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»Eure Geschichte ist besser als nichts. Das sind Dinge, die wir Menschen wissen sollten, da wir ja offenbar in einem Universum leben, das stärker bevölkert ist, als uns bewusst war.«

»Aber ich war keine richtige Lehrerin«, erklärte ich ihm verzweifelt. Glaubte er im Ernst, dass irgendjemand hier meine Stimme hören wollte, geschweige denn meine Geschichten? »Ich war eine Art Honorarprofessorin, eigentlich nur Gastdozentin. Sie wollten mich nur wegen ... na ja, wegen der Geschichte, die mit meinem Namen zu tun hat.«

»Das ist das Nächste, wonach ich fragen wollte«, sagte Jeb zufrieden. »Wir können uns später noch über deine Lehrerfahrung unterhalten. Also - warum wurdest du Wanderer genannt? Ich hab eine Menge komischer Namen gehört, Dry Waters, Fingers In The Sky, Falling Upward - und dazwischen lauter Pams und Bobs natürlich. Du kannst mir glauben, das gehört zu den Dingen, die einen vor Neugier platzen lassen können.«

Ich wartete, bis ich sicher war, dass er geendet hatte. »Also, normalerweise läuft es folgendermaßen ab: Eine Seele probiert einen oder zwei Planeten aus und lässt sich dann an ihrem Lieblingsplatz nieder. Sie wechselt ab dann einfach nur zu neuen Wirten derselben Spezies auf demselben Planeten, kurz bevor ihr Körper stirbt. Es ist sehr verwirrend, von einer Körperart zu einer anderen zu wechseln. Die meisten Seelen hassen das. Einige verlassen ihren ersten Planeten, auf dem sie geboren wurden, nie. Manchen Seelen fällt es schwer, ihren Platz zu finden. Dann probieren sie vielleicht drei Planeten aus. Einmal habe ich eine Seele kennengelernt, die auf fünf Planeten war, bevor sie sich bei den Fledermäusen niedergelassen hat. Da hat es mir gefallen - ich glaube, das ist der Planet, den ich am ehesten ausgewählt hätte. Wenn die Blindheit nicht gewesen wäre ...« »Auf wie vielen Planeten hast du gelebt?«, fragte Jamie leise. Irgendwie hatte seine Hand ihren Weg in meine gefunden, während ich sprach.

»Das hier ist mein neunter«, sagte ich und drückte sacht seine Finger.

»Wow, neun!«, stieß er hervor.

»Deshalb wollten sie mich als Dozentin haben. Unsere Statistiken kann ihnen jeder präsentieren, aber ich habe persönliche Erfahrungen auf fast allen Planeten gesammelt, die wir ... erobert haben.« Ich zögerte bei dem Wort, aber es schien Jamie nichts auszumachen. »Es gibt nur drei, auf denen ich nie gewesen bin - nein, inzwischen vier. Sie haben gerade eine neue Welt eröffnet...«

Ich hatte erwartet, dass Jeb mich sofort mit Fragen über die neue Welt oder die, die ich ausgelassen hatte, überschütten würde, aber er spielte nur geistesabwesend mit seinem Bart.

»Warum bist du nie irgendwo geblieben?«, fragte Jamie.

»Ich habe nie einen Ort gefunden, der mir so gut gefallen hat, dass ich gerne bleiben wollte.«

»Und was ist mit der Erde? Glaubst du, du wirst hierbleiben?«

Ich musste über seine kindliche Zuversicht lächeln - als ob ich die Gelegenheit haben würde, in einen anderen Wirt zu wechseln. Als ob ich Gelegenheit haben würde, auch nur noch einen Monat in meinem jetzigen weiterzuleben.

»Die Erde ist ... sehr interessant«, murmelte ich. »Das Leben ist schwieriger hier als an jedem anderen Ort, an dem ich bisher gewesen bin.«

»Schwieriger als auf dem Planeten mit der gefrorenen Luft und den Klauenbestien?«, fragte er.

»In gewisser Weise ja.« Wie konnte ich ihm erklären, dass der Nebelplanet einen nur von außen forderte - es war viel schwieriger, von innen heraus angegriffen zu werden.

Angegriffen, sagte Melanie spöttisch.

