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Er lächelt wehmütig und irgendwie enttäuscht. »Im Geschäftsleben geht es um Menschen, Miss Steele, und ich bin ein guter Menschenkenner. Ich weiß, wie sie ticken, was ihren Erfolg oder Misserfolg ausmacht, was sie antreibt und wie man sie motiviert. Ich beschäftige ein außergewöhnliches Team, das ich großzügig entlohne.« Er fixiert mich mit seinen grauen Augen. »Meiner Überzeugung nach lässt sich Erfolg auf einem bestimmten Gebiet nur erzielen, wenn man dieses Gebiet voll und ganz beherrscht, es bis ins letzte Detail erforscht. Dafür arbeite ich hart. Ich treffe Entscheidungen, die auf Logik und Fakten basieren, und besitze einen gesunden Instinkt, der gute, realistische Ideen und fähige Leute erkennt. Am Ende kommt es immer auf die fähigen Menschen an.«

»Vielleicht haben Sie einfach nur Glück.« Das steht zwar nicht auf Kates Liste, aber er provoziert mich mit seiner Arroganz.

Seine Augen blitzen erstaunt auf. »Ich verlasse mich nicht auf Glück oder Zufall, Miss Steele. Je härter ich arbeite, desto mehr Glück scheine ich zu haben. Im Endeffekt geht es nur darum, die richtigen Leute im Team zu haben und ihre Energie in die richtigen Bahnen zu lenken. Ich glaube, Harvey Firestone hat einmal gesagt: ›Die Entwicklung und das Über-sich-Hinauswachsen von Menschen sind das höchste Ziel fähiger Führung.‹«

»Hört sich an, als wären Sie ein Kontrollfreak.« Die Worte rutschen mir heraus, bevor ich es verhindern kann.

»Ich übe in der Tat in allen Bereichen des Lebens Kontrolle aus, Miss Steele«, bestätigt er ohne einen Funken von Humor in seiner Stimme und starrt mich an.

Mein Puls beschleunigt sich. Wieso bringt er mich so aus der Fassung? Liegt es an seinem unverschämt guten Aussehen? An seinem durchdringenden Blick? Oder daran, dass er mit seinem Zeigefinger andauernd seine Unterlippe nachzeichnet? Kann er damit nicht endlich aufhören?

»Außerdem erwirbt man sich große Macht, indem man seinen Traum von Kontrolle lebt«, fährt er mit sanfter Stimme fort.

»Haben Sie denn das Gefühl, große Macht zu besitzen?« Mr. Kontrollfreak.

»Miss Steele, ich beschäftige mehr als vierzigtausend Menschen. Das verleiht mir ein gewisses Gefühl der Verantwortung – und der Macht, wenn Sie so wollen. Wenn ich zu dem Schluss käme, dass mich das Telekommunikationsgeschäft nicht mehr interessiert, und ich es abstoßen würde, hätten zwanzigtausend Menschen Probleme, ihre Hypothekenzahlungen zu leisten.«

Sein Mangel an Bescheidenheit verblüfft mich. »Sind Sie denn nicht dem Vorstand und Aufsichtsrat Rechenschaft schuldig ?«, frage ich erstaunt.

»Das Unternehmen gehört mir. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig.« Er hebt eine Augenbraue.

Natürlich wüsste ich das, wenn ich mich vorher informiert hätte. Ich wende mich einem anderen Thema zu.

»Haben Sie außer Ihrer Arbeit noch andere Interessen?«

»Eine ganze Menge, Miss Steele. Und sehr unterschiedliche.«

Abermals macht mich sein Blick nervös, denn in seinen Augen schimmert etwas Dunkles.

»Was tun Sie zum Chillen nach der Arbeit?«

»Zum Chillen?« Er lächelt. Dabei kommen ebenmäßige weiße Zähne zum Vorschein. Es verschlägt mir den Atem. Er ist wirklich unverschämt attraktiv. So gut darf kein Mensch aussehen.

»Zum ›Chillen‹, wie Sie es nennen, segle und fliege ich und genieße diverse körperliche Vergnügungen.« Er schlägt die Beine übereinander. »Ich bin ein sehr wohlhabender Mann, Miss Steele, und pflege äußerst teure Hobbys.«

Ich werfe einen Blick auf Kates Fragen, um von diesem Thema wegzukommen.

»Sie investieren in die Produktion. Warum?«, frage ich. Wieso fühle ich mich in seiner Gegenwart so unsicher?

»Ich schaffe gern Dinge. Mich interessiert, wie sie funktionieren, wie man sie zusammensetzt und auseinanderbaut. Und ich liebe Boote.«

»Das klingt eher nach dem Herzen als nach Logik und Fakten.«

Seine Mundwinkel deuten ein Lächeln an, er betrachtet mich abschätzend. »Möglich. Obwohl es Menschen gibt, die behaupten, dass ich kein Herz besitze.«

»Warum behaupten sie das?«

»Weil sie mich gut kennen.« Nun lächelt er spöttisch.

