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Bluträusche

der Macht ich konnte eigentlich und kann bis heute nur ganz klar ganz im Detail (das Atom das Herz der Kreislauf die Freundschaft der Bau von Arztpraxen und Kliniken) oder ganz dichterisch (das Universum die Liebe) denken obwohl ich mich immer bemühe und lerne aber ist Medizin Wissenschaft oder Poesie fragte Hussein oder nicht doch eher die Politik des kranken Körpers er hatte wohl recht ich las dennoch lieber Gedichte von Mutanabbi (und von Nizar Kabani in gesteigerten Verliebtheitszuständen) oder die Stücke von Brecht die das Studententheater aufzuführen plante bevor wir ganz andere Stücke aufführten

und schließlich

der ANGRIFF

im Juni

und am zweiten Tag des Krieges stand

MACK THE KNIFE neben mir in der Mensa der medizinischen Fakultät ohne dass ich es begriff das heißt mehr als Abneigung und Befremdung verspürte während er sich nach vorn drängte und brüllte es dürfe nicht das geringste Zögern der Regierung geben der jüdische Aggressor wäre sofort und endgültig zu zerschlagen

Saddam

diese eine Mal war ich ihm so nah wie dem Tod in der Pathologie von dem ich auch immer glaubte ich hätte nie etwas ganz persönlich mit ihm zu schaffen er trug eine Pistole am Gürtel er war glatt rasiert ein langer athletischer Typ er hatte vier oder fünf Gewichtheberfiguren um sich herum und schrie unentwegt in seinem beduinischen Dialekt man sagte ihm nach er habe schon einige Gegner um die Ecke gebracht wir nickten und wandten uns anderen Rednern zu auch die meisten Baathisten hielten ihn für nichts als einen brutalen Schläger den man ausschalten musste (er fand bald ihre Schalter und er zögerte nicht) wir versuchten im Gespräch mit einigen Professoren und Assistenten noch eine Art Überblick zu erhalten aber es war sinnlos der Hexenkessel trieb uns hinaus in

die Endschlacht gegen den Zionismus

wir hatten Nasser

den allergrößten Gewichtheber den Garanten der arabischen Einheit den Führer der Dritten Welt die Leuchte der Araber die uns gelehrt hatte den Kopf zu heben denn

es gab keinen Zweifel am Sieg jeden Tag vernichteten wir den Feind vollkommen im letzten Gefecht vier Tage später stand ich in Uniform auf dem Bahngleis und Farida fiel beinahe in Ohnmacht vor Hitze Wut Trauer ich

bin freiwillig

unfreiwillig gefahren das heißt ich wollte mich wehren ich wollte mit irgendetwas Höherem und Wichtigerem verschmelzen und wenn es sein musste auch mit ihm untergehen obwohl oder weil ich glücklich war und obwohl sich etwas in mir sträubte und den Kopf schüttelte in meinem Kopf und wie gelähmt und hilflos an die Wände meines Körpers starrte der inmitten der anderen voranstürzte

wir hatten keine Einberufungsbescheide es ging alles so schnell wie die irakischen Einheiten in Jordanien überrollt worden waren viele meldeten sich bei der Kaserne bei der sie zuletzt stationiert gewesen waren jung

als Araber

zu sterben und meine Freunde nicht zu überleben schien mir folgerichtig wenn auch nicht unbedingt großartig es war mein einziger Krieg als normaler Soldat ich kam nicht einmal aus der Kaserne heraus als auch schon entgegen der Triumphmeldungen aus Kairo Amman Damaskus

nach sechs Tagen

AL-NAKSA

DIE NIEDERLAGE

feststand nach weiteren sechs Tagen wusste man dass kein großer Flächenbrand entstehen würde und ich sollte einfach nachhause gehen

wie betäubt

fand ich zum ersten Mal eine wütende junge Ehefrau vor (bitte stirb beim nächsten Mal weil ich es dir sage) und einen Zulassungsbescheid für das Studium in Paris das ich mir nicht leisten konnte und

noch hingen alle klebten an kauften und kauften

Radios

wütende zeternde jammernde Geräte sie brüllten noch im Juli in den Sandstürmen sie hatten immer noch gewonnen

aber es war anders gewesen (ein echt deutscher BLITZKRIEG der in Frankfurt lebende Vetter von Hussein schrieb dass man in Deutschland Mosche Dayan zum wiederauferstandenen Rommel erklärte)

