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Sky konnte nicht anders, als prustend zu lachen. »Ich bin nicht wirklich sicher, ob es bei mir romantischer war.« Gefühlvoll legte sie die Hände auf ihren angeschwollenen Bauch. Als sie wieder zu Sham aufschaute, wirkte ihr Blick gehetzt. »Mein Vater hatte unser Landgut behalten, indem er einem Ostländler die Gefolgstreue schwor, aber nachdem ihn sich die Pest geholt hatte, beanspruchte unser Oberherr den Besitz für seinen zweiten Sohn. Mein Bruder hat uns zusammengepackt und ist mit uns hierher nach Landsend zum Hof aufgebrochen, da er gehört hatte, dass der Vogt heimatlose Adelige aufnimmt. Ein Stück außerhalb von Fahill wurden wir von Banditen überfallen. Ich wusch mich gerade im Bach, als ich sie hörte. Da ich unbewaffnet war, konnte ich nur warten, bis sie verschwanden, bevor ich mein Versteck verließ. Die Plünderer hatten alle außer mir getötet.«

Shamera beugte sich vor und ergriff Skys Hand. »Das tut mir leid.«

Sky schüttelte den Kopf, um den alten Schmerz zu verdrängen. »Nein, das muss es nicht. Das war vor langer Zeit, und es hat sich schließlich auch etwas Gutes daraus ergeben. Da mir nichts anderes einfiel, setzte ich damals den Weg nach Landsend fort und gelangte kurz vor Einbruch der Dunkelheit nach Fahill. Lord Fahill selbst antwortete auf mein Klopfen.« Da lächelte sie, verlor sich in der Erinnerung. »Fahill schien mir überlebensgroß zu sein. Er war rothaarig wie ein Händlerkind und höher gewachsen als Kerim. Solange ich ihn hatte, schien nichts schiefgehen zu können.«

Sham erinnerte sich an die Sicherheit zurück, die der Vogt ihr in der Nacht des Angriffs durch den Dämon vermittelt hatte, und nickte. »Wenigstens habt Ihr sein Kind.«

Ermutigt von Shams Mitgefühl fuhr Sky fort. »Unser erstes Kind verlor ich, zwei Monate bevor Fahill starb. Dieses hier kommt einem unverhofften Wunder gleich.«

Sie schaute auf und verstummte, als sich ihnen Lady Tirra näherte.

»Lady Sky«, rief Tirra und sah dabei über Shamera hinweg. »Ich habe nach dir gesucht, mein Kind.«

Kerims Mutter zog Sky auf die Beine und in einen offenen Bereich des Saals. Dann klatschte sie laut in die Hände, um die Aufmerksamkeit des Barden zu erringen, der zu spielen aufhörte. Anmutig hob sie die Hand, und nach und nach richtete sich die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf ihre zierliche Gestalt.

»Meine Lords und Ladys, ich bitte um einen Augenblick der Nachsicht.« Ihre tiefe, volle Stimme drang mühelos in die entferntesten Winkel des Raumes vor. Sky wirkte an ihrer Seite wie ein Kaninchen in der Falle eines Jägers. »Ihr alle wisst von den Schwierigkeiten, die wir dabei hatten, zu schlichten, was aus dem Besitz von Fahill werden soll. Das Übel war ein Widerspruch zwischen den Gesetzen Südwalds und dem Brauchtum in Cybelle. Nach südwäldischem Recht sollten die Ländereien an Lady Sky gehen; dem Brauchtum gemäß sollte sie Lord Johar von Fahill erben. Ein Großteil seiner Einwände richtete sich dagegen, dass die Ländereien, die im Besitz eines Adeligen aus dem Osten gestanden hatten, in die Hände einer Dame aus Südwald gelangen würden. Wir haben darauf geantwortet, indem wir eine Ehe zwischen meinem Sohn, Lord Ven, und Lady Sky vorgeschlagen haben. Ich darf Euch nun verkünden, dass er den Vorschlag geneigt angenommen hat.«

Sham fragte sich, ob sich Lady Tirra den Lords von Südwald vorsätzlich widersetzte oder ob sie lediglich blind für den Schaden war, den sie den Versuchen des Vogts zufügte, die Ostländler und die Südwäldler enger aneinanderzubinden.

