Выбрать главу

Aber die langen, scharfen Nägel störten mich. Ich glaube nicht, dass wir uns langfristig noch groß Gedanken um schlechte Angewohnheiten machen müssen.

Jared ließ nicht mehr zu, dass Jeb uns das Essen brachte. Stattdessen stellte es jemand am Ende des Gangs ab und Jared holte es. Ich bekam zweimal am Tag das Gleiche - Brot, Suppe und drei Wurzeln. Jared bekam manchmal noch etwas extra, abgepackte Lebensmittel mit Namen, die ich wiedererkannte - Lakritze, Snickers, Pop Tarts. Ich versuchte mir vorzustellen, wie diese Delikatessen in die Hände der Menschen gelangt waren.

Ich rechnete nicht damit, dass er mir etwas davon abgab - natürlich nicht -, aber ich fragte mich manchmal, ob er dachte, ich würde darauf hoffen. Eine meiner seltenen Ablenkungen war es, ihn seine Schätze essen zu hören, weil er es immer so zelebrierte - vielleicht wollte er es mir genauso unter die Nase reiben wie das mit dem Kissen in der ersten Nacht.

Einmal riss Jared langsam eine Packung Käsecracker auf - so langsam wie immer - und der herrliche Duft von künstlichem geriebenen Käse erfüllte meine Höhle: köstlich, unwiderstehlich. Er aß langsam und ließ mich jedes einzelne Knuspern hören.

Mein Magen knurrte laut und ich lachte über mich selbst. Ich hatte so lange nicht mehr gelacht. Ich versuchte mich an das letzte Mal zu erinnern und es gelang mir nicht - mir fiel nur dieser eigenartige Ausbruch von makabrer Hysterie in der Wüste ein, der eigentlich nicht als Lachen zählte. Sogar bevor ich hierhergekommen war, hatte es nicht viel gegeben, was ich lustig gefunden hatte.

Aber aus irgendeinem Grund fand ich das hier jetzt unheimlich komisch - mein Magen, der sich nach diesem einen kleinen Käsecracker sehnte - und ich lachte wieder. Sicher ein Anzeichen für Irrsinn.

Es war mir nicht klar, was für ein Problem Jared mit meiner Reaktion hatte, aber er stand auf und verschwand. Nach einer Weile konnte ich ihn wieder Käsecracker essen hören, aber von weiter weg. Ich spähte aus dem Loch und sah, dass er im Schatten am anderen Ende des Gangs saß und mir den Rücken zugewandt hatte. Ich zog meinen Kopf zurück, damit er mich, falls er sich umdrehte, nicht dabei erwischte, wie ich ihn beobachtete. Von da an hielt er sich so oft wie möglich hinten am Ende des Gangs auf. Nur nachts streckte er sich direkt vor meinem Gefängnis aus.

Zweimal pro Tag - oder besser gesagt, zweimal pro Nacht, da er mich nie hinbrachte, wenn die anderen unterwegs waren - durfte ich zu dem Raum mit den Flüssen gehen. Trotz meiner Angst war das großartig, da es die einzige Zeit war, in der ich mich nicht in der unnatürlichen Stellung zusammenkauern musste, die die kleine Höhle mir aufzwang. Es fiel mir jedes Mal schwerer, zurück in mein Loch zu klettern.

Dreimal in dieser Woche, immer zur Schlafenszeit, kam jemand, um nach uns zu sehen.

Das erste Mal war es Kyle.

Ich wachte davon auf, dass Jared plötzlich aufsprang.

»Verschwinde«, drohte er mit gezücktem Gewehr.

»Ich will ja nur mal gucken«, sagte Kyle. Seine Stimme war weit weg, aber laut und grob genug, dass ich sicher sein konnte, dass es nicht sein Bruder war. »Eines Tages bist du vielleicht gerade nicht hier. Eines Tages schläfst du vielleicht zu fest.«

Jareds einzige Antwort war es, das Gewehr zu spannen.

Ich hörte Kyles Gelächter hinter ihm verhallen, als er wieder ging.

Wer es die anderen beiden Male war, wusste ich nicht. Wieder Kyle oder vielleicht Ian oder vielleicht jemand, dessen Namen ich nicht kannte. Alles, was ich wusste, war, dass ich noch zweimal davon aufwachte, dass Jared aufsprang und das Gewehr auf einen Eindringling richtete. Es wurde kein Wort gesprochen. Wer auch immer da »nur mal gucken« wollte, machte sich nicht die Mühe, irgendwas zu sagen. Als sie weg waren, schlief Jared schnell wieder ein. Ich brauchte länger, um meinen Herzschlag zu beruhigen.

