ich besuche dich durch
einen Turm aus Feuer Schwester
so leicht wie nur ein
Gedanke
so wie ein helles weißes Licht die Laser-
Fee aus gleichmäßig tanzenden Atomen mitten
durch eine Explosion durch eine Feuersbrunst durch einen kochenden Planeten eilen kann
unser fliegendes Schiff verwandelt sich
zu weißer Asche hoch in der Luft leise segelnd vorsichtiger als alles andere auf der Welt es zerfällt so rasch wie eine Idee eine Geschichte ein
Leben
Schwester vieles stellen wir uns falsch vor nur weil wir zu wenig Geschichten hörten unter dem Bett durch die Matratze siehst du vielleicht nur dich selbst auf der anderen Seite in
meiner weißen Haut
als deinen eigenen Traum vom tödlichen König wir müssen alle Geschichten kennen den großen Reigen auf der Erde dann siehst du auch den dunkelblonden Jungen der aus dem Haus läuft dessen Garage in Flammen aufging wie durch den Schleier
eines Traums er ist zu Tode
erschrocken er glaubt vielleicht ein Krieg habe begonnen
brennendes Öl ein Feuerengel der mit einer weiteren Explosion die Glasfront des Wintergartens sprengt ein Bote der immer das Ziel findet aber noch einmal vertrieben werden kann denn alle helfen mit sämtliche Nachbarn der herbeigeeilte Liebhaber meiner Mutter die Eltern des Jungen die Feuerwehr endlich die hier noch einmal eine leichte Übung hat
niemand ist
zu Schaden gekommen man sitzt beieinander neben den gelb gestreiften Rittern des F.D.N.Y. Erics Mutter neben meiner Mutter zwei vollkommen verschiedene Frauen mit der nahezu gleichen Frisur (sie gehen beide zum besten Damenfriseur der nächsten größeren Stadt und werfen sich in all der Aufregung doch immer wieder einen peinlichen Spiegelblick zu) die gepflegte mollige Hausfrau aus der Vorabendserie erschrocken und rosarot um Fassung ringend dagegen Amanda aus dem Abendprogramm des Fernsehers Leben wo man kalte schöne Managerinnen zeigt aber sie ist doch ein wenig aufgelöst für ihre Verhältnisse und seltsam heiter
Heiterkeit ist der Bote des Schmerzes
sagt Emily
in meinem Kopf in meiner Brust
so leicht und einfach und sie dreht sich gelassen um und verschwindet in ihrem Zimmer ohne die Tür ganz zu schließen
(spucke Blut du bist verletzt!)
regelrecht ausgelassen erscheint mir Amanda vielleicht weil ihr endlich einmal etwas schiefgegangen ist und wenn es nur für mich wäre denn ich denke plötzlich dass ich das von ihr lernen möchte so elegant so menschlich einfach ein Versagen einzugestehen in der weißen Sommerhose und dem malvenfarbenen T-Shirt in dem offenkundig wird dass ihre von Sommersprossen und Leberflecken gepunkteten Oberarme nicht mehr die Spannung von früher haben so entspannt entwaffnend so als könnte sie im nächsten Moment auch den freundlichen untersetzten Mann mit dem gelichteten Haar und der betont sportlich-lässigen Kleidung diesen wie von sich selbst erfundenen typischen Long-Island-Drehbuchautor vorstellen als
gestatten mein Liebhaber Lesley
entwaffnend entschuldigend weil er ihrem zweiten Ehemann ähnelt aber eigentlich weniger gut aussieht als dieser
aber ihre Verhältnisse und Manöver stören mich heute nicht so sehr der Brand- und Aschegeruch des Unfalls lässt alles zugleich falsch und richtig erscheinen man weiß einfach nicht mehr was stimmt und lehnt sich müde und doch seltsam erregt in die blaue rauchige Luft so dass man sich leicht an einer fremden Schulter wiederfinden könnte
stell dir vor
wird Eric in einigen noch ganz unvorstellbaren Tagen zu mir sagen dass sie einfach nur einen Freund braucht jemanden mit dem sie reden kann wenn dein Stiefvater nicht da ist vielleicht ist das alles nur eine
Projektion
und er wird grinsend einen Zeigefinger heben also befreie dich lieber selbst und komm mit nach L.A.
