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»Wozu könnte ihnen das von Nutzen sein, Jeb? Glaubst du, ich weiß etwas, das die Seelen zerstören könnte? Das Ruder herumreißen? Jeb, es ist vorbei.«

»Solange wir noch hier sind, ist es nicht vorbei«, erklärte er mir grinsend, so dass ich wusste, dass er mich mal wieder aufzog. »Ich erwarte nicht, dass du zum Verräter wirst und uns eine Wunderwaffe aushändigst. Ich glaube einfach, wir sollten mehr über die Welt, in der wir leben, wissen.«

Beim Wort Verräter zuckte ich zusammen. »Ich könnte euch keine Waffe aushändigen, selbst wenn ich wollte, Jeb. Wir keine große Schwäche, keine Achillesferse. Keine Erzfeinde dort draußen im Weltraum, die euch zu Hilfe kommen könnten, keine Viren, die uns auslöschen und euch am Leben lassen. Tut mir leid.«

»Mach dir nichts draus.« Er ballte eine Faust und schlug mich damit spielerisch auf den Arm. »Vielleicht wärst du aber auch überrascht. Ich hab dir ja schon gesagt, dass es hier drin ganz schön langweilig werden kann. Vielleicht sind die Leute erpichter auf deine Geschichten, als du glaubst.«

Ich wusste, dass Jeb nicht lockerlassen würde - war er überhaupt in der Lage, eine Niederlage hinzunehmen? Ich bezweifelte es.

Die Mahlzeiten nahm ich normalerweise mit Jeb und Jamie ein, wenn er nicht gerade in der Schule oder anderweitig beschäftigt war. Ian saß immer in der Nähe, wenn auch nicht direkt bei uns. Seine Rolle als mein selbsternannter Bodyguard war mir nicht so ganz geheuer. Es war zu schön, um wahr zu sein, und konnte daher, nach der menschlichen Philosophie, eindeutig nicht stimmen.

Ein paar Tage nachdem ich Jebs Aufforderung, die Menschen »zu ihrem Besten« zu unterrichten, ausgeschlagen hatte, setzte sich Doc während des Abendessens zu mir.

Sharon blieb, wo sie war, in der von meinem Stammplatz am weitesten entfernten Ecke. Heute war sie allein, ohne ihre Mutter. Sie drehte sich nicht um, um Doc hinterherzublicken. Ihr leuchtendes Haar war zu einem hochsitzenden Knoten geschlungen, so dass ich sehen konnte, wie steif sie ihren Kopf hielt und wie gespannt ihre unglücklich hochgezogenen Schultern waren. Ich wäre am liebsten sofort weggegangen, noch bevor Doc mir sagen konnte, was immer er loswerden wollte, damit niemand auf die Idee kam, ich hätte irgendetwas mit ihm zu tun.

Aber Jamie war bei mir und nahm meine Hand, als er den üblichen panischen Ausdruck in meinen Augen auftauchen sah. Er entwickelte eine unheimliche Begabung dafür, zu spüren, wann ich nervös wurde. Ich seufzte und blieb sitzen. Es hätte mich vermutlich stärker beunruhigen sollen, dass ich mich so sehr von den Wünschen dieses Kindes leiten ließ.

»Wie geht's denn so?«, fragte Doc beiläufig, während er neben mir auf den Tresen rutschte.

Ian, der ein Stück entfernt saß, drehte sich zu uns herum, als wolle er am Gespräch teilnehmen.

Ich zuckte mit den Schultern.

»Wir haben heute Suppe gekocht«, verkündete Jamie. »Meine Augen brennen immer noch.«

Doc hielt seine roten Hände hoch. »Seife.«

Jamie lachte. »Okay, du hast gewonnen.«

Doc verbeugte sich scherzhaft, dann wandte er sich an mich. »Wanda, was ich dich fragen wollte ...« Er brach ab.

Ich hob die Augenbrauen.

»Na ja, ich habe mich gefragt... von den Bewohnern all der unterschiedlichen Planeten, die du kennst, welche Spezies ist da körperlich den Menschen am nächsten?«

Ich blinzelte. »Warum?«

»Einfach gute, alte Biologenneugier. Ich hab über eure Heiler nachgedacht... Wo haben sie das Wissen her, zu heilen, statt einfach nur die Symptome zu kurieren, wie du gesagt hast?« Doc sprach lauter als nötig, seine sanfte Stimme trug weiter als gewöhnlich. Mehrere Leute blickten auf - Trudy und Geoffrey, Lily, Walter ...

Ich schlang meine Arme fest um meinen Körper und versuchte weniger Raum einzunehmen. »Das sind zwei verschiedene Fragen«, murmelte ich.

Doc lächelte und gab mir mit einer Handbewegung zu verstehen, dass ich weitersprechen sollte.

Jamie drückte meine Hand.

