hatte von mir nie etwas zu befürchten ich liebte sie und wenn ihr euch fragt wie es dazu gekommen ist dass
sie verschwand
dann fragt euch mit wem sie ihr sauberer Mann bekanntgemacht hat er hat es sich gut überlegt dieser Kasim er selbst hätte nichts gegen mich ausrichten können wegen seiner Frau aber er wusste jemanden zu finden der
sich zu rächen verstand wenn man
ihn zurückstieß
ist das klar genug ausgedrückt (mein Täubchen) ich wollte nur
dass ihr das wisst auf Wiedersehen
im Feuerofen der Hölle der Teigfladen wandert von Saras zur Mirals Händen Miral breitet ihn über das Kissen aus ich nehme den Blechdeckel hoch und sie presst den Fladen fest gegen die heiße innere Wand des Tonnenofens bis er überall Blasen wirft und sie ihn von der Wand reißt wie festgeklebte Haut um ihn dann rasch auf das von mir bereitgehaltene Tablett zu schleudern und ich staple das Brot in einer großen Schale aus Blech
Jasmins Narben an den Füßen am Rücken an der Hüfte werden langsam weiß
sie spricht manchmal wieder Arabisch
seit Kerbela
wenn sie selbst nichts sagt wenn sie selbst Kasim schützt oder ihn nicht verdächtigt oder einfach nie wieder seinen Namen aussprechen möchte was soll was muss ich dann tun mit dieser möglichen Wahrheit oder möglichen Verleumdung welche Gefahr verbindet sich damit wenn es stimmt was der Major sagte und Kasim also einen Geheimdienstmitarbeiter auf meine Schwester angesetzt hat damit sie seine Avancen abwehre und er sich stellvertretend für meinen Schwager an meiner Schwester und dem sonst unangreifbaren Major räche ich traue
es Kasim zu
mittlerweile
nachdem wir über ein Jahr schon im Krieg leben und seither nur noch die Scheidungspapiere von ihm gesehen haben
wie er uns damals so verstört und schockiert in unserem alten Haus in Betawiyn aufsuchte mein sauberer Schwager ich
will nicht
verantwortlich sein für noch mehr Hass und noch mehr Tod einmal muss Schluss sein einmal müssen wir lernen über den Gärten von Babylon zu schweben uns aufzuschwingen die Kranken Beladenen Gefolterten aufzunehmen an Bord unserer Luftschiffe hinabzusehen und beieinander zu liegen ohne Angst lerne
schweigen
von deiner gefolterten Schwester von deinem unter Schock stehenden Bruder damals (nach Achmeds Tod vor endlos lang erscheinenden zehn Monaten) schwieg selbst er
zwei Tage lang
zitternd und schutzbedürftig er zeichnete sogar wieder um sich zu beruhigen fertigte er Kalligrafen an die Gott priesen beinahe wäre er zurückverwandelt worden in meinen lieben Kinderfreund der zu mir aufsah sich an mich hängte mit mir Pferde stahl der sofort dabei gewesen und aufgesprungen wäre eines Nachts durch das Fenster auf den Rücken eines blinkenden und blechern wiehernden
elektrischen Pferdes zum Beispiel um
mit mir zu den Sternen zu galoppieren anstatt nur blöde elektronische Flugzeugüberfälle auf ein grob stilisiertes pappkartonhaftes tarnfarbenes New York City zu unternehmen
jetzt trifft mich nur noch seine Ignoranz oder Verachtung was sieht man mir an frage ich mich zwischen Miral und Sara eine Teigkugel nach der anderen landet platt an der glühenden Ofenwand und dann übersät mit Brandblasen auf einem Tablett der Mensch (wo las ich das) ist eines der wenigen Dinge das sich ohne äußeres Anzeichen vollkommen verändern kann nur Gott
den größten Spieler
kann man nicht täuschen wozu auch wann hat er je
ein Liebespaar getötet er tötete nur
den Heiligen Dhu’n-Nun aus Liebe und schrieb dies seiner Leiche auf die Stirn
solche Dinge standen in dem schrecklichen ersten Brief den ich nach dem Umzug nach Wasiriya von Dir erhielt
wir tragen das Brot
