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»Die Studenten waren ziemlich aufgebracht.« »Ja.«

Sie sah mich erwartungsvoll an, als müsste ich noch irgendetwas hinzufügen. Ich suchte meine Aufzeichnungen zusammen und wandte mich ab, um sie einzustecken.

»Sie schienen mir auch ziemlich aufgebracht zu sein.«

Ich schob die Papiere vorsichtig in meine Tasche, ohne mich umzudrehen.

»Ich war überrascht, dass Sie die Frage nicht beantwortet haben.«

Es entstand eine Pause, während sie darauf wartete, dass ich etwas erwiderte. Ich schwieg.

»Also ... warum haben Sie die Frage nicht beantwortet?«

Ich drehte mich um, ohne meine Ungeduld zu verbergen. »Weil es nichts mit der Vorlesung zu tun hatte, weil Robert sich dringend ein paar Manieren angewöhnen muss und weil es keinen außer mir etwas angeht.«

Ich schulterte meine Tasche und ging zur Tür. Sie lief neben mir her und bemühte sich, mit meinen längeren Beinen Schritt zu halten. Wir gingen schweigend den Flur entlang. Erst draußen, wo die Nachmittagssonne die Staubkörner in der salzigen Luft zum Leuchten brachte, sprach sie weiter.

»Glauben Sie, dass Sie sich jemals irgendwo niederlassen werden, Wanderer? Auf diesem Planeten hier vielleicht? Sie scheinen ja ein Faible zu haben für ihre ... Gefühle.«

Ich ärgerte mich über die unterschwellige Beleidigung, die in ihren Worten mitschwang. Ich wusste nicht, womit genau sie versuchte, mich zu beleidigen, aber es war offensichtlich, dass sie es darauf anlegte. Melanie zuckte verstimmt.

»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«

»Sagen Sie, Wanderer, haben Sie Mitleid mit ihnen?«

»Mit wem?«, fragte ich ahnungslos. »Mit den Wandelnden Blumen?«

»Nein, mit den Menschen.«

Ich erstarrte und sie kam stolpernd neben mir zum Stehen. Wir waren nur ein paar Häuserblocks von meiner Wohnung entfernt; ich hatte mich beeilt in der Hoffnung, sie abhängen zu können, auch wenn sie vermutlich sowieso versuchen würde, sich selbst einzuladen. Aber ihre Frage traf mich unvorbereitet.

»Mit den Menschen?«

»Ja. Haben Sie Mitleid mit ihnen?« »Sie nicht?«

»Nein. Sie waren schließlich eine äußerst brutale Spezies. Es ist ein Wunder, dass sie sich überhaupt gegenseitig so lange überlebt haben.«

»Nicht alle waren böse.«

»Es steckt in ihren Genen. Brutalität ist ein Teil ihrer Natur. Aber es scheint, dass Sie trotzdem Mitleid mit ihnen haben.«

»Sie haben eine Menge verloren, finden Sie nicht?« Ich beschrieb mit der Hand einen Bogen um uns herum. Wir standen in einem kleinen Park zwischen zwei efeubewachsenen Wohnblocks. Das Dunkelgrün des Efeus sah wunderschön aus; erst recht vor dem ausgeblichenen Rot der alten Ziegelsteine. Die Luft war golden und weich und der Geruch des Meeres verlieh dem süßen Honigduft der Blüten eine salzige Note. Der Hauch einer sanften Brise umspielte die nackte Haut meiner Arme. »In Ihren anderen Leben haben Sie bestimmt nie so lebhafte Sinneseindrücke gehabt.« Ihr Gesichtsausdruck blieb starr, unbeweglich. Ich versuchte sie zu erweichen, sie dazu zu bringen, einen anderen Standpunkt einzunehmen. »In welchen anderen Welten haben Sie schon gelebt?«

Sie zögerte, dann straffte sie die Schultern. »In keiner. Ich habe bisher nur auf der Erde gelebt.«

Das überraschte mich. Sie war genauso ein Kind wie Robert. »Nur auf einem Planeten? Und Sie haben gleich in Ihrem ersten Leben beschlossen, Sucherin zu werden?«

Sie nickte einmal mit hochgerecktem Kinn.

»Hm. Na ja, geht mich ja nichts an.« Ich ging weiter. Wenn ich ihre Intimsphäre respektierte, würde sie das vielleicht umgekehrt auch tun.

»Ich habe mit Ihrer Helferin gesprochen.« Oder auch nicht, dachte Melanie missmutig. »Was?«, stieß ich hervor.

