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Sharpe wunderte sich, dass der Ire überhaupt noch aufrecht stehen konnte. Jeder andere Mann hätte benommen nach Luft geschnappt. Aber Harper schüttelte nur den Kopf wie ein in die Enge getriebener Bär, taumelte rückwärts und richtete sich wieder auf, um Sharpes nächsten Angriff zu erwarten. Der Offizier schlug dem Hünen erst die rechte, dann die linke Faust in den Magen.

Es war, als würde er auf Teakholz treffen, doch die Schläge zeigten Wirkung. Der Ire grunzte, dann warf er sich vor. Sharpe duckte sich, schlug erneut zu. Im selben Augenblick schien sein Kopf wie eine Kanonenkugel zu explodieren, als Harpers Riesenfaust ihn an der Schläfe traf. Er stieß mit dem Kopf zu und spürte, dass er den anderen ins Gesicht traf. Im nächsten Moment hatte Harper die Arme und den Brustkorb des Lieutenants in einer knochenbrecherischen Umklammerung gepackt.

Sharpe hob den rechten Fuß und rammte die Ferse gegen Harpers Schienbein. Das musste wehgetan haben, aber Harper ließ nicht locker, und Sharpe blieb nichts anderes übrig, als die Zähne zu gebrauchen. Er biss den Iren in die Backe, presste die Zähne zusammen, schmeckte Blut, und der Schmerz war offenbar heftig genug, dass Harper seinen Griff lockerte, um nach dem Kopf des Offiziers zu schlagen.

Sharpe war schneller. Er war in einem Elendsquartier aufgewachsen, wo er jeden nur erdenklichen hinterhältigen und brutalen Trick gelernt hatte. Er versetzte Harper einen Fausthieb an den Hals, dann trieb er ihm den Stiefel in den Unterleib. Jeder andere Mann hätte inzwischen geheult, hätte versucht, weiteren Schmerzen zu entgehen, doch Harper schien alles abzuschütteln, ehe er seinen kraftstrotzenden Körper erneut in Bewegung setzte.

»Du Bastard«, zischte Sharpe, duckte sich, führte eine Finte aus und warf sich zurück, sodass er von der geschwärzten Steinmauer abprallte. Den dadurch gewonnenen Schwung nutzte er, um dem Gegner seine Fäuste in die Magengrube zu rammen. Harpers Kopf senkte sich, und Sharpe versetzte ihm noch einen Kopfstoß. Dann schlug er trotz des Flimmerns vor seinen Augen, das ihm fast die Sicht raubte, mit beiden Fäusten auf das Gesicht des Iren ein.

Harper weigerte sich aufzugeben. Er wehrte sich, schlug Sharpe Nase und Lippen blutig, sodass er zurücktaumelte. Sharpe glitt auf dem Schnee aus, stolperte über den Schutt am Boden und stürzte. Er sah den riesigen Stiefel auf sich zukommen und rollte zur Seite. Er kam vom Boden hoch, knurrte aus blutigem Mund und packte Harpers Kreuzriemen. Nun geriet der Ire seinerseits aus dem Gleichgewicht, und Sharpe zerrte ihn mit Schwung herum und ließ los. Harper drehte sich, torkelte und fiel gegen die Wand. Ein kantiger Stein riss ihm eine blutende Wunde in die linke Wange.

Sharpe tat alles weh. Seine Rippen schmerzten, ihm war schwindlig, sein Gesicht blutete. Er bemerkte, dass sich die anderen Grünjacken vorsichtig dem Kampfplatz näherten. In ihren Gesichtern stand ungläubiges Staunen zu lesen. Sharpe wusste, dass nicht einer von ihnen eingreifen würde, um Harper zu helfen. Der hünenhafte Ire war für diese Aufgabe ausgewählt worden, und er allein musste sie bewältigen.

Harper spuckte aus, starrte Sharpe aus der blutigen Maske seines Gesichts heraus an, dann wuchtete er seinen Körper hoch. Er griff zum Schwertbajonett und zog es aus der Scheide.

»Wenn du das benutzt, du irischer Bastard, bringe ich dich um.«

Harper sagte nichts. Sein Schweigen hatte etwas zutiefst Beängstigendes.

»Bastard«, wiederholte Sharpe. Er warf einen Blick auf seinen neuen Degen, aber der Ire hatte sich so platziert, dass er ihm diesen Ausweg versperrte.

Harper rückte langsam vor, das Schwertbajonett wie ein Kampfmesser vorgestreckt. Er machte einen Ausfall, sodass Sharpe seitlich ausweichen musste, dann einen zweiten, schnell und kraftvoll. Er hoffte, den Offizier aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Sharpe hatte den zweiten Ausfall vorhergesehen und wich ihm aus. Er sah ein kurzes Aufflackern von Verblüffung im Gesicht des Iren. Harper war gut, er war jünger als Sharpe, aber er hatte es noch nie mit jemandem zu tun gehabt, der so schnell reagierte. Und er hatte schon lange nicht mehr so viel einstecken müssen.