an den Tisch der Familie ich bin stolz auf unsere Arbeit ich bin wie meine Cousinen und wie sie hülle ich mich in weite lange Kleider um rechtzeitig schon alle daran gewöhnt zu haben es verwundert oder kümmert niemanden am wenigsten die Männer die offenbar kein Problem damit haben dass der gesamte weibliche Irak sich mehr und mehr in Tücher schlagen muss
Samis Misstrauen
an jenem Abend (dem vorletzten) in Betawiyn er versuchte mir etwas zu entreißen in mich zu dringen mit einer schockierenden und schmerzlichen Anmaßung und ab da
seit jenem Augen-
blick
ist mein Bruder ein Mann ein Feind
meiner Liebe ich spiegele seine stummen Angriffe zurück kalt und klar
weshalb
fürchte ich mich so sehr
das Wahrscheinlichste ist doch immer dass einem nichts geschieht gäbe es sonst diese Kriege und Morde und Anschläge und Hochzeiten wenn sie nicht alle immer
davonzukommen hofften ich verteile das frische Brot
auf Teller an den Enden der auf dem Boden gedeckten Tafel wir haben uns schon daran gewöhnt wieder hier zu sein Miral hat ihr Lehramts-Studium schon vor vier Monaten ausgesetzt Sami muss die Abiturklasse wiederholen da er fast nicht in der Schule war Sara verlor ihre Arbeit bei einer staatlichen Druckerei und arbeitet nun in einem der Elektrogeschäfte von Onkel Munir dem es jeden Tag bessergeht seit man Mobiltelefone Kameras PC und Drucker an jeden verkaufen darf sogar meine Mutter ist neben der Pflege Jasmins und ihren Koch- und Haushaltsarbeiten ins Familiengeschäft eingestiegen und übersetzt Gebrauchsanweisungen aus dem Französischen und Englischen für die allerneuesten Geräte man muss nur
warten können
sollte man denken die Jungen und die Unschuldigen können es sich leisten
sofern
sie beschützt werden ich esse mit wenig Appetit und warte ängstlich auf seltsame Gelüste das große bewegte Bild der Familie an der Tafel verschwimmt vor meinen Augen zu einem bunt bedruckten Schleier durch den ich nicht sehen kann bis auf den Grund ihrer Seelen ins Mark ihrer Knochen die Spiegel ihrer Herzen das spiegelnde Herz versteckt sich am besten
seht was
ihr sehen wollt ich
bewahre meine Ruhe indem ich darin verschließe was ich vor mir selbst verbergen möchte die Erinnerung ist der Spiegel der suchenden Gegenwart verstecke sie als
erfundene Vergangenheit
den Major auf dem Suk
bräuchte es nie gegeben zu haben solange
nur ich ihn sah
in der Spiegelkammer meines Herzens liegst Du zwischen den Blütenblättern lächelnd auf dem Rücken atemlos schon wieder schwer atmend vielmehr weil Du Dich bereits in einem neuen Lauf befändest so jedenfalls stelle ich mir das vor ganz bestimmt würdest du ja das mögliche
Geschehene
das wir uns einmal so sehnlichst wünschten in eine (geltende) Ordnung bringen wollen statt das Geltende in die Ordnung unserer Liebe wie es sich eigentlich gehörte denn was machte es ihm schon aus wir also müssten Du müsstest hättest Du noch eine Mutter dann würde sie meine Mutter besuchen meine Eltern heirateten früh (in einer Zeit in der mein Großvater fast reich war und man fast leicht noch im Ausland studieren konnte) aber ich
wäre so seltsam ruhig gewesen in diesem Moment als hätte mich mein eigener ruhender
Ischtar-Körper
seine Schwellungen sein Duft
um jede Furcht gebracht heirate mich für
noch eine Stunde (Geliebter!)
ganz wie es in Deinem und im (unberechenbaren) Glauben meiner Mutter doch möglich ist mut’a die Ehe für eine Stunde oder 99 Jahre
als
Genuss
denn ich wüsste klar zu sagen was uns meine Eltern geantwortet haben würden hätten wir sie gefragt
wartet studiert
zu Ende auch wenn man sieht
dass nichts aufhört alles ist wie dieser Krieg aus dem der amerikanische Ersatzkönig im dunkelblauen Anzug blendend weißen Hemd mit roter Krawatte und wüstenfarbenen Springerstiefeln davongeflogen ist nachdem er uns (überfallartig) im Fernsehen erklärte die Verhältnisse hätten sich außerordentlich gebessert