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Eric

der mir in den flachen Wellen entgegenkommt lächelnd mit hängenden Armen und ich erschrecke für eine Sekunde als hätte ich wirklich etwas geworfen das ihn verletzen könnte ihn ins Gesicht treffen oder am Hals den ich küsste wir

versteckten uns manchmal

liegend

hinter unseren Badematten vor den herangepeitschten Sandkörnern vor den Blicken lagen wie in einem Strohkorb den ein riesiger Vogel übers Meer trug schließ nur einmal die Augen Eric

während die eilends herbeigerufenen Bauarbeiter (in East Hampton ist eine schwarz verkohlte Garagenruine recht unpassend) den Schutt beseitigten und leise und diskret in der vornehmen letzten Dorfstraße vorm Strand eine neue schmucke Autohütte (Garagenpalast) errichteten

in diesen zwei Wochen in denen nicht mehr nicht weniger geschah als

der sanfte kaum spürbare

Austausch

des Planeten unter unserem Strandstreifen es

fühlt sich so befreiend und beängstigend an es ist aber doch (zunächst) nicht mehr als eine Absicht ein kleiner Ausbruch ich schwänze nur die erste Woche des neuen Semesters

die Erde wird sich nicht verschieben

sagt Eric

du kennst sie doch

verdammt denke ich es hätte geholfen es wäre besser gewesen wenn wir …

aber du schläfst nicht (und ihr wirklich nie? Schwester?) das erste Mal mit einem Freund wenn du gerade

blutest

es hätte nichts geändert gib es zu es wäre nur etwas weniger verrückt etwas weniger romantisch wie dieses wie todsichere Versprechen auf uns selbst auf eine Intensität und gemeinsame Lust die noch nie da war Schwester es ist wenn du aus deinem Schmerz deinem Stolz

herausgehst

aus dem Winkel

in dem du dich verkrochen hast es ist so absurd so schwer zu sehen wenn dieser Winkel doch ein großes helles Zimmer im ersten Stock ist in dem du zwei Jahre lang wie in einem erträumten oft auch traumartigen Exil lebtest mit Blick zum Meer wie ich es mir als Kind oft gewünscht hatte in unseren Ferien in Rockport

immer weiter am Meer

leben zu dürfen

die arabische Prinzessin

kehrte zurück

in mich in dieser Zeit als ich meiner Mutter Amanda folgte mit dreizehn in Seymours Sommerhaus einzog auf Long Island in dem ich alles wunderbar finden sollte das ist Mrs Donally willst du ein Pferd sie kocht wunderbar sie sorgt für dich und dein Pferd wenn wir beide in New York City sind nein rief ich denn ich will ein Kamel so sieht Mrs Donally nämlich aus ich bekomme ein Kamel das ein Pferd kocht

schon einmal aber fand ich die Kraft von hier wegzugehen als ich nämlich wieder zu Martin nach Amherst zog und wieder ruhig wurde und normal nur

ernster

und deshalb kann ich jetzt leichteren Herzens eine Zeitlang hier wohnen in den Ferien oder am Wochenende und ich kann lange Zeit wieder von hier verschwinden also weshalb

macht es mich so nervös ich

gehe nur für zwei Wochen nach Kalifornien ich muss zur Vernunft kommen ich muss etwas finden das mich wieder auf die Erde bringt (nach diesem Urlaub wenigstens) die ich doch

studiere

Muna

Etwa von unserem lautlosen

Luftschiff aus

Schwester getrieben von

Fantasie und davon brauchst du eine Menge wenn du eine Schwester verloren hast über dir in einem Bett mit gespreizten Beinen kalt das fiebrige weiße Blut der Armee empfangend meine klare geordnete überlegene große Schwester Jasmin die mir so viele Briefe schrieb die in meinem Alter schon nach Paris ging um acht Jahre später als diplomierte Chemikerin zurückzukehren als Verlobte eines älteren Mannes der bereits verheiratet war ich wollte einmal

einen Piloten heiraten den ich in Paris sah nicht in der Luft oder am Flughafen sondern auf einem der Märkte auf denen man Arabisch hört fast wie daheim er beachtete mich natürlich nicht ein orientalisches Kind von elf Jahren er streifte mich nicht einmal

