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»Welcher Frosch?«, fragte Dickon.

Kerim runzelte warnend die Stirn. »Treib keine Spielchen mit ihm.«

Sham schüttelte den Kopf. »Tu ich nicht. Sieh genauer hin, Dickon.« Sie murmelte einige Worte, verstärkte die Kraft ihres Zaubers. »Sag mir, wann du einen Frosch statt eines Steins siehst.«

Shamera geriet vor Anstrengung ins Schwitzen. Die Kosten für das Weben des Bannes waren groß geworden, bevor sich Dickon plötzlich vorbeugte und scharf die Luft einsog. »Ich sehe ihn.«

Sham schloss die leere Hand. »Ein Trugbann«, erklärte sie schließlich mit nur einem Hauch von Heiterkeit, »nimmt die Erscheinungsform von etwas an, das er nicht ist. Es gibt drei Möglichkeiten, den Bann zu durchdringen. Eine besteht darin, Magie gegen ihn einzusetzen. Die zweite in einer Berührung – nur sehr wenige Magier sind in der Lage, Trugbanne zu erschaffen, die für mehr als einen Sinn gleichzeitig echt wirken. Die dritte Methode ist die schlichte Ungläubigkeit. Auf diese Weise kann jeder einen Trugbann durchbrechen, man muss kein Zauberer dafür sein. Aber die meisten von einem Zauberer beliebiger Macht gewobenen Trugbanne sind alleine mit Hilfe von Ungläubigkeit verflixt schwer zu durchschauen – es sei denn, man ist selbst ein Zauberer.« Sie musterte Dickons verwirrte Miene und empfand überraschend viel Mitgefühl für ihn; es war nicht einfach, mit anzusehen, wie seit Langem gehegte Überzeugungen zerbröckelten und vor die eigenen Füße rieselten. »Dein Unglaube an Magie ist dermaßen ausgeprägt, dass du die Trugbanne beim Betreten der Hütte des Magiers nicht einmal wahrgenommen hast. Ein solcher Fall ist mir noch nie zu Ohren gekommen. Die einzige mögliche Erklärung lautet, dass du mit Magie geboren sein musst.«

Dickon murmelte ein böses Wort, das bezeichnend für seine Abneigung gegen bildliche Umschreibungen war.

Shams Augenbrauen schossen angesichts der Wortwahl des sonst so peniblen Dieners in die Höhe, und sie merkte interessiert an: »Ich habe noch nie davon gehört, dass es jemand auf diese Weise gemacht hat. Ich hätte das nicht einmal für möglich gehalten.«

Dickon sah sie mit dem Gesichtsausdruck eines in die Enge getriebenen Keilers an.

Sie gelangte zu dem Schluss, dass er noch zu erschüttert wirkte, um ihn aufzuziehen. Also wurde sie ernst und berührte ihn sachte am Ärmel. »Es gibt Taschenspielertricks, Dickon, aber es gibt auch echte Magie. Trugbanne sind nur ein Teil davon. Warte – ich zeig es dir.«

In der Nähe ihres Tellers stand eine Fingerschale voll Wasser. Sie schob den Teller beiseite und stellte die Schale vor sich.

»Wasser wird verbreitet zum Wahrsagen benutzt, weil es einfach zu verwenden ist. Allerdings muss man sich dabei unbedingt vor Augen halten, dass Wasser ein Lügner und durch Gedanken leicht beeinflussbar ist. Wenn ich davon ausginge, dass der Dämon wie ein riesiger Schmetterling aussieht, und das Wasser ersuchte, mir den Dämon zu zeigen, würde ich vielleicht einen riesigen Schmetterling zu sehen bekommen. Unter Umständen würde ich aber auch etwas wahrnehmen, das dem Dämon wirklich nahekommt, doch vielleicht auch nur eine Küchenmagd, wie sie Gemüse putzt. Allerdings ist es kein Trugbann, also solltest du zumindest irgendetwas sehen können.«

Sham blickte in die Schale und murmelte einen leisen Zauberspruch und schwenkte dreimal die Hand über dem Wasser.

Als sie fertig war, stellte sie die Fingerschale vor Kerim und sagte: »Wir lassen es zuerst Kerim versuchen. Ich habe das Wasser dazu aufgerufen, den Menschen zu zeigen, der euch am liebsten ist – wahrscheinlich wird es nur das Gesicht des Menschen zeigen, von dem ihr denkt, dass euch am meisten an ihm liegt. Nehmt es nicht allzu ernst.«

Kerim beugte sich vor, bis er geradewegs in die Schale schaute; er nickte nachdenklich und schob sie über den Tisch weiter zu Dickon. Mit einem zweifelnden Blick auf Sham beugte sich auch Dickon vor. Er sah in die Schale, und sein Körper versteifte sich. Eine weiße Linie stieg seine Wangen hoch, als er die Zähne zusammenbiss, während er in das Wasser starrte.