»Ich habe den Eindruck, dass Sie noch mehr Probleme haben, als nur Zugang zu den Informationen zu finden, die ich brauche. Haben Sie mal darüber nachgedacht, einen anderen, gefügigeren Wirt auszuprobieren? Das hat sie Ihnen doch vorgeschlagen, nicht wahr?«

»Sie wären die Letzte, der Kathy irgendetwas anvertrauen würde.«

Die Sucherin sah mich selbstgefällig an. »Sie musste mir nicht antworten. Ich bin gut darin, menschliche Regungen zu interpretieren. Ich merke es, wenn ich mit meinen Fragen ins Schwarze treffe.«

»Wie können Sie es wagen? Die Beziehung zwischen einer Seele und ihrem Helfer ...«

»Ist tabu, ich weiß. Ich kenne die Theorie. Aber mit den zulässigen Ermittlungsmethoden komme ich ja offenbar in Ihrem Fall nicht weiter. Also muss ich ein bisschen kreativ werden.«

»Glauben Sie, ich verheimliche Ihnen etwas?«, fragte ich, zu wütend, um das Missfallen in meiner Stimme kontrollieren zu können. »Etwas, das ich meiner Helferin anvertraut habe?«

Meine Wut schien sie kaltzulassen. Vielleicht war sie aufgrund ihrer seltsamen Persönlichkeit an solche Reaktionen gewöhnt.

»Nein, ich glaube, dass Sie mir alles sagen, was Sie wissen ... Aber ich glaube auch, dass Sie nicht intensiv genug suchen. Ich habe solche Fälle schon erlebt. Sie haben eine Beziehung zu Ihrem Wirt aufgebaut. Sie lassen zu, dass seine Erinnerungen unbewusst Ihre eigenen Wünsche kontrollieren. Wahrscheinlich ist es inzwischen schon zu spät. Ich denke, es wäre besser für Sie, wenn Sie einen neuen Wirt beziehen, und vielleicht hat jemand anders mehr Glück mit diesem hier.«

»Ha!«, rief ich. »Melanie macht sie fertig!«

Sie erstarrte.

Bis zu diesem Moment hatte sie keine Ahnung gehabt, egal, was sie Kathy entlockt hatte. Sie hatte gedacht, dass Melanie über Erinnerungen Einfluss auf mich nahm und dass das unbewusst vonstattenging.

»Interessant, dass Sie im Präsens von ihr sprechen.«

Ich ging nicht darauf ein, sondern versuchte zu vertuschen, dass ich mich verplappert hatte. »Wenn Sie glauben, dass es jemand anderem gelingen könnte, ihr ihre Geheimnisse zu entlocken, irren Sie sich.«

»Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.«

»Dachten Sie an jemand Bestimmten?«, fragte ich mit frostiger Ablehnung in der Stimme.

Sie grinste. »Ich habe selbst die Erlaubnis erhalten, es mal zu versuchen. Dürfte nicht lange dauern. Sie werden meinen Wirt so lange für mich frei halten.«

Ich musste tief durchatmen. Ich zitterte und Melanie war sprachlos vor Hass. Die Vorstellung, die Sucherin in mir zu haben, auch wenn ich natürlich wusste, dass ich selbst dann nicht mehr hier sein würde, war so abstoßend, dass ich die Übelkeit der letzten Woche wieder spürte.

»Zu schade für Ihre Ermittlung, dass ich kein Springer bin.«

Die Augen der Sucherin verengten sich zu Schlitzen. »Na, das zieht meinen Auftrag dann wohl noch ein bisschen in die Länge. Ich habe mich nie besonders für Geschichte interessiert, aber es sieht so aus, als hätte ich jetzt ein ganzes Semester vor mir.«

»Sie haben doch gerade gesagt, dass es wahrscheinlich schon zu spät ist, noch irgendwas aus ihren Erinnerungen zu erfahren«, bemerkte ich, darum bemüht, meine Stimme ruhig zu halten.

»Warum gehen Sie dann nicht dahin zurück, wo Sie hergekommen sind?«

Sie zuckte mit den Schultern und verzog den Mund zu einem frostigen Lächeln. »Ich glaube tatsächlich, dass es zu spät ist ... für freiwillige Informationen. Aber wenn Sie nicht kooperieren, führt sie mich vielleicht selbst zu ihnen.«

»Sie führen?«

»Sobald sie vollständig die Kontrolle übernommen hat und Sie nicht besser dran sind als dieser Schwächling, früher Racing Song, jetzt Kevin. Erinnern Sie sich an ihn? Der, der die Heilerin angegriffen hat?«

Ich starrte sie mit weit aufgerissenen Augen und bebenden Nasenflügeln an.

»Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Ihre Helferin hat Ihnen die Zahlen nicht genannt, oder? Und selbst wenn sie es getan hätte - sie verfügt nicht über die neuesten Statistiken, zu denen wir Zugang haben. Die Langzeiterfolgsquote für Fälle wie den Ihren - wenn ein menschlicher Wirt begonnen hat, sich zu widersetzen - beträgt weniger als zwanzig Prozent. Wussten Sie, dass die Aussichten so schlecht sind? Die Informationen, die potenzielle Siedler erhalten, werden gerade geändert. Es werden keine erwachsenen Wirte mehr angeboten. Das Risiko ist zu hoch. Wir verlieren Seelen. Machen Sie sich darauf gefasst, es wird nicht mehr lange dauern, bis sie mit Ihnen spricht, durch Sie spricht, Ihre Entscheidungen kontrolliert.«