schließe die Tür von außen statt sie halb geöffnet zu lassen als Abstoßung als Anziehung als Zumutung für deine irritierte Umwelt aber jetzt
reden wir zum ersten Mal miteinander nachdem wir uns zuvor nur verstohlen beobachtet und verlegen gegrüßt haben
die Nachtigall
fliegt zur Rose Schwester
er hat so freundlich unordentlich geschnittenes Haar seine Ohren stehen zu weit ab so dass er nicht zu hübsch wirkt nicht zu glatt er hat ungleich lange Fingernägel (rechts länger der Mann spielt Gitarre Watson) keine Haare im Brustausschnitt seines hellblauen kurzärmligen Hemdes
der Feuerwehrzug steht ruhig vor unserem Haus die Versicherungsgesellschaft werde alles regeln er könne sich schon einmal ein neues kaufen sagt meine Mutter und Erics linke Schulter berührt mich tatsächlich als wir am Ende noch einmal das unsinnig verbogene unter dem Ruß glänzende Skelett seines Rads betrachten du könntest dir vorstellen
ein Wesen aus Asche und verkohlten Resten zu sein ein fast nicht zusammenhängender Körper der in dem Augenblick stirbt in dem ein Lebewesen auf ihn tritt der drei Sekunden existiert oder auch dreitausend Jahre
wie heißt du eigentlich
fragt Eric sanft
Begrüßung
Mein Schleier, Liebster, ist mein Haar.
Lüfte ihn und sieh.
Meine Lippen flüstern dich.
Berühre sie und flieh!
Martin
Die Glücklichen sollten klug sein und fünfmal am Tag (wie ein guter Moslem betet) spüren dass ihr Leben gelingt wie
ein Kinderspiel
so hätten sie noch immer einige gute Stunden
vor der Vertreibung ich atme ruhig ich gehe in die Küche und koche Kaffee mit einer deutschen Maschine die ich noch vor Kurzem so reflexhaft in der Ipswich-Mall als wahrscheinlich gute Qualität kaufte wie es die meisten Amerikaner auch getan hätten ich gestehe mir ein (entgegen dem Widerwillen einer unvorstellbar nahen Zukunft) dass ich froh bin das Haus wieder für mich zu haben denn obwohl ich noch zu wenig über Mohammed und Marianne weiß habe ich
Suleika
schon längst gefunden und bin ihr erlegen und staune und bin dankbar für den Sturm den sie (auch nach drei Jahren noch ganz leicht) in mir entfacht für die plötzlichen Anfälle von ruhiger gelassen einige Bücher oder einen Stuhl beiseite schiebender eine Schürze den Rock ein sonnengebräuntes weiches Bein hebender Gastlichkeit in der Küche oder auf der schmalen Treppe (dort verunglückend und wie halb noch gefesselte Flüchtlinge aus der Gefangenschaft unserer College-Professoren-Seriosität in die verblüffte junggesellige Arroganz meines Leseschlafzimmers stolpernd)
jetzt bin ich noch
und schon
ganz allein ich ärgere mich (zum schrecklichen letzten Mal) über Sabrina über ein abhanden gekommenes Buch ich stehe (schon versöhnt) in ihrem Zimmer ihrem einstigen Mädchenzimmer seit sie in Cambridge studiert ist sie nur selten hier gewesen alles scheint unverändert wie konserviert in dem eigenartigen Übergangszustand zwischen chaotisch-märchenhafter Mädchenwelt (frühe Poesiealben und alte Disney-Comics treue Plüschtiere das Poster eines weiblichen Rockstars) und der erst auf den zweiten Blick eingängigen gewissermaßen heimlichen Ordnung einer jungen Frau (chronologisch eingestellte National-Geographic-Magazine Lehrbücher Songbooks Romane Lyrikanthologien PC-Manuale CD-Stapel) es gibt aber noch den jetzt fast freien Platz im Bücherregal unter den sie auf meinen ironischen Vorschlag vor einigen Jahren hin ein handbeschriebenes Etikett klebte
Geklaut von Papa
hier finde ich auch meine Hafis-Ausgabe die einzige die halbwegs erfolgreich versucht die arabischen Metren ins Deutsche zu übertragen und dann werde ich
sanft