nach Jahren

nach so vielen Gesprächen in Paris Amman Damaskus Beirut Bagdad denkst du klarer oder vielleicht nur weniger illusionär wenn etliche der Kostüme und Masken gefallen sind in denen man die Erfolgsstücke der Geschichte immer wieder aufzuführen versucht wobei wir nicht vergessen wollen dass im Grunde keine Alternative zur Inszenierung existiert und es keine letzte Maske abzunehmen und keinen Straßenanzug unter dem letzten Kostüm hervorzuzaubern gibt erst recht nicht die nackte Wahrheit

heute könnte man sagen

es gab einmal einen Traum vom befreiten sozialistischen und demokratischen unabhängigen und vereinten modernen selbstbewussten Arabien zwischen den Machtblöcken über die vom englischen und französischen Kolonialismus rücksichtslos gezogenen Grenzen hinweg es war ein moderner politischer von Europa inspirierter Traum eine Art vorgezogene sozialistische EU ohne den entsetzlichen Geburtsschmerz den Europa sich in jenen zwei Kriegen bereitet hatte deren ungeheure Leichenberge wir blutrünstige Araber nur fassungslos betrachten konnten und in denen wir nicht mehr waren als Spielball Nebenkriegsschauplatz Rohstofflieferant

jener Traum war

wahrscheinlich schon verspielt (wenn überhaupt je zu realisieren) bevor der Krieg gegen Israel begann und nun war es (vielleicht) einfach nur so

dass der ägyptische PRÄSIDENT (bis über die Ohren all seiner Untertanen verschuldet) dem amerikanischen PRÄSIDENTEN (schon bis über die Ohren im Vietnam-Schlamassel) gegrollt hatte weil er ihm keinen Weizen mehr für sein Brot schicken wollte da er dem ägyptischen PRÄSIDENTEN wegen seiner Neigung zum sowjetischen PRÄSIDENTEN böse gewesen war und nun die ägyptischen MASSEN hungerten und der PRÄSIDENT ihnen die Mäuler hatte stopfen wollen indem er ihnen zeigte dass er noch immer 1000 mal größer und arabischer war als der syrische PRÄSIDENT und der grimmige KÖNIG der Saudis (der demnächst mit seinem ÖL die Bühne überfluten würde) und also dem israelischen PREMIER den Golf von Aqaba und den schönen Erdölhafen daran weggesperrt hatte und so schlimm mit dem Säbel weiterrasselte dass dieser fürchten musste man greife sein Land an oder wenigstens allen im Westen klarmachen konnte dass er dies wirklich habe fürchten müssen während der ägyptische PRÄSIDENT wahrscheinlich gedacht hatte dass er selbst doch eher nicht angegriffen werden würde aber wenn dann vielleicht sogar gewinnen könnte wegen seiner aus der UdSSR stammenden Luftwaffe vor der sich der israelische PREMIER wohl wirklich fürchtete da sie womöglich gar seinen Atomreaktor zerschießen konnte so dass er also vorsorglich die gesamte ägyptische Luftwaffe zerschoss am frühen Morgen im Wüstensand

die NIEDERLAGE schmerzte

den großen symbolischen Organismus der Araber

indem sie zeigte dass es ihn in Wirklichkeit nicht gab wenigstens nicht als politisch einstimmige und militärischen Erfolg versprechende Größe ich studierte wieder Medizin ich hörte auf an solche Schmerzen zu glauben ich glaubte (einige Monate später als die Schleier gefallen waren) an den Tod von zehntausend ägyptischen Soldaten die zwischen den Schrotthaufen von sowjetischen Panzern und zerschossenen MiGs starben ich glaubte an das Elend weiterer Hunderttausender palästinensischer Flüchtlinge die sich über die Schlachtfelder nach Jordanien schleppten viele schon in ihrer Vertreibung nach der Vertreibung von der Katastrophe in die Niederlage ich glaubte an das Wirkliche an die Besetzung des Gazastreifens des Westjordanlandes des Sinai und dass dies schwärende Wunden sein würden

aber für wen und für wen von welcher Art

tatsächliche blutende Wunden nicht für alle Araber sondern für die Palästinenser und die arabischen Nachbarstaaten die es in der Folgezeit direkt betraf