Выбрать главу

(beruhige dich mit

wem sprichst du denn nur denke

statt

zu hassen)

die Reconquista hier

hat

ihren Saladin dort

aber dann schon ihre neuen osmanischen Herrscherdynastien und im Osten die Safawiden ein Fürstengeschlecht aus dem nordwestlichen Iran ich recherchiere möglichst genau wenn ich etwas nicht im Netz finde fahre ich in die Public Library und sei es auch nur für eine Definition oder ein Bild oder eine Skizze es ist nur die Unerbittlichkeit nein: die Zulänglichkeit

meiner eigenen Antworten

die gegen den Schmerz hilft und hin und wieder eine Nacht mit längerem Schlaf bringt

wo war ich

stehengeblieben?

3000 Jahre gibt es uns doch noch gar nicht

es gab einmal

3000 Menschen

was bleibt übrig was bleibt uns übrig (sagt Luisa) als Trauer und Scham und gezielte Verbrecherjagd und Einsicht in die eigene Schuld

was bleibt übrig ich träume ich alpträumte

der alte Goethe sei gekommen und wollte

Sabrina heiraten

Sehnsucht

Erste Flamme, um zu werden,

Brauchtest Du noch keinen Tod.

Erbet’ner Gast auf 1000 Erden,

Mit jedem Herzschlag Morgenrot.

Bei jedem Deiner Schritte Licht,

Du strahlender Besuch.

Nichts verhüllt mir Dein Gesicht,

Nur Körperstaub, ein fahles Tuch.

Schmetterling, das kalte Feuer,

Das Dich auslöscht in der Luft,

Muss mit Dir sterben, denn im Himmel,

Gibt es weder Grab noch Gruft.

Seither hält Dich still die Erde,

Als Phosphor tief in sich versteckt.

Doch wenn ich einst zur Flamme werde,

Hab’ ich Dich in mir entdeckt.

Muna

Das Nachmittagslicht (warm fast schon honigfarben)

leuchtet uns entgegen

Sami und mir so dass die

Gegenseite im Gegenlicht seltsam verklärt erscheint (als wäre das noch nötig) übergossen von vorabendlicher Milde es ist als löste sich jetzt alles im

Tee der Luft

es ist (noch) still an diesem Freitag das Wochenende beruhigt Bagdad wie ein übergeworfenes Tuch einen wilden Papagei im Käfig

gegenüber sitzen der kleine struppige Achmed seine plumpe lustige Schwester Hind und Yusuf der Älteste der schlanker geworden ist mit seinen siebzehn Jahren während

Du

noch stehst zwischen einem Feigen- und einem Ginkobäumchen in einem ganz besonderen unsichtbaren blendenden (nur mich blendenden) gegenströmenden warmen Sonnenglanz dem die Nachtigallen Schmetterlinge schmerzhaft leuchtenden schillernden Paradiesvögel metallischen Kolibris in meinem Herzen im Serail meiner Brust

zuflattern

das alte Haus meines Urgroßvaters und das der Rikabis stehen so nahe beieinander dass man mit einem leichten Sprung vom Dach des einen zum Dach des anderen kommt man kann sich von hier nach dort unterhalten als säße man an einem Tisch ganz ungestört denn zur Straße hin riegelt ein Tor den schmalen Zugang zu den selten benutzten Seitentüren ab und über diesen geschlossenen Zugang hinweg spricht man seit Jahrzehnten schon (sagt Tarik) miteinander als sei der gemeinsame Tisch gerade von der Erde verschluckt worden über einen kleinen Abgrund von drei Metern Tiefe hinweg indem man sich nah an die niedrigen Brüstungsmauern stellt oder einfach darauf setzt wie Hind und Yusuf und Achmed

wie Sami und ich auf der Gegenseite während Du immer noch zwischen den von Abu Yusuf liebevoll und fachkundig aufgestellten gepflegten Zierbäumchen und Büschen stehst als zähltest Du die Ginkoblätter (keines ist wie das andere sagt man) oder versuchtest durch die Rückseite der hohen Gebäude der Saadun-Straße bis zum Tigris hinab zu sehen den sie verbergen Du bist als Soldat angekommen im Sommer in Deiner grünen Uniform erschöpft müde und erleichtert weil Du Deinen Pflichtdienst hinter Dir hattest und jetzt hier unterkommen konntest im Haus des entfernt mit Dir verwandten Abu Yusuf der Dir preiswert ein Zimmer vermietet für

ein ganzes Studium (wünschte ich)

