Ja. Sie war ebenfalls ruhig. Das - der Tod - war leichter zu akzeptieren als die Tatsache, dass unsere Anstrengungen absoluter Irrsinn gewesen waren.
»Macht dir das nichts aus?«
Sie dachte einen Moment lang nach, bevor sie antwortete. Ich habe es zumindest versucht. Und ich habe gewonnen. Ich habe sie nicht verraten. Ich habe sie nicht verletzt. Ich habe mein Bestes gegeben, um sie zu finden. Ich habe versucht, mein Versprechen zu halten ... Ich sterbe für sie.
Ich zählte neunzehn Schritte, bevor ich antworten konnte.
Neunzehnmal träges, unnützes Knirschen im Sand.
»Und wofür sterbe ich?«, fragte ich. Es prickelte erneut in meinen ausgetrockneten Tränengängen. »Ich nehme an, weil ich verloren habe, stimmt's? Ist doch so, oder?«
Ich zählte vierunddreißigmal Knirschen, bevor sie eine Antwort auf meine Frage hatte.
Nein, dachte sie langsam. Das Gefühl habe ich nicht. Ich glaube ... na ja, ich glaube, dass du vielleicht ... dass du vielleicht dafür stirbst, ein Mensch zu sein. Sie lächelte beinahe in Gedanken. Nach all den Planeten und all den Wirten, die du schon bewohnt hast, hast du endlich den Ort und den Körper gefunden, für den du dein Leben hingeben würdest. Ich glaube, du hast dein Zuhause gefunden, Wanderer.
Zehnmal Knirschen.
Ich hatte nicht mehr die Kraft, meinen Mund zu öffnen. Nur schade, dass ich nicht noch ein bisschen länger bleiben konnte.
Ich wusste, was sie antworten würde. Vielleicht würde sie versuchen, mich zu trösten. Als Belohnung dafür, dass ich sie zum Sterben hier rausgeschleppt hatte. Sie hatte gewonnen, sie starb als Mensch.
Ich begann zu straucheln. Meine Muskeln flehten mich um Gnade an, als läge es in meiner Macht, ihren Schmerz zu lindern. Ich glaube, ich wäre genau dort stehen geblieben, aber Melanie war wie immer stärker als ich.
Jetzt konnte ich sie spüren, nicht nur in meinem Kopf, sondern auch in meinen Gliedern. Meine Schritte wurden größer, die Spur, die ich hinterließ, geradliniger. Mit reiner Willenskraft trieb sie meine halbtote Hülle auf das unerreichbare Ziel zu.
Dieser sinnlose Kampf wurde von unerwarteter Freude begleitet. Genau wie ich sie spüren konnte, konnte sie meinen Körper spüren. Es war jetzt unser Körper, mit zunehmender Schwäche überließ ich ihr die Kontrolle. Sie frohlockte über die Freiheit, unsere Arme und Beine vorwärtsbewegen zu können, egal, wie nutzlos diese Bewegung war. Sie war selig, einfach weil sie wieder in der Lage dazu war. Sogar der Schmerz unseres beginnenden Todeskampfes verblasste verglichen damit.
Was glaubst du, was da draußen ist?, fragte sie, während wir auf das Ende zugingen. Was wirst du sehen, wenn wir tot sind?
Nichts. Das Wort kam klar und hart und überzeugt heraus. Es gibt einen Grund, warum wir vom endgültigen Tod sprechen. Ihr Seelen glaubt nicht an ein Leben nach dem Tod? Wir haben so viele Leben. Alles, was darüber hinausgeht, wäre ... zu viel verlangt. Jedes Mal, wenn wir unseren Wirt verlassen, sterben wir einen kleinen Tod. Dann leben wir in einem anderen Wirt weiter. Wenn ich hier sterbe, ist das das Ende.
Wir schwiegen lange, während unsere Füße sich immer langsamer vorwärtsbewegten.
Was ist mit dir?, fragte ich schließlich. Glaubst du immer noch an mehr, sogar nach alldem hier? Meine Gedanken durchkämmten Erinnerungen an das Ende ihrer menschlichen Welt.
Ich glaube, es gibt ein paar Dinge, die einfach nicht sterben können. In unseren Gedanken waren ihre Gesichter ganz nah und deutlich. Die Liebe, die wir für Jared und Jamie empfanden, fühlte sich unzerstörbar an. In diesem Augenblick fragte ich mich, ob der Tod stark genug war, um etwas so Lebendiges und Starkes zu vernichten. Vielleicht würde diese Liebe mit ihr zusammen weiterleben, an irgendeinem märchenhaften Ort mit perlenverziertem Tor.