Выбрать главу

Erneut ergreift er meine Hand und führt mich auf die Tanzfläche. Hilfe, nein, ich kann nicht tanzen. Er spürt mein Zögern. In dem bunten Licht erkenne ich sein amüsiertes Lächeln. Er zieht mich mit einem Ruck an sich, und zum dritten Mal liege ich in seinen Armen. Grey beginnt, sich zu bewegen, und reißt mich mit. Mann, kann der tanzen! Und noch erstaunlicher: Ich folge ihm Schritt für Schritt. Vielleicht liegt es daran, dass ich betrunken bin. Er drückt mich an sich; ich spüre seinen Körper an dem meinen … hielte er mich nicht so fest gepackt, würde ich ihm sicher zu Füßen sinken. Ich meine, die Lieblingswarnung meiner Mutter zu hören: Trau keinem Mann, der tanzen kann.

Er schiebt uns durch die Masse der Tanzenden zur anderen Seite der Tanzfläche, wo wir auf Kate und Elliot, Christians Bruder, stoßen. O nein, Kate zieht alle Register und tanzt sich die Seele aus dem Leib. Das tut sie nur, wenn sie wirklich auf jemanden abfährt. Was bedeutet, dass wir morgen früh zu dritt frühstücken. Kate!

Christian beugt sich zu Elliot hinüber und brüllt ihm etwas ins Ohr. Ich verstehe nicht, was. Elliot ist groß, hat breite Schultern, lockiges blondes Haar und spöttisch funkelnde Augen. Im pulsierenden Licht kann ich ihre Farbe nicht erkennen. Elliot zieht Kate grinsend in seine Arme, und sie lässt es sich nur zu gern gefallen … Kate! Trotz meines betrunkenen Zustands bin ich schockiert. Sie hat ihn doch gerade erst kennen gelernt! Sie nickt bei allem, was Elliot sagt, und winkt mir fröhlich zu. Christian zieht mich hastig von der Tanzfläche herunter.

Aber ich bin gar nicht dazu gekommen, mit ihr zu reden! Ist bei ihr alles in Ordnung? Ich sehe, wo das mit ihr und Elliot hinführen wird. Ich muss sie an die Sache mit dem Safer Sex erinnern. Hoffentlich liest sie das Poster an der Innenseite der Toilettentür. Meine Gedanken bahnen sich einen Weg durch dieses beschwipste, benebelte Gefühl. Es ist so warm hier drin, so laut und bunt – zu grell. Mir dreht sich alles … o nein … ich spüre, wie der Boden näher kommt, so fühlt es sich jedenfalls an. Das Letzte, was ich höre, bevor ich in Christian Greys Armen das Bewusstsein verliere, ist sein gezischtes: »Scheiße!«

FÜNF

Es ist sehr still, das Licht gedämpft. Ich fühle mich behaglich in diesem Bett. Hm … Ich schlage die Augen auf und genieße einen Moment die Ruhe der mir ungewohnten Umgebung. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin. Das Kopfteil des Betts hat die Form einer riesigen Sonne. Es kommt mir merkwürdig bekannt vor. Der Raum ist groß und luftig und feudal in Braun-, Gold- und Beigetönen gehalten. Irgendwoher kenne ich ihn. Woher? Mein Gehirn kämpft sich durch die aktuellsten Erinnerungen. Himmel! Ich bin im Heathman Hotel… in einer Suite. Mit Kate war ich in einem ähnlichen Zimmer, nur das hier sieht größer aus. Scheiße. Ich bin in Christian Greys Suite. Wie bin ich hier gelandet?

Erinnerungssplitter aus der vergangenen Nacht: der Alkohol – o nein –, der Anruf – o nein –, das Kotzen – o nein. José und dann Christian. O nein. Mich schaudert. Ich kann mich nicht erinnern, wie ich hierhergekommen bin. Ein schneller Check: Okay, ich trage T-Shirt, BH und Slip. Keine Socken. Keine Jeans. Junge, Junge.

Ich werfe einen Blick auf das Nachtkästchen. Darauf steht ein Glas Orangensaft mit zwei Tabletten. Aspirin. Er denkt wirklich an alles. Ich setze mich auf und schlucke die Tabletten. Eigentlich fühle ich mich gar nicht so schlecht. Deutlich besser als ich nach einem solchen Exzess erwartet hätte. Der Orangensaft ist köstlich und erfrischend.

Es klopft an der Tür. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Obwohl ich nichts gesagt habe, spaziert Grey herein.