»Der lange umstrittene Verbleib des Besitzes von Lord Fahill«, fuhr Lady Tirra triumphierend fort, »ist somit geklärt. Der Landbesitz von Fahill, Oran und Tiber wird in die Hände des Bruders des verstorbenen Lords Fahill übergeben, und die entsprechenden Titel gehen ebenfalls an ihn über – von diesem Tage an wird aus Lord Johar Lord Fahill. Der Landbesitz von Kerhill und Tourn sowie der Titel des Lords Kerhill fallen meinem Sohn, Lord Ven, bei der Eheschließung mit Lady Sky zu. Ich ersuche Euch alle um Eure Glückwünsche.«

Lady Sky stand wie erstarrt da; alle Farbe war ihr aus dem Gesicht gewichen. Offensichtlich hatte man sie in all das nicht eingeweiht. Und dann eine solche Ankündigung vor versammeltem Hofe …

Zum ersten Mal war Sham dankbar für ihr Leben in Fegfeuer. Dort konnte sie wenigstens ihre eigenen Entscheidungen treffen.

Lady Tirra sprach weiter, als wieder Stille im Saal einkehrte. »Ich bedaure, dass Lord Ven nicht hier sein kann, um die guten Wünsche des Hofes entgegenzunehmen. Er hatte Dringendes zu erledigen und ist früh heute Morgen abgereist. Sobald er zurückkehrt, werde ich ihn über die guten Neuigkeiten in Kenntnis setzen.«

Lady Sky blieb noch einige Minuten, bevor sie den Raum verließ, und stützte sich müde auf Lady Tirra. Kaum waren die beiden verschwunden, brach der Hof in wilde Mutmaßungen und gehässiges Getuschel aus. Shamera zog von Gruppe zu Gruppe, während ihr Begleiter höflich hinterdreintrottete.

»Lady Shamera, auf ein Wort«, ertönte hinter ihr Lord Vens geschmeidige Stimme.

Sham sah sich überrascht um. Der Saal war nach wie vor ziemlich voll, und es gelang ihr, den Blicken mehrerer Männer zu begegnen, mit denen sie bereits geselligen Umgang gepflegt hatte. Erst als sie anfingen, auf sie zuzugehen, drehte sie sich zu Lord Ven um. Er hatte schon mehrmals versucht, sie in die Enge zu treiben, nach ihrer Vermutung hauptsächlich, um herauszufinden, ob es wohl eine Möglichkeit gab, Kerim die Lust an ihr zu verderben. Arme Lady Sky. Sham fragte sich, ob ihm bereits von seiner Verlobung erzählt worden war – gewiss ließ sich daraus noch ein wenig Spaß ableiten.

Sie sah den gutaussehenden Adeligen an, legte die Stirn in Falten und tippte sich verwirrt ans Kinn, bevor sie laut vernehmlich rief: »Kerims Bruder!« Dann verstummte sie kurz, bevor sie sagte: »Lord … Van? Ich dachte, Ihr wärt verreist.«

Aus der Schar, die sich um sie einfand, ertönte vereinzelt verhaltenes Gelächter. Kerims Bruder galt höchstens bei den radikalsten Gruppen am Hof als einigermaßen beliebt. Den Männern hier entging nicht, dass Lord Ven umso weniger Eindruck bei ihr zu hinterlassen schien, je aufdringlicher er wurde.

Seine ansprechenden Züge erröteten leicht, aber er ließ sich nichts anmerken, als er erwiderte: »Lord Ven, Kerims ehelicher Halbbruder. Ich bin gerade eben erst zurückgekehrt.«

Shamera nickte verständig; seine hinterhältige Anspielung auf Kerims uneheliche Herkunft hatte ihre restlichen Skrupel hinweggeweht, den Bruder des Vogts zu demütigen. »Jetzt erinnere ich mich. Was kann ich für Euch tun? Möchte Kerim etwas von mir? Er meinte, er wolle sich den Rest des Abends ausruhen, und ich solle mich ruhig amüsieren. Aber falls er jetzt doch möchte, dass ich zu ihm komme, gehe ich nur zu gern.«

Wieder ließ sich verhaltene Belustigung vernehmen.

»Nein, Lady«, entgegnete Lord Ven, dem es nur mühsam gelang, einen unverbindlichen Tonfall zu bewahren. »Ich habe nicht mit Kerim gesprochen, seit ich heute Morgen aufgebrochen bin. Ich wollte mich nur ungestört mit Euch unterhalten.«

»Oh«, gab Sham mit offensichtlicher Enttäuschung zurück. »Ich denke, solange Ihr sicher seid, dass Kerim mich nicht braucht, kann ich mich mit Euch unterhalten. Was wolltet Ihr noch mal?«

Bevor er die Gelegenheit hatte, erneut das Wort zu ergreifen, spürte sie eine leichte Berührung an der Schulter. Sham drehte sich um und erblickte Kerims Kammerdiener, der hinter ihr stand.

»Dickon!«, rief sie, bevor sie der versammelten Allgemeinheit erklärte: »Dickon ist Kerims Diener.«

Dickon räusperte sich, bewahrte jedoch davon abgesehen seinen üblichen Gleichmut, als er zu ihrer überschwänglichen Begrüßung nickte.