Die Überraschung in seinem Blick verwandelte sich in Schmerz, als Sharpes Fäuste seine Augen trafen. Harper schwang das Schwertbajonett, um seinen Angreifer auf Distanz zu halten, und Sharpe ließ die Klinge auf sich zukommen. Er spürte, wie sie seinen Unterarm aufschlitzte, achtete jedoch nicht darauf, sondern rammte den Handballen ins Gesicht des Iren, um ihm die Nase zu brechen. Seine Finger krallten nach Harpers Augen, versuchten sie ihm aus den Höhlen zu reißen. Der Ire fuhr zurück, und Sharpe brachte ihn erneut aus dem Gleichgewicht. Sein Arm brannte vom Schmerz der Schnittwunde, aus der warmes Blut quoll, aber der Schmerz verschwand, als Harper zu Boden ging.

Sharpe setzte rasch nach. Er trat einmal zu, dann noch einmal, vergrub seinen Stiefel im Brustkasten des Riesen. Dann packte er, obwohl es ihm in die Finger schnitt, das Schwertbajonett und stampfte mit der Ferse auf Harpers Handgelenk. Der ließ die Waffe los. Sharpe drehte sie um.

Er keuchte, und sein Atem wurde in der eisigen Luft zu Dampf. Blut tropfte von seiner Hand und rann an der Klinge hinab. Auf dem Schnee, der durch das verfallene Dach und die klaffenden Türöffnungen des Hauses eingedrungen war, war immer mehr Blut zu sehen.

Der Ire sah den Tod über sich, rollte herum, dann drehte er sich ruckartig wieder zu Sharpe um, einen Stein in der Hand. Er schlug mit dem Stein zu, traf die Spitze der herabstoßenden Klinge, und der Aufprall ließ Sharpes Arm taub werden.

Noch nie hatte er es mit so viel Kraft zu tun gehabt, niemals. Er versuchte, ein zweites Mal mit der Waffe zuzustoßen, aber Harper hatte sich inzwischen aufgerichtet, und Sharpe schrie laut auf, als der Stein ihn in die Magengrube traf. Er fiel rücklings gegen die Wand. Die Hand mit der Klinge war immer noch taub.

Er sah die Verwandlung in Harpers Gesicht. Bisher hatte der riesige Ire so emotionslos gewirkt wie ein Metzger, doch nun hatte er das Mienenspiel eines Berserkers angenommen. Es war der Gesichtsausdruck eines Mannes, der zu blinder Wut angestachelt worden ist. Sharpe begriff, dass Harper vorher nur widerwillig eine notwendige Pflicht erfüllt hatte, die ihm nun zur Leidenschaft geworden war. Zum ersten Mal seit Beginn des Kampfes machte der Ire den Mund auf, doch er sprach Gälisch, eine Sprache, die Sharpe nicht verstand. Er wusste nur, dass seine Worte Beschimpfungen waren, Begleitmusik seines Todes, sollte es Harper gelingen, ihm mit dem Stein den Schädel einzuschlagen.

»Komm schon, du Bastard.« Sharpe versuchte, wieder Gefühl in seinen betäubten Arm zu bekommen, indem er ihn massierte. »Du irischer Abschaum. Du verdammter Hurensohn von einem verblödeten Bauern. Komm schon!«

Harper fletschte die blutigen Lippen, zeigte seine blutigen Zähne. Er brüllte eine Herausforderung, ging zum Angriff über, und Sharpe setzte den Kunstgriff des französischen Gardeoffiziers ein. Er wechselte die Klinge von der rechten in die linke Hand und schrie seinen eigenen Schlachtruf. Und stieß zu.

Da explodierte die Welt.

Ein Laut wie der Donner des Jüngsten Gerichts hallte in Sharpes Ohr, und die plötzliche Hitze einer Stichflamme strich um Haaresbreite an seinem Gesicht vorbei. Er zuckte zurück, dann hörte er das Krachen einer Kugel, die von der steinernen Scheunenwand abprallte.

Sharpe nahm zunächst an, einer der anderen Schützen habe doch noch den Mut aufgebracht, Harper beizustehen. Mit der Verzweiflung eines in die Enge getriebenen Tieres wandte er sich knurrend vom ekligen Gestank verbrannten Schwarzpulvers ab und musste feststellen, dass der Ire ebenso verblüfft war wie er. Den Stein immer noch in der massiven Faust, gaffte Harper einen Neuankömmling an, der im östlichen Türausschnitt stand.