Teufel, er war im Fitness-Studio! Er trägt eine graue Jogginghose, die auf diese spezielle Art auf seinen Hüften sitzt, und ein graues, ärmelloses T-Shirt, das wie seine Haare dunkel von Schweiß ist. Christian Greys Schweiß – der Gedanke daran stellt seltsame Dinge mit mir an. Ich atme tief durch und schließe die Augen wie eine Zweijährige: Wenn ich ihn nicht sehe, sieht er mich auch nicht. »Guten Morgen, Anastasia. Wie fühlst du dich?« »Besser als verdient«, antworte ich kleinlaut.

Er stellt eine große Einkaufstüte auf einen Stuhl und packt die beiden Enden des Handtuchs, das um seinen Hals hängt. Er blickt mich mit seinen grauen Augen an, und wie üblich habe ich keine Ahnung, was er denkt oder fühlt.

»Wie bin ich hierhergekommen?«, frage ich.

Er setzt sich auf die Bettkante, so nahe, dass ich ihn rieche und berühren könnte. Wow … Schweiß und Duschgel und Christian. Ein berauschender Cocktail – so viel besser als Margarita, das weiß ich jetzt.

»Als du ohnmächtig geworden bist, wollte ich nicht riskieren, dich auf dem Ledersitz meines Wagens bis zu deiner Wohnung zu fahren. Also hab ich dich hierher gebracht«, erklärt er.

»Hast du mich ins Bett gelegt?«

»Ja.« Sein Gesichtsausdruck verrät nichts.

»Hab ich mich nochmal übergeben müssen?«, frage ich verlegen.

»Nein.«

»Hast du mich ausgezogen?«, flüstere ich.

»Ja.«

Ich werde tiefrot.

»Wir haben nicht …?«, flüstere ich mit trockenem Mund und starre meine Hände an.

»Anastasia, du warst praktisch komatös. Ich steh nicht auf Nekrophilie. Ich mag’s, wenn Frauen sinnlich und empfänglich sind«, erklärt er.

»Sorry.«

Seine Mundwinkel verziehen sich zu einem spöttischen Grinsen. »Es war ein sehr amüsanter Abend, der mir in Erinnerung bleiben wird.«

Mir auch – ach, er lacht mich aus, der Mistkerl. Herrgott, ich habe ihn nicht gebeten, mich zu holen. Ich komme mir wie eine Verbrecherin vor.

»Du hättest mich nicht mit einem James-Bond-Spielzeug aus deinem Unternehmen aufspüren müssen«, herrsche ich ihn an.

Er sieht mich überrascht an, und wenn ich mich nicht täusche, auch ein wenig eingeschnappt.

»Erstens: Die technischen Hilfsmittel zum Zurückverfolgen von Handy-Anrufen sind im Internet erhältlich. Zweitens: Mein Unternehmen stellt keine Überwachungsgeräte her. Und drittens: Wenn ich dich nicht geholt hätte, wärst du wahrscheinlich im Bett des Fotografen aufgewacht, und soweit ich mich erinnere, warst du nicht sonderlich erpicht auf seine Avancen«, bemerkt er in beißendem Tonfall.

Seine Avancen! Ich sehe Christian an. Er bedenkt mich mit einem finsteren Blick. Ich versuche, mir auf die Lippe zu beißen, muss aber kichern.

»Aus was für einer mittelalterlichen Chronik bist du denn entsprungen? Du hörst dich wie ein galanter Ritter an.«

Seine Stimmung verändert sich. Sein Blick wird weicher, seine Miene freundlicher.

»Eher ein schwarzer Ritter.« Er lächelt anzüglich. »Hast du gestern Abend etwas gegessen?«, fragt er dann vorwurfsvoll.

Ich schüttle den Kopf. Was habe ich jetzt wieder verbrochen?

Seine Kiefer mahlen, doch seine Miene bleibt ausdruckslos. »Trinkregel Nummer eins: Essen nicht vergessen. Deswegen war dir so übel.«

»Willst du mich weiterhin beschimpfen?«

»Tue ich das denn?«

»Ich denke schon.«

»Du hast Glück, dass ich dich nur beschimpfe.«

»Was soll das heißen?«

»Wenn du mir gehören würdest, könntest du nach dem, was du dir gestern geleistet hast, eine Woche lang nicht sitzen. Du hast nichts gegessen, dich betrunken und dich in Gefahr gebracht.« Er schließt die Augen. Kurz scheint so etwas wie Furcht in seiner Miene aufzuflackern. Als er die Augen öffnet, wirkt er wütend. »Nicht auszudenken, was dir hätte passieren können.«