PRÄSIDENT SindSieaufmeinerSeite,Colin?
Der General schluckt. Er richtet sich im Sessel auf.
GENERAL Ich bin auf Ihrer Seite, Mr President!
PRÄSIDENT DannwirdesZeitdassSieIhreKampfuniformanziehen.
Nahaufnahme des entschlossen strahlenden Präsidentengesichts. Einsetzende Musik, dezent, wie vom künftigen Kriegsschauplatz herüberschallend: When Johnny comes marching home again, hurrah! Hurrah! Schnitt.
am 5. Februar 2003 hebt sich der Vorhang in den UN und wir sehen den GENERAL bei jener Show die er bald als Schandfleck seines Lebens bezeichnen wird er zeigt
mühsam in tagelanger Kleinarbeit aus einer Masse vagen bis untauglichen CIA-Materials herausgefischte schwammige Indizien das Anthrax-Röhrchen-Imitat aus dem Requisitenfundus die schwer interpretationsbedürftigen Satellitenschnappschüsse von Industrieanlagen die Powerpoint-Grafiken von angeblichen rollenden Biowaffen-Labors gestützt auf wenige und dubios anmutende Zeugenaussagen Fotos von irakischen Raketen die bis nach Israel fliegen könnten (aufgenommen bevor sie von der UNMOVIC verboten worden waren) Gesprächsfetzen von Abhörtonbändern unklarer Herkunft denen man die verklausulierten Absprachen irakischer Offiziere über das Beseitigen von Hinweisen auf Waffenproduktionsstätten entnehmen können sollte Aluminiumrohre die eventuell für Uranzentrifugen verwendbar wären mit Mutmaßungen hoch angereicherte diffuse Verbindungen von Al-Qaida-Terroristen und irakischen Agenten
ein HAUFEN von Indizien sagte Luisa ein Haufen (noch einmal auf Spanisch) die Leute sind immer beeindruckt von HAUFEN
just as an old Army trooper, I can tell you a couple of things
das Powell-Buy-in
die handsignierte löchrige Eintrittskarte in den Krieg (Sie sitzen in der Ehrenloge der Blauäugigen)
wollte ich nicht entgegennehmen
ich wollte
die USA verlassen und drei Wochen später musste ich es denn meine Mutter war zusammengebrochen sie lag schon zwei Tage auf der Intensivstation als meine Schwester mich endlich anrief auf dem Weg zum JFK-Airport dachte ich dass es nun keinen Ort und keine Zeit mehr für mich gab die Vergangenheit unter den planierten Trümmern die Zukunft ein falscher Krieg die Gegenwart ein zu preiswert gemietetes nicht haltbares Apartment von Seymours Gnaden das Geisterhaus in Amherst
ein enges lautes Hotel hinter dem Adenauerplatz in Berlin (wenigstens das konnte ich ändern)
das erschöpfte Gesicht meiner Schwester auf der anderen Seite des Krankenhausbettes dieses
Zurückgeschossen-Werden
in unsere Kindheit zwischen den Schläuchen und Apparaten das Lächeln unserer Mutter das in seltenen Momenten noch einmal so nah alterslos und innig erschien als lebten wir noch in unserer engen Mietwohnung in Bremen die unauffällige Familie des Handelsschullehrers Ernst Lechner es
geht uns an den Kragen
das war
in den langen Tagen und halben Nächten im Krankenhaus
oft die einzige deutliche Empfindung der einzige klare Gedanke den ich hatte man muss
Entscheidungen fällen
wie der
PRÄSIDENT der nun vollkommen entschlossen ist seinen blutrünstigen Widersacher aus Dodge (running gag der Familie Bush) zu vertreiben und nur noch hört was und wen er hören will
Überlebende der deutschen Konzentrationslager die den Angriff empfehlen
Generäle die den sauberen Krieg versprechen: we do no
body-counts
Exil-Iraker denen zufolge die Überfallenen bald jubelnde Befreite sein werden nur ein
Päpstlicher Gesandter