»Nicht vergessen«, warnte sie angesichts seiner unübersehbaren Anspannung, »was du siehst, ist, was du zu sehen erwartest.«

Dickon schüttelte den Kopf und sagte leise: »Darum geht es nicht. Meine Frau wurde kurz nach unserer Hochzeit bei einem Überfall durch Banditen getötet. Ich habe ihr Gesicht seit zehn Jahren nicht mehr gesehen; ich hatte vergessen, wie wunderschön sie war.« Dickon sog scharf durch die Nase die Luft ein und wandte den Blick vom Wasser ab. Es schien ihm große Mühe zu bereiten.

»Das ist Magie?«, fragte er argwöhnisch.

»Ja.« Sham bewegte den Tisch zurück an seine ursprüngliche Position und tauchte die Finger ins Wasser – reinigte sie und löste die Magie auf.

Dickon musterte sie nach wie vor argwöhnisch, aber er schien über die Angelegenheit nachzudenken, was unter den gegebenen Umständen das Beste war, worauf sie hoffen konnte.

»Dann hätten wir das ja erledigt«, meinte Kerim und schnitt das Fleisch auf dem Teller mit dem Messer seines Bestecks. »Jetzt muss ich wissen, was du von dem … Zauberer hältst, dem wir heute Nachmittag begegnet sind, Shamera.«

Der Vogt war eindeutig zu dem Schluss gekommen, dass Dickon etwas Zeit brauchte, um allein über Magie nachzugrübeln. Shamera hatte nichts dagegen, und es störte sie keineswegs, das Thema zu wechseln.

Nachdenklich runzelte sie die Stirn. »Ja, Lord Halvok. Das war … interessant.«

»Warum bemüht er sich so sehr, zu verbergen, wer er in Wirklichkeit ist?«, wollte Kerim wissen.

Sie zog die Augenbrauen hoch. »Wie würden sich die Lords aus dem Osten wohl verhalten, wenn sie wüssten, dass sie mit einem Zauberer verhandeln? Das würde seine Glaubwürdigkeit bei denjenigen zerstören, die nicht an Magie glauben. Und diejenigen, die schon an Magie glauben, würden ihm noch mehr misstrauen, weil sie seine Macht fürchten würden.«

Sie fuhr fort. »Von Halvoks persönlichem Ehrgeiz mal abgesehen, denke ich, es wäre schwierig, einen anderen Adeligen zu finden, der nicht von Verbitterung gegenüber euch aus dem Osten zerfressen ist und gleichzeitig die Achtung der anderen Adeligen aus Südwald genießt. Nur dem Umstand, dass er gegen Ende des Krieges die nördlichen Gefilde allein verteidigt hat, ist es zu verdanken, dass Halvok überhaupt verhandeln kann, ohne als Verräter bezeichnet zu werden und die Unterstützung der Südwaldgruppierungen zu verlieren.«

»Du denkst also, Halvok hat versucht zu helfen?« Kerim klang, als wäre das die Antwort, auf die er hoffte.

Sham zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich kenne ihn nicht besonders gut. Ich weiß nur, was ich gesehen und gehört habe. Obwohl er dich offenbar mag, scheint seine oberste Treue Südwald zu gelten. Ich glaube nicht, dass er seine Position gefährden würde, um dir zu helfen. Aber solange du keine Bedrohung für seine Ziele darstellst, dürfte er sich auch keine Mühe geben, dir in irgendeiner Weise zu schaden.«

»Also hat er nur versucht, uns Auskünfte zu geben? Hätte er das nicht auch durch die Flüsterer tun können?«, warf Dickon ein.

Sham seufzte und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Ich weiß es nicht.«

»Was würde er sonst noch tun?«, fragte Kerim.

»Mir fällt kein anderer Grund ein, warum uns Halvok dorthin bestellt haben könnte«, meinte sie zögerlich. »Angesichts der Güte seiner Trugbanne muss Lord Halvok ein meisterlicher Magier sein – wahrscheinlich besser als ich. Schwarze Magie ist verpönt, und ihre Anwendung kann mit ausgesprochen schlimmen Folgen bestraft werden, wenn der Magierrat davon erfährt. In den vergangenen zwei Jahrzehnten habe ich nur von drei Zauberern gehört, die schwarze Magie benutzt haben.«

»Und das bedeutet?«, hakte Kerim nach, als sie zögerte.

»Das bedeutet, es gibt so gut wie sicher weitere schwarze Magier«, antwortete Sham. »Wenn Lord Halvok selbst einer ist und den Dämon gerufen hat, könnte er uns die Geschichte erzählt haben, damit wir unser Augenmerk auf den Dämon richten, statt nach einem menschlichen Beschwörer zu suchen. Lady Tirra hat gesagt, die Männer, die gestorben sind, waren alle gegen deinen Schutz der angestammten Lords von Südwald – Lord Halvok würde sie also eindeutig als Bedrohung betrachtet haben.«