Ich seufzte erneut. »Die Bären auf dem Nebelplaneten wahrscheinlich.«

»Der mit den Klauenbestien?«, flüsterte Jamie.

Ich nickte.

»In welcher Hinsicht ähneln sie uns?«, fragte Doc nach.

Ich verdrehte die Augen, da ich mir sicher war, dass Jeb dahintersteckte, fuhr aber fort: »Sie ähneln in vielerlei Hinsicht den Säugetieren. Fell, Warmblüter. Ihr Blut ist nicht genau dasselbe wie eures, aber es erfüllt im Prinzip denselben Zweck. Sie haben ähnliche Emotionen, dasselbe Bedürfnis nach sozialer Interaktion und kreativen Ausdrucksmöglichkeiten ...«

»Kreativ?« Doc beugte sich fasziniert - oder angeblich fasziniert - vor. »Wie das?«

Ich sah Jamie an. »Du weißt das doch alles. Warum erzählst du es Doc nicht?«

»Ich kann es vielleicht nicht richtig erklären.« »Natürlich kannst du das.« Er sah Doc an, der nickte.

»Also, weißt du, sie haben diese unglaublichen Hände.« Jamie war sofort Feuer und Flamme. »Mit einer Art Doppelgelenk - sie können sie in beide Richtungen biegen.« Er streckte seine eigenen Finger, als versuchte er sie nach hinten umzuknicken. »Auf der einen Seite sind sie weich, wie meine Handfläche, aber auf der anderen Seite scharf wie Rasierklingen! Damit schneiden sie Eis - machen Eisskulpturen. Sie bauen Städte, ganz aus Kristallschlössern, die nie schmelzen! Es ist wunderschön, nicht wahr, Wanda?« Er drehte sich hilfesuchend zu mir um.

Ich nickte. »Sie sehen ein anderes Farbspektrum - das Eis ist voller Regenbogenfarben. Ihre Städte erfüllen sie mit Stolz. Sie versuchen immer, sie noch schöner zu machen. Ich kannte einen Bären, der hieß ... na ja, so was wie >Glitzerweber< - wobei das in ihrer Sprache besser klang -, weil das Eis zu wissen schien, was er wollte, und sich selbst die Form gab, von der er geträumt hatte. Ich bin ihm einmal begegnet und habe seine Werke gesehen. Das ist eine meiner schönsten Erinnerungen.«

»Die Bären können träumen?«, fragte Ian ruhig.

Ich lächelte schief. »Nicht so lebhaft wie Menschen.«

»Woher haben die Heiler ihr Wissen über die Physiologie einer neuen Spezies? Sie waren vorbereitet, als sie hierhergekommen sind. Ich habe gesehen, wie es losging - wie Patienten im Endstadium völlig gesund das Krankenhaus verlassen haben...« Auf Docs schmaler Stirn bildete sich eine V-förmige Falte. Er hasste die Invasoren so sehr wie alle hier, aber im Unterschied zu den anderen beneidete er sie auch.

Ich wollte nicht antworten. Inzwischen hörten uns alle zu und das hier war kein hübsches Märchen über Bären, die Eisskulpturen formten. Dies war die Geschichte ihrer Niederlage.

Doc wartete mit gerunzelter Stirn.

»Sie ... sie haben Proben genommen«, murmelte ich.

Ian grinste, als er verstand. »Die Entführungen durch Außerirdische.«

Ich ignorierte ihn.

Doc kräuselte die Lippen. »Das ergibt Sinn.«

Das Schweigen im Raum erinnerte mich an meinen ersten Besuch hier.

»Wo kommt ihr eigentlich her?«, fragte Doc. »Erinnerst du dich daran? Ich meine, weißt du, wie ihr euch als Spezies entwickelt habt?«

»Der Ursprung«, antwortete ich nickend. »Wir leben dort immer noch. Dort bin ich ... geboren.«

»Das ist etwas Besonderes«, fügte Jamie hinzu. »Man trifft nicht oft jemanden vom Ursprung, stimmt's? Die meisten Seelen versuchen dort zu bleiben, nicht wahr, Wanda?« Er wartete meine Antwort nicht ab. Ich begann zu bereuen, jede Nacht so gewissenhaft auf seine Fragen geantwortet zu haben. »Wenn also jemand dort weggeht, ist er dadurch fast so etwas wie ... eine Berühmtheit. Oder wie ein Mitglied einer Königsfamilie.«

Ich konnte spüren, wie meine Wangen zu glühen begannen. »Es ist kühl dort«, fuhr Jamie fort. »Es gibt viele Wolken mit einer Menge verschiedenfarbiger Schichten. Es ist der einzige Planet, wo die Seelen lange Zeit außerhalb eines Wirts leben können. Die Wirte auf dem Ursprung sind auch ausgesprochen schön; sie haben eine Art Flügel und viele Tentakel und große silberne Augen.«