stört ein wenig aber Du zeigst ihm den Garten des Friedens im Weihrauchnebel der Zukunft hinter dem Krieg was man tun muss erscheint niemals klarer als in den Stunden in denen man ES tut es
funktioniert einfach alles es
hat darauf gewartet das Pferd des Cowboys prescht davon nur der Malerpinsel der Zukunft kann es fixieren
auf den Azoren Mitte März
das Blau
der Entscheidung
grundloser Himmel und Bomben-
Luft
der portugiesische Präsident hat eingeladen und Tony ist da und der Spanier Aznar (sehen Sie immer einen Schnurrbart neben sich) Hoden und Bart und neben 135 000 US-Soldaten stehen schon 200 Polen in Waffen vor den Ölfeldern als NEUES
Europa
es ist
ein Spaziergang kaum eine Trennlinie vom Meeresblau zur gläsernen Luft
48 Stunden für den Banditen um Dodge City zu verlassen
wieder daheim
gibt es nur noch ein
Attentats-Zögern
das Zaudern vor dem Enthauptungsschlag eine im gewissen Sinne doch auch recht persönliche Aktion (aber im Grunde schon von Dir vorausgeübt bei den über 150 Todesurteilen die Du als Gouverneur von Texas unterzeichnet hast) bei der sich zwei F-117 Tarnkappenbomber und 36 Tomahawk-Marschflugkörper auf den Weg zu einem Landsitz südlich von Bagdad machen an dem man Saddam seine Söhne seine Frau (und einige
Kollaterale)
vermutet
diese Entscheidung fällt am Abend des 19. März 2003 ultimatumsgerecht nachdem Du jeden im Kriegskabinett gefragt hast ob er auch DAS tun würde (ein jeder wollte AUCH DAS tun)
am Morgen desselben Tages aber hatte es schon den
EINSATZBEFEHL
für die Kriegskommandeure gegeben vom Lageraum des Weißen Hauses aus über eine sichere Videoverbindung zur Front zehnmal fast den gleichen Dialog
PRÄSIDENT HabenSiealleswasSiebrauchen?
KOMMANDEUR Ja, Mr President.
PRÄSIDENT KönnenSiesiegen?
KOMMANDEUR Ja, Mr President.
dann also:
UmdesWeltfriedenswillenundzum
NutzenundfürdieFreiheitdes
irakischenVolkesgebeichhiermit
denBefehlzurAusführungder
OperationIraqiFreedom.Möge
GottmitunserenSoldatensein.
es ist dies der eigentliche
menschenfresserische Moment
im PRÄSIDENTENLEBEN jener zutiefst gefürchtete zutiefst ersehnte HISTORISCHE Augenblick in dem Du
den ersten jungen Körper zwischen die Zähne nehmen und zerbeißen musst wie eine
Wachtel (sagt Luisa)
O to resume the joys of the soldier!
To go to battle — to hear the bugles play and the drums beat!
To taste the savage taste of blood — to be so devilish!
To gloat so over the wounds and deaths of the enemy.
aber es wird natürlich vor allem dieses staatsbegräbnishaft feierlich hochglanzpolierte Schwarzweiß-Foto geben auf dem
Du und
Gott (Letzterer wie üblich kaum zu erkennen es sei denn er hat die Gestalt eines kleinen gefleckten Hundes angenommen der verschwommen hinter Dir vor einer Umfriedungshecke steht) ganz alleine
spazieren geht kurz nachdem Du den Befehl zum Angriff gegeben hast
Eswarsehremotionalfürmich
ichhabegebetet
während
ICH
herumging
III. Das Paradies, Juni — September 2004
So zwischen Ordnung und Unordnung, zwischen Erhalten und Verderben, zwischen Rauben und Bezahlen lebte man immer hin, und dies mag es wohl sein, was den Krieg für das Gemüt eigentlich verderblich macht. Man spielt den Kühnen, Zerstörenden, dann wieder den Sanften, Belebenden; man gewöhnt sich an Phrasen, mitten in dem verzweifeltsten Zustand Hoffnung zu erregen und zu beleben; hierdurch entsteht nun eine Art von Heuchelei, die einen besonderen Charakter hat, und sich von der pfäffischen, höfischen, oder wie sie sonst heißen mögen, ganz eigen unterscheidet.