Du siehst jetzt schon so aus wie ein Student (in Jeans und wasserblauem Hemd) setz Dich (Geliebter!) neben den kleinen großäugigen strubbeligen Achmed auf die sonnenbeschienene Mauer zwei oder drei Mal die Woche sitzen wir hier zusammen um uns herum nur Antennen Wäscheleinen flatternde Bettlaken bunte Hauskleider schwarze Abayas Babywäsche rauchende Kamine Dachgartenpflanzen Abu Yusuf ist Gärtner von Beruf es heißt er pflanze sogar in den Palästen des Präsidenten er hat das Dach seines Hauses so geschickt begrünt und verwandelt dass es im Gewirr der anderen zumeist sehr gewöhnlichen Dächer eingelegt scheint wie eine Paradiesinsel wie eine kostbare persische Miniatur und so müsstest Du eigentlich auch ein passendes Gewand (Seide Brokat Gold ein Turban mit exotischen Federn) tragen ein Märchenkostüm es ist

Deine Zurückhaltung jene immer ein wenig defensive und doch konzentrierte Freundlichkeit es sind Deine hellbraunen leuchtenden Augen hinter den runden dicken Brillengläsern es ist Deine verhaltene Art zu sprechen zu gestikulieren es sind Deine kräftigen runden Schultern Deine großen aber weichen und gut geformten Hände Deine Zähne wenn du lachst diese kleinen weißen Kalkfleckchen darauf Deine hoch sitzenden Wangenknochen die Dir (fast wie bei Huda) etwas Indisches geben es sind Deine Geduld und Deine vorsichtigen Bewegungen es ist

ein Blütenfeuer in mir ein Stachel ein nackter ungestümer harter Sklavenkörper in der Nacht auf meinem schweißnassen Bett erträumt und schrecklich falsch denn Du wärst doch sanft und geduldig und weich es ist der Wunsch

genau hier zu sein an diesem Ort das vollkommene wirkliche (vollkommen wirkliche) Dasein eine brennende Sehnsucht nach diesem Ort in dieser Zeit und ihre sofortige fast tägliche Erfüllung ich will oft nichts weiter als hier zu sitzen

Dir gegenüber

an der Seite meines Bruders der immer etwas mit seinem Freund Yusuf zu reden zu tauschen zu debattieren hat die rundliche zehnjährige Hind und Achmed in seiner Dischdascha oder seinen kurzen Hosen und gestreiften T-Shirts sind wie liliputanische Clowns oder dickbackige Engelchen die um uns herumschwirren zwischen den Orangenbäumchen und der aufgehängten Wäsche

ich spreche über Babylon über die neuen Funde dort und Du über Fußball (mit den Jungs) und über die Zeit der Abbasiden während Sami Star-Wars- und Terminator-Videos mit Yusuf austauscht und CDs von Massive Attack oder Madonna (die er mir hin und wieder leiht)

das Zauberwort

fiel vor einer Woche es war ein Fehler von Sami aber die beiden Kinder waren von Umm Yusuf in den Innenhof der Rikabis gerufen worden und zu viert sprechen wir offen und frei also konnte es meinem schwatzsüchtigen nervösen Bruderherz geschehen dass er über Tariks Plan mich zum Studium nach

London

zu schicken plauderte während Du doch im Oktober in Wasiriya Verwaltungswissenschaften und Datenverarbeitung studieren sollst auf Geheiß Deines Onkels der Dein Studium finanziert es wird

doch ohnehin gar nicht mehr nötig sein

Tony Blair kommt doch selbst hierher mit seinem Freund George Bush rief Yusuf

es sei nicht sicher es sei nur eine der spontanen Ideen meines Vaters beeilte ich mich zu erklären und keiner wusste was uns mehr ängstigte die Aussicht auf Trennung oder die Vision eines Kriegs London war das Wort das den Schreck in Dir auslöste der Dein Herz für mich öffnete für einen Blick wie für einen Sturz in einen Himmel der uns nie wieder entlässt wir

waren schon einmal dort

für unser Paradies reichte allein der

Gegenblick

die Sekunde der Erwiderung die jetzt immer wieder

zurückkehrt bei jeder noch so kurzen Begegnung unserer Augen gestern