stimmengewirr klang genau so wie an meinem allerersten Tag hier: unglaublich wütend.
Es mussten menschliche Stimmen sein.
Kyle war wieder da.
Die Erleichterung kämpfte mit dem Schmerz, als ich ins helle Sonnenlicht eilte, um zu sehen, was los war. Erleichterung, weil meine Menschen in Sicherheit waren. Und Schmerz, weil Kyle unversehrt zurückgekehrt war, denn das bedeutete ...
Du wirst hier immer noch gebraucht, Wanda. So viel mehr als ich.
Ich bin sicher, ich könnte immer neue Entschuldigungen finden, Mel. Es wird immer irgendeinen Grund geben.
Dann bleib hier.
Mit dir als meiner Gefangenen?
Wir hörten auf zu diskutieren, als wir den Aufruhr in der Höhle sahen.
Kyle war wirklich wieder da — er war derjenige, der am leichtesten auszumachen war, der Größte in der Menge, der Einzige, der mir das Gesicht zugewandt hatte. Die Meute hatte ihn an die gegenüberliegende Wand getrieben. Auch wenn er der Grund für den wütenden Lärm war, war er nicht die Quelle. Sein Gesicht war versöhnlich, bittend. Er hatte die Hände neben sich ausgestreckt, mit den Handflächen nach hinten, als wollte er etwas hinter sich beschützen.