»Würden Ihre Freunde sagen, dass Sie ein offener Mensch sind?« Ich bedauere diese Frage, sobald sie heraus ist. Sie steht ebenfalls nicht auf Kates Liste.

»Ich lege Wert auf eine gesicherte Privatsphäre, Miss Steele, und gebe nicht oft Interviews.«

»Warum haben Sie sich auf dieses eingelassen?«

»Weil ich die Universität finanziell unterstütze und Miss Kavanagh nicht abwimmeln konnte. Sie hat meine PR-Leute ziemlich lange bearbeitet, und solche Hartnäckigkeit nötigt mir Bewunderung ab.«

Ich weiß, wie beharrlich Kate sein kann. Deshalb sitze ich ja hier und winde mich unter seinem durchdringenden Blick, während ich eigentlich für meine Prüfungen lernen sollte.

»Sie investieren auch in landwirtschaftliche Technologie. Warum?«

»Geld kann man nicht essen, Miss Steele, und auf diesem Planeten gibt es zu viele Menschen, die hungern.«

»Sie scheinen ja ein wahrer Menschenfreund zu sein. Ist es Ihnen tatsächlich ein Anliegen, die Armen der Welt mit Nahrung zu versorgen?«

Er zuckt mit den Achseln. »Es ist ein einträgliches Geschäft.«

Ich halte diese Antwort für unaufrichtig. Sie ergibt keinen Sinn – die Armen der Welt mit Nahrung versorgen? Ich kann den finanziellen Nutzen nicht erkennen, nur die idealistische Seite. Verwirrt werfe ich einen Blick auf meine Fragenliste.

»Haben Sie eine bestimmte Geschäftsphilosophie? Und wenn ja, wie sieht sie aus?«

»Nein, nicht im engeren Sinne, eher einen Leitsatz, der sich an Carnegie orientiert: ›Wer die Fähigkeit erwirbt, seinen eigenen Geist voll und ganz zu beherrschen, wird auch alles andere beherrschen, auf das er ein Anrecht besitzt.‹ Ich bin sehr eigen, ein Getriebener. Ich liebe Kontrolle – über mich selbst und die Menschen, die mich umgeben.«

»Dann besitzen Sie gern Dinge?« Kontrollfreak.

»Ich möchte ihrer würdig sein … Und ja, letztlich haben Sie Recht.«

»Sie klingen wie der ideale Verbraucher.«

»Der bin ich.« Ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel, aber es erreicht seine Augen nicht.

Seine Aussage steht im Widerspruch zu seinem Wunsch, die Welt mit Nahrung zu versorgen, und ich werde den Verdacht nicht los, dass wir über etwas anderes reden, worüber, weiß ich allerdings nicht. Ich schlucke. In dem Raum ist es ziemlich warm, finde ich und sehne das Ende des Interviews herbei. Bestimmt hat Kate schon genug Material. Sicherheitshalber sehe ich mir aber die nächste Frage auf der Liste an.

»Sie wurden adoptiert. Wie sehr, glauben Sie, hat das Ihre Persönlichkeit beeinflusst?« Oje, das ist ziemlich persönlich. Hoffentlich nimmt er mir die Frage nicht übel.

Er runzelt die Stirn. »Das kann ich nicht beurteilen.«

Ach, wie interessant. »Wie alt waren Sie denn, als Sie adoptiert wurden?«

»Das können Sie auf Ämtern recherchieren, Miss Steele.« Er klingt streng.

Scheiße, ich hätte mich echt besser informieren sollen. Verlegen wende ich mich der nächsten Frage zu.

»Sie mussten das Familienleben der Arbeit opfern.«

»Das ist keine Frage.«

»Entschuldigung.« Ich rutsche unruhig hin und her, komme mir wie ein unartiges Kind vor, wage aber dennoch einen neuen Versuch. »Mussten Sie das Familienleben der Arbeit opfern?«

»Ich habe eine Familie, einen Bruder und eine Schwester und Eltern, die mich lieben. Und ich habe keinerlei Interesse, meine Familie darüber hinaus zu vergrößern.«

»Sind Sie schwul, Mr. Grey?«

Er holt deutlich hörbar Luft.

O Gott, wie peinlich! Mist. Warum habe ich die Fragen nicht vorher durchgelesen? Wie soll ich ihm das erklären? Verdammt, Kate!

»Nein, Anastasia, das bin ich nicht.« Seine Augen schimmern kühl.

»Entschuldigung. Es … äh … steht hier.« Zum ersten Mal hat er mich beim Vornamen genannt. Mein Puls rast. Nervös schiebe ich eine Haarsträhne hinters Ohr.