Ich biss in das Brötchen. Es war sehr hart, mit ganzen Körnern durchsetzt, die zwischen meinen Zähnen stecken blieben. Die Konsistenz war steinern, aber der Geschmack war unglaublich. Ich konnte mich nicht erinnern, dass mir je etwas besser geschmeckt hatte, noch nicht mal meine zerdrückten Cremeschnitten. Mein Kiefer arbeitete, so schnell er konnte, aber ich schluckte den Großteil des harten Brotes unzerkaut hinunter. Ich konnte jeden Bissen gurgelnd in meinem Magen auftreffen hören. Es fühlte sich nicht so gut an, wie ich erwartet hatte. Nachdem er so lange leer gewesen war, reagierte mein Magen mit Schmerz und Unwohlsein auf das Essen.
Ich ignorierte ihn und wandte mich als Nächstes der Flüssigkeit zu - es war Suppe. Sie rutschte besser. Abgesehen von den Zwiebeln, die ich gerochen hatte, war sie mild. Die grünen Klumpen waren weich und schwammig. Ich trank direkt aus der Schale und wünschte mir, sie wäre größer. Ich lehnte den Kopf zurück, um sicherzugehen, dass ich auch den letzten Tropfen erwischte.
Das weiße Gemüse war von knackiger Konsistenz und holzigem Geschmack. Irgendeine Art Wurzel. Es war nicht so wohltuend wie die Suppe oder so lecker wie das Brot, aber ich war dankbar für alles, was meinen Magen füllte. Danach war ich immer noch nicht satt - nicht annähernd - und hätte wahrscheinlich mit dem Plastikbrett weitergemacht, wenn ich es hätte durchbeißen können.
Erst als ich fertig war, dachte ich darüber nach, warum sie mir überhaupt etwas zu essen gaben. Das konnte ich mir eigentlich nur damit erklären, dass Jared seine Ausein- andersetzung mit dem Doktor verloren hatte. Aber wenn dem so war - weshalb bewachte mich dann ausgerechnet Jared?
Ich schob das leere Tablett zur Seite, wobei mich das Geräusch, das es machte, zusammenzucken ließ. Als Jared den Arm hereinstreckte, um es rauszuholen, presste ich mich wieder an die Rückwand meiner Höhlenblase. Diesmal sah er mich nicht an.
»Danke«, flüsterte ich, als er wieder verschwand. Er sagte nichts; auf seinem Gesicht war keinerlei Veränderung wahrzunehmen. Nicht mal mehr das Stück von seinem Ärmel war jetzt noch zu sehen, aber ich war mir sicher, dass er da war.
Ich kann einfach nicht glauben, dass er mich geschlagen hat, dachte Melanie eher verwundert als aufgebracht. Sie hatte ihre Überraschung darüber immer noch nicht verwunden. Ich war von vornherein nicht überrascht gewesen. Natürlich hatte er mich geschlagen.
Ich habe mich schon gefragt, wo du bist, antwortete ich. Es wäre ziemlich schlechter Stil, mir das hier einzubrocken und mich dann sitzenzulassen.
Sie ignorierte meinen säuerlichen Tonfall. Ich hätte nicht gedacht, dass er dazu in der Lage wäre, unter keinen Umständen. Ich glaube nicht, dass ich ihn schlagen könnte.
Natürlich könntest du das. Wenn er mit reflektierenden Augen zu dir gekommen wäre, hättest du dasselbe getan. Du bist von Natur aus gewalttätig. Ich musste an ihre Tagträume denken, in denen sie die Sucherin erwürgt hatte. Das schien Monate her zu sein, obwohl ich wusste, dass es nur wenige Tage waren. Eigentlich sollte man meinen, dass es länger dauerte, um sich in eine so aussichtslose Lage zu manövrieren wie die, in der ich mich befand.
Melanie versuchte objektiv zu urteilen. Nein, das glaube ich wirklich nicht. Nicht Jared ... und Jamie auch nicht. Jamie könnte ich auf gar keinen Fall etwas zuleide tun, selbst wenn er... Sie brach ab, da sie den Gedanken nicht zu Ende führen wollte.
Ich dachte darüber nach und musste ihr Recht geben. Selbst wenn der Junge etwas oder jemand anderes geworden wäre, hätten weder sie noch ich die Hand gegen ihn erheben können. Das ist etwas anderes. Du bist wie ... eine Mutter. Mütter sind da irrational. Zu viele Emotionen im Spiel.
Mutterschaft ist immer was Emotionales - sogar für euch Seelen.
Ich antwortete nicht.
Was glaubst du, was sie jetzt mit uns machen werden?
Du bist doch hier die Expertin für Menschen, erinnerte ich sie. Es ist wahrscheinlich kein gutes Zeichen, dass sie mir etwas zu essen geben. Mir fällt nur ein Grund ein, warum sie wollen, dass ich bei Kräften bleibe.
Die wenigen Einzelheiten von Gräueltaten aus der menschlichen Geschichte, an die ich mich erinnerte, vermischten sich in meinem Kopf mit den Geschichten aus der alten Zeitung, die wir neulich gefunden hatten. Feuer - das war etwas Furchtbares. Melanie hatte sich einmal versehentlich alle Fingerspitzen der rechten Hand verbrannt, als sie nach einem Brötchen gegriffen hatte, ohne zu wissen, dass es heiß war. Ich erinnerte mich, wie der Schmerz sie durchzuckt hatte -unerwartet heftig und intensiv.
Das war allerdings nur ein Unfall gewesen, schnell behandelt mit Eis, Salben, Medikamenten. Niemand hatte es absichtlich getan, hatte nach dem ersten übelkeiterregenden Schmerz immer weitergemacht ...