Beim vierten Mal war es anders.

Ich schlief noch nicht ganz, als Jared aus dem Schlaf hochschreckte und sich mit einer schnellen Bewegung auf die Knie drehte. Mit dem Gewehr in der Hand und einem Fluch auf den Lippen stand er auf.

»Ganz ruhig«, murmelte eine entfernte Stimme. »Ich komme in friedlicher Absicht.«

»Egal, was du mir andrehen willst, ich kaufe dir nichts ab«, knurrte Jared.

»Ich will bloß mit dir reden.« Die Stimme kam näher. »Du sitzt hier unten fest und verpasst die wichtigen Debatten ... wir vermissen deine Sicht auf die Dinge.«

»Bestimmt«, sagte Jared sarkastisch.

»Komm schon, nimm die Knarre runter. Wenn ich vorgehabt hätte, dich anzugreifen, hätte ich diesmal vier Leute mitgebracht.«

Es herrschte kurzes Schweigen, und als Jared wieder sprach, war eine Spur schwarzen Humors in seiner Stimme zu vernehmen. »Wie geht's deinem Bruder dieser Tage?«, fragte er. Die Frage schien ihn zu amüsieren. Seinen Besucher aufziehen zu können, entspannte ihn. Er setzte sich hin und lehnte sich vor meinem Gefängnis an die Wand, gelassen, aber das Gewehr immer bereit. Mein Hals tat mir weh; er schien zu merken, dass die Hände, die ihn gewürgt und ihm Schmerzen zugefügt hatten, ganz in der Nähe waren.

»Er ist immer noch stinksauer wegen seiner Nase«, sagte Ian. »Was soll's - ist schließlich nicht das erste Mal, dass sie gebrochen ist. Ich sag ihm, dass es dir leid tut.«

»Tut es gar nicht.« »Ich weiß. Niemandem tut es leid, Kyle zu schlagen.« Sie lachten leise miteinander; es hatte etwas Kameradschaftliches an sich, das irgendwie nicht hierher passte, zu dem Gewehr, das Jared locker auf Ian gerichtet hielt. Aber die Bande, die an diesem verzweifelten Ort geknüpft wurden, mussten ziemlich fest sein. Dicker als Blut.

Ian setzte sich neben Jared auf die Matte. Ich konnte die Umrisse seines Profils erkennen, eine schwarze Silhouette vor dem blauen Licht. Ich stellte fest, dass er eine perfekt geformte Nase hatte - gleichmäßig, leicht gekrümmt, die Art Nase, die ich auf Bildern von berühmten Skulpturen gesehen hatte. Hieß das, dass die anderen ihn erträglicher fanden als den Bruder, dessen Nase schon so oft gebrochen worden war? Oder dass er besser den Kopf einziehen konnte?

»Also, was willst du, Ian? Wahrscheinlich nicht nur eine Entschuldigung für Kyles Nase.«

»Hat Jeb es dir gesagt?«

»Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«

»Sie haben die Suche eingestellt. Sogar die Sucher.«

Jared sagte nichts, aber ich konnte seine plötzliche Anspannung spüren.

»Wir haben sie genau beobachtet, um keine Veränderung zu verpassen, aber sie machten nicht den Eindruck, als wären sie übermäßig beunruhigt. Die Suche reichte nie über die Gegend, wo wir das Auto zurückgelassen haben, hinaus, und in den letzten Tagen haben sie eindeutig eher nach einer Leiche als nach einem Überlebenden gesucht. Vorletzte Nacht kam uns dann ein glücklicher Zufall zu Hilfe - der Suchtrupp hat Müll offen herumliegen lassen und ein Rudel Kojoten hat ihr Lager geplündert. Eins der Wesen kam spät zurück und überraschte die Tiere. Die Kojoten haben es angegriffen und knapp hundert Meter in die Wüste verschleppt, bevor die anderen seine Schreie hörten und ihm zu Hilfe kamen. Die Sucher waren natürlich bewaffnet. Sie konnten die Kojoten problemlos vertreiben und es war nicht ernsthaft verletzt, aber der Vorfall scheint ein paar ihrer Fragen zum Verbleib unseres Gastes hier beantwortet zu haben.«