mit seiner blauen Uniform

er ist Franzose Schwester Engländer oder Deutscher Franzose es sind ja immer nur Figuren aus Feuer aus Wasser aus Rauch

im Feuer

unserer Geschichte der Pilot sieht hinab auf das ockerfarbene Häusermeer von Bagdad gespalten vom Tigris wie von einer grauen stählernen Schlange die Kuppeln der Moscheen sitzen wie türkisfarbene Muscheln im Staub unaufhaltsam zieht die Maschine in ihre Wahnsinnshöhe hinauf rüttelt wie ein Bus auf einer unsichtbaren holprigen steilen Piste in lichtblauer Wüste

der Pilot dreht den Kopf mit der funkelnden Sonnenbrille er wirft einen Blick durch das Seitenfenster er sieht

(als einen gefährlichen Traum!)

unser Schiff

in der Luft

nur wir beide stünden an der Reling denn der König wäre ausgegangen um junge Männer (von jungen Männern) zerquetschen zu lassen (das Übliche) er sähe uns im Sommerhimmel flirren das silberne Segel die schmalen silbernen Bänder in unseren weißen leichten Kleidern er spürte die Nachgiebigkeit

der Liebe

denn das hätte einmal sein können (oder auch nicht) ich wäre eine Tänzerin

gewesen

im Innenhof einer alten Karawanserei zum Beispiel die man in ein Restaurant verwandelt hätte tanzte ich bis eine Flut von Geldscheinen über meinen kurzen Schleier meine Schultern meine halb entblößten Brüste meinen schwingenden nackten Bauch segelten (die ägyptischen Filme der sechziger Jahre in Videokassetten versiegelt wie in schmalen Särgen im Kleiderschrank von Farida) der Pilot sieht mich jetzt im Himmel fliegen wie am Vortag im Rauch der Wasserpfeifen im Schweiß

meiner Raserei

ich muss doch auch wie meine Schwester sein ich muss doch auch

mich

lösen können ich verschwimme in der Luft (ebenso das Schiff unsere Dau die fiebrige irrlichternde Kontur meiner Schwester) und der Pilot kann jetzt wieder klar sehen die Instrumente (Ladedruckmesser Höhenmesser Fahrtmesser sanft schwappende Blau-Braun-Drehscheibe der künstliche Horizont sagt Sami hatten wir je einen anderen Schwester kreiselnde blinkende flackernde Elektronik Wasser Treibstoff zitternde weiße Zeiger auf schwarzem Grund)

die Libelle sagt Sami dieses weiße Dings das wie eine Banane aussieht

Turn Coordinator

dreh dich zurück Schwester nimm den Piloten aus der Luft die toten Libellen aus dem Fluss lösche das Flugzeug aus dem Himmel

seit zehn Jahren kann es gar nicht sein dass eine Verkehrsmaschine von Bagdad nach Paris fliegt es gibt Bagdad nicht einmal im Flight Simulator morgens um sieben schaukelt Sami mit schläfrigem Blick über einer Landschaft in Italien vor Rom wie er glaubt über sanften Hügeln ohne Häuser ohne Menschen und Bäume als wäre dort alles wie von einer Wut gelöscht oder mit lehmgelber Farbe überpinselt wie die Straßen von Bagdad in jenem

Sturm

der letzte Woche Sandkörner in jede Ritze unseres Hauses trieb als hätte er einfach durch das Glas der Fenster wehen können gestern putzte ich mit Farida die Küche das Bad und jedes Zimmer aber heute Morgen streicht nur noch ein leichter Wind um das Haus das in einem ruhigen safrangelben Licht liegt das alte schiefe plump vergrößerte Haus meines Urgroßvaters in Betawiyn in das wir vor vier Jahren zogen nachdem Tarik für immer mehr Arbeit immer weniger Geld erhielt und auch wenn Jasmin nicht mehr zu uns zurückkehrte nachdem sie aus Paris kam (mit Kasim der drei Jahre für die Scheidung von seiner ersten Frau brauchte obwohl sie schon längst beschlossene Sache und mit dem Kadi geregelt war) sitzen wir hier enger aufeinander als je zuvor