Ich gähnte. Ich habe eigentlich nicht dich gemeint, erklärte ich ihr. Ich dachte an diese unberechenbaren Gefühle, die mich ständig durcheinanderbringen. Aber du hast mich sehr wohl angegriffen. Indem du mir deine Erinnerungen so massiv aufgedrängt hast.

Ich habe meine Lektion gelernt, versicherte sie mir trocken. Ich konnte spüren, wie stark ihr die Hand in meiner bewusst war. In ihr wuchs langsam ein Gefühl heran, das ich nicht erkannte. So ähnlich wie Wut, aber noch dazu mit einem Schuss Verlangen und einer Prise Verzweiflung.

Eifersucht, klärte sie mich auf.

Jeb gähnte erneut. »Ich bin ganz schön unhöflich, fürchte ich. Du musst ja völlig fertig sein - nachdem du heute den ganzen Tag herumgelaufen bist, halte ich dich auch noch die halbe Nacht mit Fragen wach. Was für ein mieser Gastgeber! Los, Jamie, wir gehen, damit Wanda ein bisschen Schlaf bekommt.«

Ich war erschöpft. Es fühlte sich an, als wäre der Tag sehr lang gewesen, und nach Jebs Worten zu schließen, war das vielleicht nicht nur Einbildung.

»Okay, Onkel Jeb.« Jamie sprang leichtfüßig auf und streckte dem alten Mann die Hand entgegen.

»Danke, mein Junge.« Jeb ächzte beim Aufstehen. »Und dir auch vielen Dank«, fügte er in meine Richtung hinzu. »Das war das interessanteste Gespräch, das ich seit ... na, wahrscheinlich jemals geführt habe. Schone deine Stimme, Wanda, denn meine Neugier ist enorm. Ah, da kommt er ja. Wurde aber auch Zeit.«

Erst jetzt hörte ich das Geräusch sich nähernder Schritte. Automatisch drückte ich mich an die Wand und verzog mich ein Stück in den Höhlenraum, obwohl ich mich drinnen fast noch unsicherer fühlte, weil das Mondlicht dort noch heller leuchtete.

Ich war überrascht, dass erst jetzt jemand zum Schlafen hier auftauchte; in diesem Flur schienen eigentlich viele Leute zu wohnen. »Entschuldige, Jeb. Ich musste noch mit Sharon reden und dann bin ich eingenickt...«

Es war unmöglich, diese gelassene, freundliche Stimme nicht wiederzuerkennen. Mir drehte sich der Magen um und ich wünschte, er wäre leer.

»Macht gar nichts, Doc. Wir haben uns hier prima amüsiert. Irgendwann musst du sie mal dazu bringen, dir ein paar ihrer Geschichten zu erzählen - klasse Stoff. Heute allerdings nicht mehr. Sie muss ganz schön müde sein. Wir sehen euch morgen früh.«

Der Doktor breitete eine Matte vor dem Höhleneingang aus, genau wie Jared.

»Behalt das im Auge«, sagte Jeb und legte das Gewehr neben die Matte.

»Geht's dir gut, Wanda?«, fragte Jamie plötzlich. »Du zitterst ja.«

Ich hatte es bisher gar nicht gemerkt, aber mein ganzer Körper bebte. Ich antwortete nicht - meine Kehle war wie zugeschnürt.

»Ganz ruhig«, sagte Jeb besänftigend. »Ich habe Doc gebeten, eine Schicht zu übernehmen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Doc ist ein Ehrenmann.«

Der Doktor lächelte müde. »Ich werde dir nichts tun ... Wanda, richtig? Das verspreche ich dir. Ich halte bloß Wache, während du schläfst.«

Ich biss mir auf die Lippe, aber das Beben ließ nicht nach.

Jeb schien allerdings zu glauben, dass alles geklärt sei. »Nacht, Wanda. Nacht, Doc«, sagte er, als er sich auf den Weg den Gang hinunter machte.

Jamie zögerte und sah mich besorgt an. »Doc ist in Ordnung«, versicherte er mir flüsternd.

»Komm endlich, Junge, es ist schon spät!« Jamie lief hinter Jeb her.

Als sie weg waren, beobachtete ich den Doktor und wartete auf eine Veränderung. Docs entspannter Gesichtsausdruck verschwand jedoch nicht und er rührte das Gewehr nicht an. Er streckte seine lange Gestalt auf der Matte aus, wobei seine Waden und Füße darüber hinausragten. Im Liegen sah er viel kleiner aus, so spindeldürr, wie er war.